Die Geschichte des Fussballs

Sep 30, 2000 at 11:00 3074

Basierend auf dem Buch von Dietrich Schulze-Marmeling

Buchrezension: Dietrich Schulze-Marmeling: Fussball. Zur Geschichte eines globalen Sports. Taschenbuch, Die Werkstatt, Rast., 2000, 255 S. Bestellen bei Amazon.de.

Das ausgezeichnete Buch von Dietrich Schulze-Marmeling deckt die Geschichte des Fussballs von ihrem Beginn bis heute ab. Im folgenden Artikel werden wir uns auf die Anfänge des Spiels konzentrieren, welche die besten Kapitel des Buches ausmachen. Daneben behandelt der Autor auch den Frauenfussball, die Kommerzialisierung des Sports, die Champions League, die Entwicklung der FIFA, die Geschichte des deutschen Fussballs (insbesondere Schalke) und den afrikanischen Fussball als „Rohstoff“ für Europa im Zuge der Globalisierung des Sports.

Nur eine Bemerkung zu Seite sieben des Bandes: Neben dem Foto von Pelé steht: „Der beste Kicker im ‚Jahrhundert des Fussballs‘.“ Das ist eine der wenigen ärgerlichen Bemerkungen in der sonst herausragenden Geschichte. Jede Periode des Fussballs hat ihre Stars hervorgebracht. Da der Sport eine athletisch, technisch und taktisch rasante Entwicklung durchgemacht hat, können Fussballer wie José Andrade, Ademir, Pelé, Maradona oder Zinedine Zidane nicht miteinander verglichen werden. Sie standen sich nie auf dem Spielfeld im direkten Wettkampf gegenüber. Jeder gehörte zu seiner Zeit zu den dominierenden Fussballern. Zudem können Torhüter, Verteidiger und Stürmer, um nur einige Positionen zu nennen, nicht miteinander verglichen werden.

Das 20. Jahrhundert war die Zenturie des Fussballs. Kein anderer Sport wurde so populär, gross und einflussreich wie das „englische Spiel“. Die Ursprünge des Fussballs lassen sich in England mindestens bis ins 10. Jahrhundert zurückverfolgen. Erste schriftliche Hinweise datieren aus dem 14. Jahrhundert, als das Spiel per königlichem Erlass verboten wurde – erfolglos. Weitere Verbote bzw. Aufrufe dazu, wie 1572 vom Bischof von Rochester, scheiterten ebenso. Mit dem heutigen Fussball hatte der damalige Folk Football oder Village Football allerdings nur wenig gemeinsam. Es war ein Volksspiel im wahrsten Sinne des Wortes, an dem ganze Ortschaften teilnahmen. Eine klare Unterscheidung zwischen Spielern und Zuschauern gab es nicht. Die Regeln basierten auf einfachen, ungeschriebenen Gewohnheitsregeln. Das Spielfeld war eben so wenig wie die Dauer und die Anzahl der Spieler exakt festgelegt. Eine systematische Arbeitsteilung gab es nicht und Teams im modernen Sinne existierten nicht.

Ein Katalysator für die Verbreitung des Spieles war der Derby-Charakter vieler Begegnungen, der sich allein schon aus den damals beschränkten Reisemöglichkeiten ergab. Der Begriff „Derby“ stammt vom berühmt-berüchtigten Shrove-Tuesday-Kampf zwischen den Pfarrbezirken All Saints und St. Peter’s in Derby her. Am traditionellen Spiel waren damals auf beiden Seiten zwischen 500 und 1000 Akteure beteiligt. Die Spieldauer betrug rund sechs Stunden. Zum Spielfeld gehörte auch der Fluss Derwent. Der Volksfussball war eine äusserst raue, brutale Angelegenheit, bei der es immer wieder zu schweren Verletzungen, vereinzelt sogar zu Todesfällen kam. Kraft und Gewalt, nicht Geschicklichkeit wurden betont.

Das änderte sich erst mit dem Vormarsch der industriellen Revolution. Die „Unterklassen“ wurden in ein drakonisches Fabriksystem gepresst und die Urbanisierung vorangetrieben – Schulze-Marmeling insistiert zurecht auf dem sozialen Umfeld des Fussballs, doch bei aller berechtigten Kritik an den Zuständen in den Fabriken bedeuteten diese für die meisten Menschen die Möglichkeit eines bescheidenen sozialen Aufstiegs. Das industrielle Zeitalter setzte in England früher als auf dem Kontinent ein. 1718 wurde in Derby die erste grosse Fabrik Englands, eine Seidenspinnerei, gebaut.

Um 1850 war der Volksfussball weitgehend verschwunden. In organisierter Form pflegten ihn nur noch die Public Schools. Daneben existierte er als spontanes Spiel in den Arbeitersiedlungen und auf den Pferdekoppeln der Gasthäuser. In den exklusiven Public Schools wandelte sich das Spiel. Der Fussball wurde einem Verregelungs- und Zivilisierungsprozess unterzogen. Eine feste und formale Organisation sowie ein vielfältiges und schriftlich niedergelegtes Regelwerk entstand. Die – entgegen ihrem Namen – privaten Bildungseinrichtungen, von unabhängigen Stiftungen betrieben, wurden im späten Mittelalter und der frühen Neuzeit gegründet: Winchester 1382, Eton 1440, Rugby 1567, Harrow 1571. Besonders die letzten drei sollten bei der Entwicklung zum modernen Fussball eine wichtige Rolle spielen.

Zwischen 1830 und 1860 kam es zur formalen Organisation, Regulierung und Zivilisierung des Spiels. In Eton und Harrow war der Anteil der aristokratischen Schüler um die 20%. Rugby dagegen war die Domäne des Nachwuchses des modernen Bürgertums, das in Industrie, Handel, Administration und Rechtssprechung ausgebildet wurde. Die bürgerlichen Schüler waren stärker auf eine gute Ausbildung angewiesen, was Rugby für ein Reformexempel prädestinierte. Die Förderung von Ballspielen wie Fussball, aber auch Cricket, erfolgte zuerst in der Absicht, die älteren Schüler zu mehr Verantwortungsbewusstsein zu ermuntern, wodurch sie zu einem verlängerten Arm der Schulleitung wurden. Mittels sorgfältig organisierter Spiele, die klaren Regeln folgten und ein hohes Mass an Disziplin forderten, sollten den Schülern Tugenden wie Mut, Selbstlosigkeit, Teamwork und Härte anerzogen werden. Der Schulleiter Dr. Arnold, der Vater des Dichters und obersten Schulinspektors Matthew Arnold, hatte die Schulreformen initiiert. Sein in Rugby vermitteltes Ideal war dasjenige des „christlich gesinnten Gentlemans“, der sich durch kulturelle Bildung, Disziplin, moralisch korrektes Verhalten sowie eine hohe soziale Verantwortungsbereitschaft auszeichnete.

In Rugby wurde der Sport nicht mehr nur unter dem Aspekt sozialer Kontrolle und Disziplinierung betrachtet, sondern auch als Mittel der Charakterbildung – bei Arnold wurzelte die Idee, vorrangig den Charakter und nicht den Intellekt zu bilden, u.a. in der griechisch-römische Antike. Kader für das Imperium mussten herangebildet werden. Weniger hochgebildete Menschen mit der Fähigkeit wissenschaftlicher Analyse wurden gebraucht als vielmehr solche, die gelernt hatten, sich unterzuordnen bzw. Führungsaufgaben zu übernehmen. To keep a stiff upper lip, Niederlagen und kritische Situationen mit Haltung hinzunehmen, gehörte ebenfalls dazu. Was in Preussen die Armee leistete, musste in England, das keine vergleichbare militärische Tradition kannte, die Public School leisten.

Die Reformen wirkten sich 1846 auf das Ballspiel aus. Erstmals entstand ein schriftliches Regelwerk: The Law of Football as Played in Rugby School. Anstelle des brutalen Spiels entstand ein „Scheinkampf“, ein Wettkampf auf höherem Zivilisationsniveau. Technische und spielerische Fähigkeiten wurden wichtiger als rohe Gewalt und Kraft. 1849 veröffentlichte die Public School in Eton, wo das Spiel seit 1747 betrieben wurde, ihr eigenes Regelwerk, das sich von dem Rugbys im Wesentlichen dadurch unterschied, dass es erstmals ein absolutes Verbot des Handspiels einführte. Bereits 1846 hatte sich Cambridge in ähnlicher Weise geäussert. Neben der Abseitsregel und der Eindämmung des physischen Kontaktes zählte das Handspiel zu den damals umstrittensten Fragen. Zwar hatte jede Schule ihr eigenes Regelwerk, doch mit dem handling game und dem kicking game bildeten sich die zwei Grundströmungen heraus, die später zur Trennung in eine Soccer- und eine Rugby-Variante des Fussballs mündete.

Als sich Ende der 1850er Jahre die ersten ausserschulischen und ausseruniversitären Fussballclubs konstituierten, übernahm eine Reihe von ihnen die Regeln von Cambridge aus dem Jahr 1848. Der erste, 1857 gegründete Klub der Welt, der Sheffield FC, orientierte sich dagegen an den Regeln von Harrow. In den verschiedenen Regelwerken wiederspiegelten sich die Rivalitäten zwischen den Public Schools. Die Regeln von Eton, auf denen der moderne Fussball weitgehend beruht, waren eine Replik der aristokratischen Public School gegen den bürgerlichen Emporkömmling Rugby. Cambridge und Harrow sympathisierten in dieser Auseinandersetzung mit Eton.

1863 wurde in einer Serie von sechs Versammlungen in London der Versuch unternommen, ein einheitliches Regelwerk zu schaffen. Die Vertreter von elf Londoner Klubs gründeten die Football Association (FA), die als weltweit erster Fussballverband auf eine Landesbezeichnung im Namen verzichten konnte. Die Public Schools waren and der FA-Gründung nicht beteiligt. Lediglich Charterhouse schickte einen Beobachter. Die Schulen wollten ihre Unabhängigkeit und ihre eigenen Regelwerke bewahren.

Einen entscheidenden Beitrag zur Stärkung der Autorität der FA und zur nationalen Ausbreitung des Association Game leistete die Einführung eines nationalen Pokalwettbewerbs nach dem k.o.-System. Der FA-Cup wurde erstmals in der Saison 1871/72 ausgespielt. Als ältester englischer Wettbewerb geniesst der Cup deshalb in England auch heute noch einen höheren Stellenwert als anderswo.

Trotzdem dominierte noch 1880 die härtere Rugby-Variante. Die Times schrieb damals, dem Rugby Union Game seien rund doppelt so viele Spieler verpflichtet wie dem Association Game. Die Mehrzahl der Public Schools spielte Rugby. Das härtere Spiel kannte 59 Regeln, Soccer dagegen nur 14. Der moderne Fussball war deshalb für Spieler und Zuschauer leichter verständlich. Zudem war er attraktiver, da variantenreicher, offener und flüssiger. Soccer war auch „demokratischer“, da nicht wie bei Rugby grosse und kräftige Männer dominierten, sondern ganz unterschiedliche Spielertypen Verwendung fanden.

Das englische Spiel par excellence war und ist Cricket, dessen moderne Regeln bereits im Jahr 1774 vom Duke of Dorset niedergelegt wurden. Sport bedeutete im 19. Jahrhundert für den Aristokraten Jagen, Schiessen, Fischen und Cricket, für den Studenten Rudern, Rugby und Cricket sowie für den Arbeiter Fussball, Darts, Windhundrennen und – Cricket. Das englische Nationalspiel hat denn auch Redensarten wie it’s not cricket (das ist nicht fair) hervor. Cricket symbolisiert wie kein anderes Spiel den Fair-Play-Gedanken.

Soccer stand also nicht nur in Konkurrenz zum Rugby, sondern auch zum Cricket. Soccer war deshalb anfangs ein reines Winterspiel. Viele Fussballklubs waren zunächst Cricketklubs. Ende des 19. Jahrhunderts kam es zu einer Wachablösung. Fussball begann, dank der Arbeiterschaft, den ersten Platz einzunehmen. Es war billiger und nahm weniger Zeit als Cricket in Anspruch. Die Arbeiter machten damals 80% der beschäftigen Bevölkerung in England aus. Ihre hauptsächliche Freizeitbeschäftigung war Soccer. Der Spruch, Fussball und nicht die Religion sei das Opium des Volkes, kommt deshalb nicht von ungefähr. Viele Fussballklubs gehen übrigens auf kirchliche Initiative zurück, dazu gehört auch der Liverpooler Klub Everton FC. In den 1870er Jahren unterhielten in Blackburn vier, in Sheffield acht Klubs Verbindungen zu religiösen Vereinigungen. In Birmingham waren es 1880 83 von 344, in Liverpool 1885 25 von 112 Vereinen. Manchester United dagegen ist aus einem Eisenbahnersportverein hervorgegangen. Viele Arbeitervereine wären ohne die Hilfe lokaler Industrieller und Geschäftsleute kaum zu Langlebigkeit und Ruhm gelangt. Arme Klubs ohne eigenes Spielfeld wurden deshalb Wanderers genannt. Noch heute lebt dieser Ursprung in Namen von Klubs wie den Bolton Wanderers weiter.

Der Fussball war nicht auf England beschränkt. Rasch trat er seinen Siegeszug um die Welt an. 1867 wurde in Glasgow mit Queen’s Park der erste Klub gegründet, der übrigens erst acht Jahre später sein erstes Gegentor kassierte! Bereits 1870 fand der erste internationale Fussballmatch statt, bei dem sich England und Schottland gegenüber standen. Das erste kontinentale Land, das sich dem Fussball zuwandte, war die Schweiz. Insbesondere im französischsprachigen Teil um Genf und Lausanne wurde das Spiel in den 1860er Jahren von Engländern, die an Schweizer Privatschulen studierten, eingeführt. Die Fachschulen wurden von zukünftigen Ingenieuren, Kaufleuten und Bankiers besucht. 1860 wurde der Lausanne Football & Cricket Club gegründet. 1879 entstand der FC St. Gallen, von englischen Studenten gegründet. Der Klub sollte in administrativen Fragen eine führende Rolle spielen. 1898 wurde der 1886 gegründete Zürcher Grasshopper Klub, der Name stammt von einem englischen Biologiestudenten, der erste Schweizer Landesmeister. Wichtiger war die Rolle der Alpenrepublik jedoch für den Export des Fussballs in alle Welt. Eines der erfolgreichsten Teams in den frühen Tagen des französischen Fussballs hiess Marseille Stade Helvétique. Das Team bestand ausschliesslich aus Schweizern. In Mailand kam es beim Milan Cricket and Football Club 1908 zu einem Disput zwischen Einheimischen und Ausländern, darunter einige Schweizer. Der Schweizer Enrico Hintermann wurde zum Motor einer Abspaltung, die sich kurz FC Internazionale – kurz Inter – nannte. Der wohl berühmteste Klub der Welt, der FC Barcelona, wurde 1899 vom Schweizer Hans Gamper, der vom Zürcher Klub Excelsior gekommen war, gegründet. Zwischen 1901 und 1903 schoss er 103 Tore für Barça. Bis 1930 wurde er von den Mitgliedern des Klubs fünfmal zum Präsidenten des katalonischen Klubs gewählt. Gamper hatte das Spiel am Technischen Institut in Winterthur erlernt (daran wurde im 20. Jahrhundert ein Gymnasium angegliedert, das der Autor dieser Zeilen absolviert hat).

Natürlich waren insgesamt die Engländer bei der Ausbreitung des Fussballs – vorwiegend über den Seeweg – führend. Sie brachten das Spiel z.B. nach Dänemark. Ein Holländer, der in England studiert hatte, Pim Mulier, brachte es 1879 nach Holland. Der erste italienische Klub, der Internazionale Football Club Torino wurde 1891 vom italienischen Geschäftsmann Eduardo Bosio gegründet, der zwischen Turin in London hin und her pendelte. Zusammen mit italienischen Studenten riefen einige in Turin lebende Briten 1897 den Klub Juventus ins Leben. Im Dezember 1899 formierte sich der Milan Cricket and Football Klub. Allein schon die erwähnten Vereinsnamen weisen klar auf den englischen Einfluss hin. In Frankreich entstand 1872 der erst Klub in der Hafenstadt Le Havre. Er wurde von englischen Angestellten der Textil- und Waffenfabriken gegründet. Bezüglich der These, dass dort, wo die Briten ihre Herrschaft ausübten – in Australien, Südafrika, England, Schottland, Irland und Wales – sich Rugby durchsetzte, hingegen dort, wo Briten nur ihrer Arbeit nachgingen, Soccer betrieben wurde, bildet Frankreich eine Ausnahme. Das Land konnte sich lange nicht zwischen Rugby und Fussball entscheiden. Oft, so in Le Havre, praktizierten die Pioniere eine Mischform. Bis zur Jahrhundertwende blieb Rugby in Frankreich populärer. In Spanien wurde Soccer um 1890 in den baskischen Nordprovinzen von dort beschäftigten englischen Bergarbeitern importiert – schon der Name des ältesten Vereins, Athletic Club of Bilbao, 1898 von Studenten, die in England das Spiel kennengelernt hatten, gegründet, weist auf den britischen Einfluss hin.

Bei vielen Klubs spielten übrigens jüdische Fussballfans eine wichtige Pionierrolle. Walther Bensemann war an den Gründungen der Klubs von Frankfurt und Karlsruhe beteiligt und rief die Fachzeitschrift Kicker ins Leben. Einigen Vereinen haftete ein „jüdisch-kosmopolitisches“ Image an, darunter auch dem FC Bayern München. Oft waren es noblere und bürgerlich-liberal orientierte Kreise. In Wien war Hakoah Wien ein exklusiv jüdisches Team, das 1925 Landesmeister wurde. Der Lokalrivale FC Austria war der Klub des assimilierten jüdischen Bürgertums der Hauptstadt. In Amsterdam gründeten jüdische Geschäftsleute den Klub Ajax. Der jüdische Einfluss hat sich dort bis heute erhalten. In Budapest haftete dem Verein MTK das Etikett an, ein jüdischer Klub zu sein – die Nationalmannschaft Ungarns bestand zeitweise zu einem Drittel aus Juden. In Frankreich gründete der jüdische Manager Bernard Lévy den Racing Club de Paris. Das weitgehende Ende der jüdischen Fussballkultur in Europa kam mit den Nazis.

In Argentinien war Fussball der populärste Zeitvertreib der Seeleute in Buenos Aires, das zur ersten Hauptstadt des Sports auf dem Kontinent wurde. Um 1890 lebten hier rund 40,000 Briten. Sie bildeten die grösste und wohlhabendste britische Kolonie ausserhalb des Empire. Argentinien war Britanniens wichtigster Handelspartner. Techniker und Angestellte brachten neben Soccer auch Golf, Polo, Rudern, Tennis und Rugby nach Buenos Aires. 1867 gründete hier die englischen Brüder Thomas und William Hogg zusammen mit William Herald den Buenos Aires FC, den ersten Klub Südamerikas. Seine Wiege lag im zuvor gegründeten Buenos Aires Cricket Club. Entscheidend war in Argentinien der Einfluss des Schotten Alexander Watson Hutton, der 1884 eine English High School in Buenos Aires gegründet hatte. Sport bildeten eine wichtige Rolle im Unterrichtsplan. Auf Huttons Initiative hin entstand 1893 die Federation des Landes, die sich 1903, nach einer Namensänderung, der englischen FA angliederte.

Das kleine Uruguay zählt zu den bemerkenswertesten Fussballnationen. Auch hier war Soccer zuerst das Spiel der Elite und Ausdruck der britischen Präsenz. Junge britische Angestellte gründeten in Montevideo zuerst Cricket- und Ruderklubs. 1891 gründete der English-High-School-Lehrer William Poole den Albion Cricket Club, der auch eine Fussballsektion unterhielt. Wenige Monate später riefen junge britische Ingenieure den Central Uruguay Railway Cricket Club ins Leben, aus dem 1913 der berühmte Klub Peñarol wurde. Uruguay gewann die Olympischen Fussballturniere von 1924 und 1928 sowie die erste von der FIFA organisierte Fussballweltmeisterschaft im Jahr 1930. 1950 wurden sie erneut Weltmeister, als sie im Finale überraschend Gastgeber Brasilien schlugen.

In Brasilien gilt der 1875 in Sao Paulo geborene Charles Miller, dessen Eltern aus England stammten, als der Fussballpionier des Landes. Miller spielte in England für Southampton, eher er 1894 mit zwei Fussbällen und einem Fussballdress im Gepäck nach Brasilien zurückkehrte. 1895 führte er dort das scheinbar erste „richtige“ Fussballspiel durch. Dabei standen sich Engländer gegenüber. Bereits 1888 hatten Briten den Sao Paulo Athletic Club gegründet, in dem vornehmlich Cricket gespielt wurde. Der Verein erweiterte nun seine Aktivitäten um Fussball. Der erste Klub für Brasilianer wurde am Mackenzie College ins Leben gerufen, das von aus den USA stammenden methodistischen Missionaren gegründet worden war. – Soviel zu den Anfängen des Fussballs.


Dietrich Schulze-Marmeling: Fussball. Zur Geschichte eines globalen Sports. Taschenbuch, Die Werkstatt, Rast., 2000, 255 S. Bestellen bei Amazon.de. Das Buch basiert teilweise auf Der gezähmte Fussball vom gleichen Autor aus dem Jahr 1992, aus dem sich einige Kapitel, in überarbeiteter Form, hier wiederfinden.