Tom Waits

Jan 04, 2005 at 00:00 3030

Biografie, Musik, CDs und Filme

Als der Schreibende im November 2004 im Berliner Hotel Adlon bereits um drei Ecken gegangen und der Hauptlift noch immer nicht zu sehen war, wandte er sich hilfesuchend an einen anderen Gast, der ihm glücklicherweise den Weg weisen konnte. Dieser freundliche Herr war Tom Waits, der gerade für einige Konzerte in der deutschen Hauptstadt weilte. Zuvor hatte der Schreibende in Paris in die neue CD des Künstlers, Real Gone, hineingehört und war begeistert. Gründe genug, endlich einen Artikel zu diesem singulären Musiker zu schreiben.

Tom Waits wurde am 7. Dezember 1949 in Pomona, einem Vorort von Los Angeles, geboren, angeblich unweit des Murphy-Hospitals auf dem Rücksitz eines Autos. Doch bei diesem Musiker und Schauspieler verwischen oft Tatsachen, Anekdoten, Legenden und Fiktion zu einem Knäuel, das sich kaum entwirren lässt, weshalb selbst plausible Geschichten mit Vorsicht zu geniessen sind.

Seine Eltern, Jesse Frank Waits und Alma Johnson McMurray, waren beide Lehrer. Der Vater war schottisch-irischer Abstammung, die Mutter hatte norwegische Vorfahren.

Der Vater brachte Tom das Gitarrenspiel bei und fuhr mit ihm öfters über die nahe mexikanische Grenze, wo der Junge von altertümlichen Karnevalsfesten fasziniert war. Die Eindrücke flossen später in seine Kompositionen ein.

Das idyllisch-kleinbürgerliche Leben wurde erschüttert, als Tom zehn Jahre alt war, da seine Eltern sich scheiden liessen. Seine Mutter zog mit ihm und seinen zwei Schwestern ins kleine National City in der Nähe von San Diego.

Als Kind brachte sich Tom in der Garage das Klavierspiel auf einem geschenkten Instrument bei. Er konnte zwar keine Noten lesen, doch hatte er ein gutes Ohr für Musik. Damals hatte er an Rockmusik kein Interesse, einzig Bob Dylan verehrte er seit seinen späten Teenagerjahren. Die Plattensammlung seiner Eltern umfasste Hits von Bing Crosby und Perry Como. Er machte sich mit George Gershwin und Cole Porter vertraut. Er liebte das Radio und hörte mit Beigeisterung den Sendungen von Wolfman Jack zu.

Mit 14 nahm Tom einen Job in einer Pizzeria in National City an, wo er die nächsten fünf Jahre bis spät in die Nacht hinein arbeitete. Darunter litten allerdings seine schulischen Leistungen.

1964, als er noch auf die Highschool ging, kaufte er sich eine Gitarre und spielte in einer R&B-Band namens The Systems. Mit 18 entdeckte er die Beat-Literatur und verschlang die Werke von Allen Ginsberg, Jack Kerouac, Charles Bukowski und Delmore Schwartz. 1967 abonnierte er die Zeitschrift Down Beat und begann erste Lieder zu schreiben, nach eigener Aussage zunächst obszöne Parodien auf existierende Songs. Er dachte allerdings noch nicht an eine Musikkarriere, sondern hoffte, einst ein Restaurant eröffnen zu können.

Er begann im Heritage Club in Los Angeles als Türsteher zu arbeiten. Die Künstler vertraten ein breites Spektrum von Jazz über Rock bis zu Folk. Inspirierend fand Tom vor allem Bob Dylans Fusion von Musik und Storytelling.

Tom Waits begann um Anerkennung zu kämpfen und nahm an Open-Mike-Abenden im Troubadour Club teil, wo er Herb Cohen auffiel, der wenig später sein erster Manager wurde. Waits begann, die Unterhaltungen an seinem neuen Arbeitsplatz, einer Bar in San Diego, aufzuzeichnen, in denen „viel Musik drin war.“ Den verkrachten Existenzen versuchte er durch seine Songs etwas Sinn zu geben. Später beschrieb er seine Kompositionen als einen Mix aus „Pomp und Pisse“.

An einem Abend im Juni 1971 fiel Tom Waits bei Herb Cohen auf offene Ohren. Dieser hatte zuvor den Folkklub The Unicorn in Los Angeles betrieben, ehe er begann, lokale Grössen wie Frank Zappa und Linda Ronstadt zu managen. Mit Zappa hatte er Ende der 1960er Jahre die Plattenfirma Label Straight Records gegründet, die Alben von West-Coast-Exzentrikern, postpsychedelischen Pionieren sowie Folk-Jazz-Platten von Tim Buckley veröffentlichte.

Von seinem Manager ermutigt, zog Tom Waits nach Los Angeles und nahm zwischen Juli und September eine Reihe von Eigenkompositionen auf, an denen sich von Beginn bis Mitte der 1990er Jahren eine juristische Auseinandersetzung mit Cohen entzünden sollte, als der Ex-Manager die Demos gegen Waits‘ Willen auf der zweiteiligen Compilation The Early Years herausbrachte. Damals stand Tom nach stark unter dem Einfluss des Blues, laut Cath Caroll stilistisch „irgendwo zwischen Don Henley von den Eagles und Eric Clapton“.

David Geffen nahm Tom Waits für sein 1970 gegründetes Label Asylum Records unter Vertrag, das 1971 vom Warner-Imperium geschluckt wurde. 1973 fusionierten Ayslum und Elektra, Geffen wurde der Präsident der neuen Firma, die er zwei Jahre später verliess. Der neue Boss, Joe Smith, übernahm das Plattenlabel und beschloss 1982, als er die Demos zu Swordfishtrombones hörte, sich von Tom Waits zu trennen, der kurz darauf als Sänger bei Island Records einen Vertrag unterzeichnete.

Zurück in die frühen 1970er: Damals begann Tom Waits‘ berüchtigter Aufenthalt im 1987 abgerissenen Tropicana Motel im Stadtteil West Hollywood. Es war das Pendant zum Chelsea Hotel in New York. Andy Warhol drehte im Tropicana Motel Szenen seines Films Heat.

Tom Waits lebte für neun Dollar pro Nacht im Tropicana Motel, zusammen mit seinem weiblichen Kumpel Rickie Lee Jones. Aus der Freundschaft entstand eine Liebesbeziehung. Irgendwann wurde Tom der Lebensstil im Tropicana zu anstrengend.

Herb Cohen kam auf die Idee, Tom Waits als Vorprogramm von Frank Zappa und seiner Band, Mothers of Invention, auf Tour zu schicken. In den folgenden zwei Jahren war Waits mit Zappas Flohzirkus unterwegs, Tim Buckley in dieser Position ablösend. Zappas Publikum war schwierig, was Tom die Sache nicht leicht machte.

1973 wurde Tom Waits ins Sunset Sound Studio geschickt. Unter der Produktionsleitung von Jerry Yester, einer führenden Figur der lokalen Folkrockszene, nahm er zwölf Songs für sein Debütalbum Closing Timeauf. Die Platte enthielt eine Reihe elektronischer Experimente, die unter anderen mit Pop- und altertümlichen Folkelementen versetzt waren. Das Album wurde von der Kritik wohlwollend aufgenommen, verschwand aber rasch aus dem Blickfeld des Publikums.

Tom Waits ging weiter mit Zappa auf Tour, ehe er im Juli 1974 sein zweites Album aufnahm, The Heart of Saturday Night. Diesmal arbeitete er mit dem Tontechniker Bones Howe zusammen. Der hatte sich in den 1950er Jahren durch seine Arbeit mit den Jazzgrössen von Los Angeles und einen Namen gemacht hatte, ehe er für Pop-Acts wie The Mamas and The Papas und Fifth Dimension arbeitete. Es war Geffens Idee, Waits mit Howe zusammen zu bringen, denn er hatte bemerkt, dass Waits‘ Debüt starke Anklänge an Jazz und die Beatliteratur hatte, die nicht genug herausgearbeitet worden waren. Die Kooperation von Waits und Howe sollte sich über sieben Alben erstrecken. Nebenbei erhielt Tom eine solide Ausbildung in Tontechnik und Produktion, die ihm später erlaubte, „in Eigenregie die Grenzen seines musikalischen Vokabulars zu verschieben“, schreibt Cath Carroll, welche die frühren Platten von Tom Waits als „wunderbar sentimentale Charakterstudien von Menschen, die das Leben überrascht und betrogen hat und die sich aber trotzdem irgendwie durchwursteln“, bezeichnet. Die frühen Alben seien zumeist von der „sinistren Stimmung“ der Hollywood-Filme der 1940er Jahre beeinflusst, wurden mit einem „bluesigen Drawl“ vorgetragen und waren mit einer deftigen „Portion Beat-Hipsterturm abgeschmeckt“. Dabei hielt Tom Waits am Jazz-Element fest, bis diese Art Musik wieder allgemein anerkannt war.

Als Opening Act verdiente er allerdings immer noch nicht genug, um sich ein festes Trio leisten zu können. Seine Lage besserte sich ein wenig, als Jon Landau im Rolling Stone Magazin eine begeisterte Kritik von Nighthawks At The Dinner veröffentlichte. 1976 wurde zuerst ein Auftritt in Chicago für die Sendung Soundstage mitgeschnitten, später einen Monat später hatte er einen Gastauftritt in der Dinah Shore Show. Im selben Jahr erschien sein viertes Album, Small Change, das er in zwei Wochen in London schrieb, wohin er sich nach einem desaströsen Auftritt im Gefolge von Bob Dyla’s Tourzirkus zurückgezogen hatte. Es strotzte von grimmig-einfühlsamem Humor und gilt als eines seiner besten Alben.

In London gab Waits zudem ein Gastspiel im Jazzclub Ronnie Scott’s, aus dem er nach eigener Aussage am vierten Abend rausflog, weil er vor fast leeren Rängen spielte. Nach einem Auftritt in der UK-Fernsehsendung The Old Grey Whistle Test, trat er eine kurze Tour durch Skandinavien und die Beneluxstaaten an, wo er laut Cath Caroll „auf eine weitaus warmherzigere und verständnisvollere Zuhörerschaft traf.“

Mitte der 1970er Jahre änderte sich Tom Waits‘ Einstellung zum Alkohol. Das ständige Trinken fand er nun nicht mehr so glamourös und faszinierend. Auf dem Album Small Change hatte er dem Thema den Song „Bad Liver And A Broken Heart“ geliefert. Als er Ende der 1970er Jahre sein letztes Album für Asylum-Elektra veröffentlichte, hatte er seinen Alkoholkonsum bereits auf das eine oder andere Glas Rotwein reduziert und das Rauchen eingestellt.

Im Juli 1977 nahm Tom Waits das Album Foreign Affairs auf. Darauf ist unter anderen „I Never Talk To Strangers“ zu finden, ein Duett mit Bette Midler, die bereits im Vorjahr eine Coverversion von „Shiver Me Timbers“ aufgenommen hatte. Danach tourte der Musiker durch die USA, um das Album zu promoten. Als Vorprogramm heuerte er eine Strippertruppe an. Nun konnte er sich endlich ein Trio leisten, das er auf dessen Protest hin nicht mehr in billigen Absteigen übernachten liess. Ende November brachte Time Magazine ein Portrait von Tom Waits. Es ging aufwärts.

Tom Waits erweiterte nun sein künstlerisches Tätigkeitsfeld. Er nahm 1978 das Angebot an, als Komponist und Schauspieler am Film Paradise Alley mitzuwirken. Regisseur war Sylvester Stallone. Als Anführer eines Satanistenkults in einer Episode der Fernsehserie Starsky & Hutch mitzuwirken, lehnte er hingegen ab.

Im Herbst 1978 erschien sein Album Blue Valentine. Die Blondine, die sich auf dem Cover mit dem Rücken übers Auto lehnt, ist Rickie Lee Jones. Fast gleichzeitig kam der Soundtrack zum Film Paradise Alley in die Läden, auf dem Waits mit zwei Liedern, darunter der Titelsong, vertreten war. Den Rest des Jahres tourte er erneut durch die USA. Im Spätherbst ging die Beziehung zu Rickie Lee Jones in die Brüche, woraufhin Waits es vorzog, für eine Weile nach New York zu ziehen.

Zu Beginn der 1980er Jahre veränderte sich der Musiker künstlerisch und wechselte, in den Worten von Cath Caroll, zum von Captain Beefheart beeinflussten „hinterwäldlerischen Gossenblues“. Er verlor das Interesse an traditionellen Arrangements mit Klavier, Bass, Saxophon, Schlagzeug und Gitarre und integrierte zunehmend Soundstrukturen jenseits von Pop, Rock und R & B in seine Songs. Dazu gehörten alte Karnevalsmusiken, europäische Folklore, kreischende und theatralische Klänge. Er legte das Image vom Jazz-Boho-Hipster ab, trennte sich von seinem ersten Manager Herb Cohen und lernte Kathleen Brennan kennen, die seine Frau wurde. Nun lag ihm daran, seine Privatsphäre zu schützen. Das exzessive und öffentliche Leben im Tropicana Hotel der 1970er Jahre war definitiv vorbei. Das Paar hat heute drei Kinder.

Francis Ford Coppola bot ihm an, den Soundtrack zu einem kompletten Spielfilm, One From The Heart, zu komponieren. Während einer sechswöchigen Pause nahm er das Album Heartattack And Vine auf, das erstmals vom oben erwähnten Beefheart-Sound beeinflusst war. Es handelte sich um die vorletzte Zusammenarbeit mit Bones Howe. Das Album erschien kurz nach Waits‘ Heirat mit Kathleen Brennan. Die Flitterwochen verbrachten die Frischvermählten im irischen Tralee.

Auf Heartattack And Vine spielten bekannte Musiker, so Larry Taylor, Bassist der Gruppe Canned Heat, Ronnie Baron, der Keyboarder und Weggefährte von Dr. John, der Gitarrist Angelino Roland Bautista sowie der Schlagzeuger „Big John“ Thomassie, ebenfalls ein Begleitmusiker von Dr. John. Greg Cohen debütierte am Bass und sollte viele weitere Jahre mit Tom Waits spielen.

Anstatt wie üblich auf Tournee zu gehen, kehrte Tom Waits danach in die Zoetrope Studios zurück, um am Filmsoundtrack zu From The Heart zu arbeiten. Das Projekt für Francis Ford Coppola sollte sich über achtzehn Monate hinziehen. Der Film war ein Flop, der Soundtrack hingegen brachte Tom Waits 1982 eine Oscarnomination für sein konventionellstes Album ein. In jener Zeit nahm Bruce Springsteen seine Version von „Jersey Girl“ auf. Im August in Los Angeles bat der „Boss“ Tom Waits auf die Bühne und trug mit ihm den Song im Duett vor.

Swordfishtrombones von 1983 ist ein Wendepunktalbum. Brennan ermunterte Waits, seine Alben selbst zu produzieren. Nach der Trennung von Herb Cohen kam laut Waits „die entscheidende Idee“ zum neuen Album von seiner Frau. Zusammen mit dem Toningenieur Biff Dawes, der 1978 am Bob-Dylan-Album Street Legal mitgearbeitet hatte, produzierte das Paar ein Demotape mit vier Songs. Dem neuen Plattenchef Joe Smith gefiel der Stilwechsel hin zu pfeifenden Dampfkesseln, leiernden Kirmesorgeln und keuchenden Akkordeons jedoch nicht. Glücklicherweise zeigte Chris Blackwell von Island Records Interesse daran. Der Plattenwechsel wurde 1983 vollzogen. Etwa gleichzeitig fand die Trennung von Herb Cohen statt. Neben einem neuen Management hatte Waits nun auch eine neue Firma, die seine Songrechte wahrnahm. Swordfishtrombones war bei Kritikern wie Publikum ein Erfolg.

Waits und seine Frau zogen für kurze Zeit nach New York, wo sie mit dem Schauspieler und New-Wave-Jazzer der Lounge Lizards John Lurie sowie dem Filmregisseur Jim Jarmusch Bekanntschaft schlossen.

Waits wurde im Jahr nach Swordfishtrombones von Hal Willner kontaktiert, der ein Album zum Gedenken an Kurt Weill zusammenzustellen begann, das unter dem Namen Lost In The Stars für Aufsehen sorgen sollte. Zu den Mitwirkenden gehörten unter anderen John Zorn, Buster Poindexter und Stan Ridgway. Waits steuerte seine Version von „What Keeps Mankind Alive?“ aus Weills Dreigroschenoper bei.

Es war übrigens Hal Willner, der Tom Waits mit Marianne Faithfull bekannt machte, die für das Weill-Tributalbum ihre Version von „Ballad Of The Soldier’s Wife“ aufgenommen hatte. Waits komponierte später für sie den Song „Strange Weather“, der 1987 auf dem gleichnamigen Album erschien. Brennan firmierte als Koautorin des Songs, den Waits selbst erst 1988 aufnahm und auf dem Live-Album Big Time veröffentlichte.

Swordfishtrombones war der Auftakt zu einer Album-Trilogie, die 1985 mit dem in New York aufgenommenen Rain Dogs seine Fortsetzung fand. Keith Richards, der Gitarrist der Rolling Stones, arbeitete sowohl auf Rain Dogs als auch auf dem späteren, brillanten Bone Machine mit, das zu meinen Waits-Lieblingsalben gehört. Auf Rain Dogs wimmelte es nur so von Seemännern und Leierkastenspielern. Es beinhaltete auch das Lied „Downtown Train“, mit dem Rod Stewart 1989 auf #3 der Billboard Charts vorstiess. Der Gitarrist Marc Ribot, ein zeitweiliges Mitglied der Lounge Lizards, spielte hier erstmals mit Tom Waits zusammen. Er ist auch auf dem aktuellen Album, Real Gone, zu hören. Rain Dogs war weltweit ein Erfolg. Tom Waits ging dafür im Herbst 1985 erneut auf Tournee.

Im Kino war Tom Waits in The Stone Boy und The Cotton Club (beide 1982), in Rumblefish und The Outsiders (beide 1983) sowie in Down By Law (1985) von Jim Jarmusch zu sehen. In Down By Law spielte er seine erste Hauptrolle an der Seite von John Lurie und Roberto Benigni. 1987 verkörperte er in Ironweed die Figur des Rudy in einem Film mit Meryl Streep und Jack Nicholson. Dabei lernte er nach eigener Aussage viel über die Gestaltung einer Geschichte und eines Filmcharakters, was ihm bei der Arbeit an Frank’s Wild Years zugute kommen sollte. Zwischen 1986 und 1990 war Tom Waits zudem in den Filmen Candy Mountain, Cold Feet, Bearskin, The Two Jakes sowie in Mystery Train, einem weiteren Steifen von Jim Jarmusch, in dem er einem Radio-DJ seine Stimme verlieh, zu sehen bzw. zu hören. Unvergessen ist Tom Waits‘ Leistung als Renfield in Bram Stoker’s Dracula.

Das Musical Frank’s Wild Years markierte den Abschluss seiner Trilogie und den nächsten Meilenstein in seiner Karriere. Zusammen mit Bone Machine und Real Gone gehört der Soundtrack zu den besten Alben seiner bisherigen Karriere. Frank’s Wild Years beschreibt der Musiker selbst als eine Kreuzung zwischen einem Roman von Jacqueline Susann und der Bibel. Ursprünglich sollte Robert Wilson das Musical inszenieren, lehnte jedoch ab, um später dann doch mit Waits beim Projekt Black Rider zusammen zu arbeiten.

Die Geschichte von Franks Wild Years dreht sich übrigens um Frank, einen gescheiterten Akkordeonspieler, der bereits im Titelsong von Swordfishtrombones vorgestellt wurde. Das Musical war die bis heute engste Zusammenarbeit von Waits und Brennan. Unter den Musikern, die den Soundtrack dazu aufnahmen, waren Greg Cohen, Marc Ribot, Larry Taylor und Francis Thumm. David Hidalgo von Los Lobos steuerte einen Gastauftritt bei. Im Herbst 1987 ging Waits mit Franks Wild Years auf Tour.

1989 trat Tom Waits erneut im Theater auf, diesmal mit Bud Cort und Carol Kane in Demon Wine von Thomas Babe. Dies war Waits‘ erste grosse Rolle in einem Stück eines fremden Autors. Die Inszenierung stammte von der Los Angeles Theater Company.

Er stellte das Video Big Time zusammen, das hauptsächlich aus Konzertmitschnitten aus San Francisco, Dublin, Stockholm, Berlin und Los Angeles bestand. Einzig „Falling Down“ war im Studio entstanden. Zu den Begleitmusikern gehörten unter anderen Greg Cohen (Bass) Marc Ribot (Gitarre), Willie Schwarz (Orgel, Sitar und Akkordeon). Die Songs stammten mit der Ausnahme von „Ruby’s Arms“ und „Red Shoes“ aus den Elektra-Asylum-Jahren nur aus Stücken der mit Swordfishtrombones begonnen neuen Zeit.

1988 strahlten rund 250 Radiostationen einen Werbespot für Snackprodukte aus, bei denen eine Tom Waits täuschend ähnliche Stimme „Step Right Up“ sang. Waits verklagte das Unternehmen und erhielt 2,5 Millionen Dollar als Entschädigung ausbezahlt.

1992 veröffentlichte Tom Waits Bone Machine, ein Album, das rhythmischer als alle anderen zuvor war. Country-Blues, Baumwollpflückergesänge, primitiver Rock und Ölkanister, die als Trommeln dienten, gehörten zum Material, das der Musiker zu einem eindringlichen, mitreissenden, von Todesmotiven durchzogenen Kunstwerk verarbeitete. Zurecht wurde die CD 1992 mit einem Grammy für die „Best Alternative Rock Performance“ ausgezeichnet.

Im gleichen Jahr erschien der Filmsoundtrack Night On Earth, eine weitere Gemeinschaftsarbeit mit seiner Frau. Die Platte war inspiriert vom Folksong-Sammler und Sound-Archivar Alan Lomax, der von den Gesängen von Feldarbeitern bis zu den Geräuschen von Registrierkassen fast alles aufgenommen hat.

1993 erschien das Album Black Rider, das Waits‘ Arbeit mit Robert Wilson von 1989 und 1990 dokumentiert. Die Theaterproduktion war in Hamburg Thalia Theater konzipiert und uraufgeführt worden. William S. Burroughs steuerte nicht nur Texte bei, sondern kam zwischendurch auch als Sänger zum Einsatz.

Nach Black Rider haben Waits und Wilson erneut bei Georg Büchners Woyzeck zusammen gearbeitet. Die Inszenierung hat im November 2000 in Kopenhagen ihre Premiere, im Rahmen der Veranstaltung „Cultural Bridge 2000“, mit der die Brücke zwischen Dänemark und Schweden eingeweiht wurde. Woyzeck wurde 2000 von Dänemarks Kritikern zum besten Musical des Jahres gewählt.

Bereits 1995 hatte Waits zusammen mit seiner Frau und Paul Schmidt das Musical Alice verfasst und in New York aufgeführt. Bei Alice handelt es sich um die Muse des Schriftstellers Lewis Carroll. Wenige Monate danach hatte Waits im Paramount Theater in Oakland einen seiner selten gewordenen Live-Auftritte. Es war ein Benefizkonzert. Weitere solche Auftritte sollten folgen.

1998 verliess Tom Waits Island Records und wechselte zum Independent-Label Anti/Epitaph, das bis dahin auf New Punk spezialisiert war. 1999 veröffentlichte Waits dort die CD Mule Variations, das sich hervorragend verkaufte. Weltweit gingen über eine Million Alben über den Tisch. In Grossbritannien schaffte es Mule Variations bis auf #9, in Deutschland auf #4 und in den USA auf #30. Es wurde mit einem Grammy als „Best Contemporary Folk Album“ ausgezeichnet und zudem für einen Grammy in der Kategorie „Best Male Rock Performance“ für die Single „Hold On“ nominiert.

Inspiriert war der Albumtitel unter anderem vom Blues-Vater Robert Johnson, dessen Vater ihn ständig ermahnte, seinen Pflug endlich ans Maultier zu spannen (to get behind the mule). Das hiess, endlich aufzuhören, in der Gegend rumzusitzen und Gitarre zu spielen, sondern etwas aus seinem Leben zu machen. 1999 und 2000 reiste Tom Waits mit seiner Get Behind The Mule-Tour durch Europa.

Unter den vielen, die in den letzten Jahren Coverversionen von Tom Waits-Songs aufnahmen, sei auf Ute Lemper verwiesen, die auf ihrer CD Punishing Kiss aus dem Jahr 2000 mehrere Songs von Tom Waits und anderen interpretierte, sowie auf Diana Krall, deren 2004-Album The Girl in the Other Room eine Coverversion von „Temptation“ enthält.

Im Kino war Tom Waits 2004 zusammen mit Iggy Pop in Coffee & Cigarettes von Jim Jarmusch zu sehen. Als Hauptereignis des Jahres veröffentlichte er sein zweites Album für Anti/Epitaph, Real Gone, eines seiner besten überhaupt. Im November 2004 trat er dreimal im Berliner Theater des Westens auf, um Real Gone zu promoten. Mit dabei waren Marc Ribot (Gitarre), Larry Taylor (Bass) und Brain Mantia (Schlagzeug).

Hinzugefügt am 30.12.2006: Tom Waits: Orphans. Brawlers, Bawlers & Bastards. 3 CD-Set, 2006. Bestellen bei Amazon.de oder Amazon.com.

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Tom Waits: Real Gone, 2004. CD bestellen bei Amazon.de, Amazon.com. Eines seiner besten Alben, ein musikalisches Highlight des Jahres 2004, das mit Kompositionen wie mein Lieblingslied „Don’t Go Into That Barn“ sowie „Make It Rain“, „Baby Gonna Leave Me“ und „Clang Boom“ begeistert.

Tom Waits: Mule Variations, 1999. CD bestellen bei Amazon.de, Amazon.com. Sein kommerziell erfolgreichstes Album, das mit einem Grammy als „Best Contemporary Folk Album“ ausgezeichnet wurde.

Tom Waits: Bone Machine, 1992. CD bestellen bei Amazon.de, Amazon.com. Aus dem Begräbnissound des postapokalyptischen Performers ragen Songs wie „Dirt in the Ground“, „All Stripped Down“ und „I Don’t Wanna Grow Up“ heraus. Gehört in jede CD-Sammlung!

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