Es gibt wohl nur eine ebenso stimmgewaltige und bedeutende Künstlerin mit einem ähnlichen Schicksal wie Janis Joplin: Amy Winehouse. Beide starben mit 27. Amy Winehouse an einer Alkoholvergiftung, Janis Joplin an einer Überdosis Heroin.
Biografie von Janis Joplin (19.1.1943-4.10.1970)
Janis Joplin wurde am 19. Januar 1943 im texanischen Port Arthur als Tochter eines Texaco-Ingenieurs und einer Büroangestellten in einem College geboren. Sie hatte zwei jüngere Geschwister. Schon als Kind habe sie immer mehr Liebe als diese gebraucht, werden die Eltern zitiert. Amy Berg schreibt dazu in den CD-Infos, Janis Joplin habe ein Loch in ihren Herzen gehabt, das sie unaufhörlich zu füllen versucht habe. Sie habe alle anderen Menschen geliebt, es dabei jedoch schwierig gefunden, sich selbst zu lieben. Sie habe sich nicht an „normale“ Konventionen halten können und Bestätigung durch eine Welt gesucht, welche ihrerseits die junge Dame nicht verstehen konnte.
Als Jugendliche sang Janis Joplin im Kirchenchor und begeisterte sich später für die Alben der Bluesgrössen Lead Belly, Ma Rainey und Bessie Smith. Laut Biografen hätten diese Platten Janis Joplin zum Entschluss geführt, Musikerin werden zu wollen. Später kamen Billie Holiday, Big Mama Thornton und andere Sängerinnen als Vorbilder und musikalische Orientierungspunkte hinzu. Sie sang in örtlichen Clubs und gehörte kurzzeitig den Waller Creek Boys an.
Nach ihrem Highschool-Abschluss ging sie 1960 nach San Francisco in Kalifornien, um Sängerin zu werden. Sie sagte dazu: „Texas ist ein gutes Land, um dort zu wohnen, aber es ist nichts für unverschämt zügellose Menschen, und ich bin immer unverschämt zügellos.“ Sie war bisexuell, hatte unzählige männliche und weibliche Geliebte und frequentierte Lesben-Bars.
Studien an einigen Colleges brach sie jeweils frühzeitig ab. In Los Angeles trat sie mit Jorma Kaukonen, dem späteren Gitarristen und Sänger von Jefferson Airplane, in Kneipen und Clubs auf. Obwohl sie mit ihrer drei Oktaven umfassenden Stimme beeindruckte, kehrte sie 1962 zurück nach Austin, wo sie am College wegen ihrer Kleidung zur Aussenseiterin wurde. Es hielt sie nicht lange an der Handelsschule. Sie trampte bald schon wieder durch die USA und landete 1965 erneut in den Blues- und Folk-Clubs von Venice und San Francisco. Ihre bürgerliche Familie holte sie nochmals zurück zu einem Studium der University of Texas in Austin. Doch dieser „Erfolg“ war von kurzer Dauer.
Die erste Aufnahme von Janis Joplin stammt übrigens aus dem Jahr 1962. Sie nahm eine Werbe-Jingle für eine Bank in Nacogdoches (Texas) auf. Zu Woody Guthries Lied „This Land Is Your Land“ sang sie „This bank is your bank, this banks is my bank“.
Big Brother and the Holding Company
Im Sommer 1966 tauchte Janis Joplin kurzzeitig im Umfeld der Gruppe 13the Floor Elevators auf, ehe sie bei der Bluesrock-Gruppe Big Brother & The Holding Company einstieg.
1965 wurde in San Francisco die Rockband Big Brother & The Holding Company ins Leben gerufen. Zu den Gründern gehörten die Gitarristen Peter Albin, Sam Andrew und James Gurley. Kurz darauf stiess der Schlagzeuger Chuck Jones dazu, der jedoch rasch vom Maler und Jazzdrummer David Getz ersetzt wurde. Big Brother & The Holding Company wurden zur Hausband des Avalon Ballroom, in dem sie instrumentalen Rock spielten. Der Unternehmer und Manager Chet Helms, der die ersten Jam Sessions der Band organisiert hatte, besuchte Janis Joplin in Austin und überzeugte sie, als Sängerin dazuzustossen. Sie spielte erstmals am 10. Juni 1966 im Avalon in San Francisco mit der Band. Es war allerdings – von beiden Seiten her – nicht gleich die grosse Liebe.
1966 spielten Big Brother & The Holding Company in Chicago und Los Angeles für Mainstream Records ihr erstes Album ein: Big Brother & the Holding Company. Dieses stieg 1967 als Bestplatzierung bis auf #60 in den Billboard Hot 100.
Zu den frühen Auftritten der Band gehörte jener am 29. Januar 1967 im Avalon Ballroom, bei dem sie für den Krishna-Tempel Geld sammelten. Zu den anderen Künstlern des Abends gehörten die Grateful Dead, Moby Grape, der Beat-Poet Allen Ginsberg und der Hare Krishna-Gründer Bhaktivedanta Swami.
International Aufmerksamkeit erregten Big Brother and the Holding Company im Juni 1967 mit ihrem Auftritt am Monterey Pop Festival. Der Bandmanager wollte nicht, dass die Pennebaker Filmcrew den Auftritt aufnimmt. Doch die Festivalleute waren so beeindruckt, dass sie am nächsten Tag die Band baten, für Filmaufnahmen nochmals zu spielen. Doch Big Brother and the Holding Company gaben nur zwei Songs: „Combination of The Two“ und „Ball and Chain“. Immerhin beeindruckten die Musiker das Plattenlabel Columbia so sehr, dass sie im November 1967 einen Plattenvertrag und mit Albert Grossmann einen neuen Manager bekamen.
Auftritte in New York City folgten, bei denen Columbia Records Janis Joplin als Star in den Vordergrund stellten. Die Musiker erhielten positive Kritiken, wobei Janis Joplin hervorgehoben wurde.
Der Durchbruch der Band kam erst 1968 mit dem Album Cheap Thrills, das ursprünglich Sex, Dope and Cheap Thrills heissen sollte, jedoch auf Wunsch oder Druck von Columbia den verkürzten, nicht mehr anstössigen Namen erhalten haben soll. Die erste bedeutende weisseBlues- und Rocksängerin hinterliess eine Duftmarke, die bis heute Geschichte macht.
Albert Grossmann hatte die Band nicht nur aus dem Vertrag mit Mainstream Records herausgeholt und das Management übernommen, sondern auch das Album Cheap Thrills völlig und mit Erfolg (US #1)auf Janis Joplin abgestimmt.
Solo-Karriere, Full Tillt Boogie Band und Kozmic Blues Band
Am Ende des Sommers 1968 kündete Janis Joplin an, dass sie noch im Herbst die Band Big Brother & The Holding Company verlassen würde, die ohnehin nur noch die Bedeutung einer Begleitband für sie hatten. Sie wolle als Solokünstlerin Soulmusik machen. Sam Andrew und Stephen Ryder verliessen ebenfalls die Band und schlossen sich Janis Joplin an, die am 1. Dezember 1968 das letzte Konzert mit Big Brother & The Holding Company gab.
Der Steppenwolf-Produzent Gabriel Mekler stellte kurzfristig für sie eine neue Band zusammen, mit der sie TV-Auftritte in der Ed Sullivan Show und bei Talkmaster Dick Cavett hatte.
Drei Wochen nach der Trennung von Big Brother & The Holding Company spielte Janis Joplin mit Sam Andrew in Memphis erstmals mit ihrer neuen Gruppe, die später den Namen Kozmic Blues Band erhielt. Dazu gehörten zudem der Keyboarder Stephen Ryder, der Saxophonist Cornelius Snooky Flowers und der zukünftige Full Tilt Boogie Band Bassist Brad Campbell. Die Band war vom R&B Sound eines Otis Redding und vom Sound des Stax-Volt Musiklabels beeinflusst.
Janis Joplin war laut Zeitzeugen damals bereits auf einem selbstzerstörerischen Trip. Sie konsumierte Drogen von Alkohol über Tabletten bis Heroin in grossen Mengen, was schliesslich zu ihrem frühen Tod führte. Sie wurde von den Medien zum Superstar erhoben und zerbrach an den Gesetzen der Unterhaltungsbranche. Sie verkraftete den Starrummel nicht. Die Drogen und Medikamente führten zu raschen Stimmungswechseln, wobei sie schon einmal das Publikum wüst beschimpfte.
Janis Joplin und die Kozmic Blues Band waren erfolgreich und gingen zusammen auf Tour, so zum Beispiel nach England, Deutschland und Schweden.
Janis Joplin bekannte, sie sei ein grosser Fan von Tina Turner, mit der sie denn auch zusammen im Madison Square Garden auftrat; Joplins Live-Aufnahmen von „Catch Me Daddy“ und „Raise Your Hand“ auf Janis: Little Girl Blue erinnern an die grossen Live-Auftritte von Ike & Tina Turner. Mit Tom Jones sang sie in dessen TV-Show This Is Tom Jones, in der sie zusammen „Little Girl Blue“ und „Raise Your Hand“ sangen. Zudem trat Janis Joplin in The Dick Cavett Show auf.
Im September 1969 erschien das im Juni aufgenommene Album I Got Dem Ol‘ Kozmic Blues Again Mama! Es schaffte es bis auf #5 in The Billboard 200 Album Charts und erreichte Goldstatus in den USA, doch reichte es laut Kritikern nicht an Cheap Thrills heran. Janis Joplin selbst war unzufrieden und trennte sich daraufhin von der Kozmic Blues Band. Immerhin enthielt das Album die Hits „Kozmic Blues“ b/w „Little Girl Blue“, „Try (Just A Little Bit Harder)“ und „To Love Sombody“. Eine spätere Ausgabe des Albums enhielt zudem eine Coverversion von Bob Dylans „Dear Landlord“, mit einem neuen Liedtext und ein neuen Arrangement von Janis Joplin sowie Live-Versionen vom Woodstock-Festival der Songs „Summertime“ und „Piece of My Heart“.
Janis trat nach der Trennung von ihrer alten Gruppe mit der Full Tillt Boogie Band auf, einer kanadischen Rockband der Jahre 1969-70, die zuerst vom Gitarristen John Till, danach von Janis Joplin bis zu ihrem Tod geführt wurde. Zuerst war noch Sam Andres noch dabei. Nach Problemen mit Janis Joplin kehrte er zu Big Brother and the Holding Company zurück. Die Full Tilt Boogie Band bestand aus Janis Joplin (Gesang), John Till (Gitarre und Gesang), Richard Bell (Klavier), Brad Campbell (Bass), Ken Pearson (Orgel) und Clark Pierson (Schlagzeug). Sie gingen mit den Grateful Dead und anderen Bands im Sommer 1969 auf eine Kanada-Tournee. Nach der Rückkehr gaben sie ihr letztes gemeinsames Konzert am 12. August 1970. Danach arbeiteten sie am Album Pearl, das erst posthum, nach dem Tod der Sängerin erschien und im Februar 1971 ein #1 Hit in den Album Charts wurde. Der Produzent des Albums war übrigens Paul Rothchild, der bereits mit The Doors gearbeitet hatte.
Janis Joplin starb am 4. Oktober 1970 in einem Motel in Hollywood an einer Überdosis Heroin. Die elf Songs zum Album Pearl waren noch nicht abschliessend abgemischt.
Janis Joplin: Janis: Little Girl Blue. Original Motion Picture Soundtrack. Der Soundtrack zum Dokumentarfilm, Sony Music, 2016. Die CD bestellen bei Amazon.de, Amazon.com, Amazon.fr, Amazon.co.uk. Das Album im Format MP3 runterladen bei Amazon.de.
Die Filmemacherin Amy Berg arbeitete acht Jahre lang als Drehbuchautorin, Regisseurin und Koproduzentin an ihrem Dokumentarfilm Janis: Little Girl Blue. Filmsoundtrack mit 17 Live- und Studioaufnahmen.
Zu den Quellen für diesen Artikel gehören Infos von Columbia/Sony, Einträge bei Billboard und das Rockmusik-Lexikon von Christian Graf und Burghard Rausch.
Janis Joplin. Foto Copyright © Sony Music.
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Den Dokumentarfilm von Regisseurin Amy Berg: Janis: Little Girl Blueauf DVD bestellen bei Amazon.de.
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