Hinzugefügt am 28. November 2010: Schwarz-Grün ist in Hamburg am Ende. Die Grünen der Hansestadt haben heute, am 28. November 2010, in einer Sitzung der erweiterten Fraktion beschlossen, sich aus der Stadtregierung zu verabschieden. Am 13. Dezember soll eine Landesmitgliederversammlung der Grünen definitiv darüber entscheiden. Alle schlagen nun auf Schwarz-Grün ein, doch das wichtigste an dieser Koalition war, dass sie überhaupt zustande kam.
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Artikel vom 1. Mai 2008: Hätten CDU und SPD substantielle Reformen durchgeführt, wäre Deutschland ein wirtschaftspolitischer Musterschüler mit Wachstum und 5% Arbeitslosigkeit. Die Linke wäre ohne Wahlchancen im Westen (Hamburg und Hessen), ja nicht einmal im Osten.
Bereits die Rot-Grünen Vorgängerregierungen versagten auf dem Reformsektor. Immerhin peitschte Gerhard Schröder zum Schluss noch ein Reförmchen durch. Leider zu wenig, zu spät, streckenweise mit falschen Ansätzen, aber immerhin teilweise in die richtige Richtung, wodurch die Arbeitslosigkeit etwas zurückging. Doch diese Reformen wurden von grossen Teilen der SPD-Basis abgelehnt.
Leider verlor Angela Merkel nach der von ihr entscheidend mitvergeigten Wahl den CDU-Reformeifer und begab sich mit der SPD auf eine wirtschaftspolitische Irrfahrt. So konnte die Voraussage vom April 2000 nicht eintreten, dass die PDS – wie einst der BHE als Partei der Vertriebenen in der Ära-Adenauer – als Partei „heimatloser DDR-Nostalgiker“ und als Übergangserscheinung des wiedervereinigten Deutschlands in die Geschichte eingehen werde. Die SPD hätte davon massiv profitiert, da sie neben den Grünen keine weitere Konkurrenz gehabt hätte. Die CDU wäre nicht mehr in der Lage gewesen, die Gefahr einer Rot-Dunkelroten Koalition anzumahnen. Solange die Arbeitslosigkeit im Osten nicht sinke, werde die PDS nicht von der Bildfläche verschwinden, schrieb ich. Leider ist es genau so gekommen.
Schlimmer sogar. Die SED-PDS Nachfolgepartei DIE LINKE schaffte gar den Sprung nach Westdeutschland, den Einzug in die Landesparlamente von Hessen und Hamburg. Oskar Lafontaine treibt die SPD weiter nach Links. Rot-Rot wäre so in Hessen fast zur Realität geworden und ist weiterhin nicht ausgeschlossen. Das Schreckensgespenst Rot-Rot ist nicht nur in Berlin, sondern nun im Westen ein schlagendes Wahlargument für CDU/CSU, FDP und sogar die Grünen.
Immerhin brachte der Erfolg der LINKEN die CDU und die Grünen zu einer wesentlichen Einsicht: Die zwei Parteien sind nicht inkompatibel, zumindest nicht weniger als Rot-Grün.
Wie in Österreich, so waren auch in Deutschland die Grünen einseitig auf die Sozialdemokraten fixiert, ganz nach dem Motto: Aussen Grün und Innen Rot. Schwarz-Grün in Hamburg könnte einen Neuanfang bedeuten. Eine Jamaika-Koalition zusammen mit der FDP könnte so nach den nächsten Bundestagswahlen zu einer ernsthaften Option werden.
Bei der Bürgerschaftswahl in Hamburg vom 24. Februar 2008 war allen beteiligten klar, dass Bürgermeister Ole von Beust sein Resultat von 2004 nicht würde wiederholen können. Damals errang die CDU mit 47,2% eine absolute Mehrheit der Sitze, nämlich 63 Sitze, während dem die SPD mit 30,5% auf 41 Sitze und die Grüne Alternative Liste (GAL) auf 12,3% und 17 Sitze kam.
Alle anderen Parteien schafften den Sprung über die 5%-Hürde nicht. Dazu gehörte nicht nur die FDP, sondern vor allem Pro DM/Schill. Ole von Beust hatte nämlich den irrlichternden Rechtspopulisten Ronald Schill 2003 der Partei Rechtsstaatlicher Offensive aus der Regierung geworfen und wurde von den Wählern dafür belohnt.
Schill wanderte nach Südamerika aus, wo er noch heute von seiner Richterpension leben soll.
Bei der Bürgerschaftswahl vom 24. Februar 2008 lagen die Dinge anders. Ole von Beust konnte nicht mehr auf einen Schill-Effekt hoffen. Er war zudem beliebter als seine Partei. Die CDU kam schliesslich auf 42,6% und 56 Sitze, die SPD auf 34,1% und 45 Sitze, die GAL auf 9,6% und 12 Sitze. Die FDP scheiterte mit 4,8% knapp am Einzug in das Landesparlament von Hamburg. Dafür schaffte DIE LINKE die Sensation mit 6,4% und 8 Sitzen.
Die Koalitionsverhandlungen in Hamburg konnten auf Grund der Sitzverteilung nie auf Rot-Rot hinauslaufen, doch Rot-Rot-Grün wäre natürlich möglich gewesen. Die Grünen, die sich in Hamburg noch immer GAL nennen, hatten bei den Wahlen Federn lassen müssen. Sie fassten sich nun ein Herz und rafften sich zu einer staatspolitisch wichtigen Handlung auf: Sie liessen sich auf Schwarz-Grün ein. Diese Entscheidung wurde ihnen durch die Popularität von Ole von Beust über die Parteigrenzen hinweg erleichtert.
Zwar sieht sich die Mehrheit der Grünen – nicht nur in Hamburg – nach wie vor Links von der Mitte stehend, doch die GAL-Spitzenkandidatin Christa Goetsch hatte bereits im Wahlkampf durchblicken lassen, dass sie eine Koalition mit der CDU nicht kategorisch ablehne.
Das kostete der GAL laut einigen Analysen zwar einige Stimmen, doch war es staatspolitisch Weise. So bedeutete die Bildung der Schwarz-Grünen Koalition in Hamburg nicht einen Tabubruch und Wählerbetrug, wie ihn Andrea Ypsilanti in Hessen vollzog, als sie entgegen wiederholten eindeutigen Aussagen Rot-Rot in ihrem Bundesland verwirklichen wollte und damit (vorerst) an der Landtagsabgeordneten Dagmar Metzger scheiterte, die dieser Koalition aus Gewissensgründen ihre Stimme verweigerte.
Die SPD ist in Hessen mit Ypsilanti und im Bund mit dem Parteivorsitzenden Beck auf dem Weg nach Links, wo allerdings bereits DIE LINKE das Territorium beherrscht, während dem sich zumindest Teile der Grünen auf dem Weg ins Zentrum befinden, wo sie die SPD beerben könnten. Der Weg der Grünen und der GAL ist noch weit, wie das Drama um den Parteiwechsel von Oswald Metzger von den Grünen zur CDU beweist, doch ein Umdenken – vorerst zumindest taktischer Art was Schwarz-Grün anbelangt – ist eingeleitet worden.
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Hinzugefügt am 23.2.2020: Das Foto zeigt Ole von Beust, Erster Bürgermeister Hamburgs (2009). Photo Copyright: Wikipedia User Freud.