Die SPD gewinnt mit Anke Rehlinger (*1976) die absolute Mehrheit im Saarland, und dies von der normalerweise schlechten Position des Juniorpartners in der bisherigen grossen Koalition mit der CDU heraus.
Am 27. März 2022 gingen 61,4% der Wähler des kleinen Saarlandes an die Urnen und sorgten für ein – von Wahlprognosen vorhergesagtes – Erdbeben: Die SPD gewann 13,9% hinzu und kommt neu auf 43,5% der Stimmen, was zur klaren absoluten Mehrheit von 29 Mandaten im Landtag mit insgesamt 51 Sitzen reicht, weil neben ihr nur die CDU und die AfD den Sprung über die 5%-Hürde schafften.
Die grosse Verliererin der Wahl heisst CDU. Der bisherige Ministerpräsident Tobias Hans verliert sein Amt, nicht zuletzt weil die Wähler seinen Zickzack-Kurs in der Corona-Politik nicht goutierten. Die CDU verlor 12,2% im Vergleich mit der letzten Landtagswahl und landet bei nur noch 28,5% und 19 Sitzen im Saarländer Landtag.
Laut einer Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen hatten allerdings 55% der Befragten angegeben, Tobias Hans sei ein guter Ministerpräsident, nur 38% waren der Meinung, er mache einen schlechten Job. Eine hauchdünne Mehrheit von 51% hatte in einer Umfrage von Infratest dimap angegeben, die grosse Koalition von CDU und SPD mache ihre Sache gut. Die Erklärung? Das laut Infratest dimap mit 33% wichtigste Thema der Landtagswahl hiess Arbeitsplätze, und hier hatte die SPD mit 43% gegenüber der CDU mit 22% Kompetenz die Nase klar vorn. Auf die Frage, wer bringt die Wirtschaft eher nach vorn, sagten 40% die SPD und nur 25% die CDU (-25%!). Hinzu kommt, dass laut Infratest dimap 53% der Befragten der Meinung waren, dass Anke Rehlinger eine bessere Ministerpräsidentin wäre als der Amtsinhaber Tobias Hans mit nur 29%. Laut derselben Quelle waren 58% mit der Arbeit der SPD-Minister in der Grossen Koalition zufrieden, nur 38% mit jener der CDU-Minister. 57% der Befragten wünschten sich eine SPD-geführte Regierung.
Die AfD verlor bei der Landtagswahl vom 27. März 2022 zwar 0,5%, gehört aber dennoch zu den Wahlsiegern, weil sie mit 5,% den Wiedereinzug in den Landtag schaffte und dort über 3 Mandate verfügt.
Neben der CDU heissen die Wahlverlierer Linke, Grüne und FDP. Das Saarland ist die Heimat des „Roten Oskar“. Oskar Lafontaine hatte sich schon vor einiger Zeit von der Partei Die Linke im Saarland distanziert und kurz vor der Wahl sogar noch seinen Parteiaustritt aus der Bundespartei verkündet. Die zerstrittene Linke wurde regelrecht zerzaust und stürzte um 10,2% auf erbärmliche 2,6% ab, womit sie natürlich nicht mehr im Landtag vertreten ist.
Die Grünen hofften am Wahlabend zuerst noch, sie würden knapp den Einzug in den Landtag schaffen. Am Schluss fehlten der Partei nur wenige Stimmen. Die Grünen legten um 0,99% zu und landeten bei 4,995%. An der Ampel im Bund kann es nicht liegen. Baerbock, Habeck, Özdemir, Spiegel und Lemke machen dort insgesamt nicht eine so schlechte Figur, dass dies auf das Saarland negativ abfärben würde.
Die FDP legte um 1,5% zu und landete mit 4,8% ebenfalls relativ knapp unter der 5%-Hürde. Also weiterhin keine Liberalen im Landtag des Saarlandes.
Hat der Kanzlerbonus der SPD geholfen? Kaum. Olaf Scholz wird vom Wähler zwar mehrheitlich positiv gesehen, weshalb der „Schlumpf“ den Sozialdemokraten nicht schadete, doch im Saarland zählte mehr, dass AKK als von Merkel gewollte CDU-Generalsekretärin und damit Kanzlerin in spe 2020 krachend scheiterte und Tobias Hans als ihr Nachfolger als Ministerpräsident im Saarland schwächer als seine Juniorpartnerin Anke Rehlinger angesehen wird. Laut einer Analyse der Wählerwanderung von Infratest dimap profitierte die SPD vor allem von enttäuschten Wählern der CDU (38,000). Die CDU verlor zudem 25,000 Wähler an das Lager der Nichtwähler sowie 22,000 ehemalige CDU-Wähler sind seit 2017 verstorben.
Das Wahlresultat im Saarland sagt nichts aus über die 2022 noch folgenden Landtagswahlen in Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen. Dort werden die Karten neu gemischt, die Umfragen sind anders. Doch die SPD sieht sich im Moment im Aufwind.
Das Photo zeigt die grosse Siegerin der Landtagswahl im Saarland vom 28. März 2022: Anke Rehlinger. Mit ihr holt die SPD die absolute Mehrheit, und dies von der normalerweise schlechten Position des Juniorpartners in der grossen Koalition mit der CDU heraus. Photo von Anke Rehlinger am Wahlabend von Sandro Halank, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0 (Wikipedia).
Artikel vom 28. März 2022 um 18:35 deutscher Zeit.