Biografie, Albums, CDs, Konzertkritik, Fotos
Der 1940 in Milwaukee (WI) geborene Al Jarreau, Sohn eines Pfarrers, gehört zu den unverwüstlichen Veteranen im Musikgeschäft. Nach dem Studium der Psychologie arbeitete er von 1964 bis 1968 als Sozialarbeiter in Kalifornien. Dann zog er nach Los Angeles um sich der Musik zu widmen. 1975 erschien sein erstes Album, und im Jahr darauf folgte eine Europatournee. Sein Debut gab er in Hamburg. 1977 erhielt er den ersten von fünf (in drei verschiedenen Kategorien gewonnenen) Grammys für sein Album Look to the Rainbow für Best Jazz Vocal Performance. Im folgenden Jahr gewann er wiederum einen Grammy für All Fly Home. Seine stimmlichen Qualitäten rücken ihn in die Nähe von Bobby McFerrin. Allerdings war er zumindest am 14. April in Lausanne nicht auf der Höhe von Bobby McFerrin am Tag zuvor in Basel, wobei ihr Programm natürlich nicht direkt vergleichbar war. McFerrin war solo auf der Bühne, während dem Al Jarreau ein Popkonzert gab. Mit sechzig Jahren startet der 60jährige Al nochmals neu. Er wechselte zu Verve und hat noch viel vor: Aufnahmen im Duo, im Trio und ein brasilianisches Album möchte er noch produzieren. Seine neue CD Tomorrow Todayhinterlässt gemischte Gefühle: neben viel Seichtem wie Just to Be Loved, Let Me Love You oder seinem Duett mit Vanessa Williams, God’s Gift to the World, finden sich auch tolle Titel wie In My Music, Tomorrow Today und Puddit (Put It Where You Want It).
Das Konzert von Al Jarreau im Théâtre de Beaulieu in Lausanne vom 14. April 2000 stand zur Hälfte im Zeichen des neuen Albums. Vor erstaunlicherweise nicht voll besetzten Rängen kam die Band hinter Al Jarreau auf die Bühne, der mit seiner A-cappella-Nummer Puddit aus Tomorrow Today gleich für Ferienstimmung sorgte. Danach spielte die acht Mitglieder zählende Band einige schwächere Nummern wie My Favourite Things. Nachdem Al Jarreau seine Truppe vorgestellt hatte, folgte die zuckrige Nummer Just to Be Loved von der neuen CD, die auch live nicht zu überzeugen vermochte. In My Music dagegen, ebenfalls auf Tomorrow Today zu finden, begeisterte die Soul-Stimme von Al Jarreau ebenso wie das Zusammenspiel der Band. Für den herausragenden Saxophonisten, der für eine Serie von Höhepunkten an diesem Abend sorgte, war es übrigens erst der zweite Gig mit Al Jarreau. Die Backup-Sängerin Debbie erhielt im Duett Since I Fell For You ebenfalls die Chance, an der Seite des Leaders zu glänzen. Am frühen Abend hatte die Band fleissig den Bossa Nova-Hit Agua de Beber in einer speziellen Al Jarreau-Version geübt, was denn auch seine Früchte trug. Das funkige High Crime folgte auf dem Fuss und brachte das Publikum endgültig zum Toben. Die herausragende Titelsong-Ballade aus dem neuen Album, Tomorrow Today, bildete in einer langen Version den vorläufigen Abschluss des Konzerts, das danach noch um zwei Zugaben verlängert wurde. Wie bei der Probe vorgesehen, war mit Take Five das Ende eines professionell gute Stimmung garantierenden Abends erreicht, bei dem sechs oder sieben überzeugende Songs die Durchhänger vergessen liessen. Störend war die zu laut eingestellte Verstärkeranlage, die einen (gewollt?) undeutlichen Sound erzeugte. Al Jarreaus Stimme ist auch nicht mehr so frisch wie noch vor zehn Jahren, doch er weiss noch immer, wie man sein Publikum begeistert. Wie hiess es noch? Mit sechzig Jahren fängt das Leben erst an. – Artikel vom 15. April 2000.
Al Jarreau. Photo Copyright © Universal Music. Al Jarreau Musiknoten / sheet music. MP3-Downloads von Al Jarreau bei Amazon.de. CDs von Al Jarreau bei Amazon.de.
Al Jarreau. Photography copyright © Universal Music.
Al Jarreau: All I Got. Grp, September 2002. Album bestellen bei Amazon.de. Al Jarreau Musiknoten / sheet music.
Hinzugefügt am 2. Juli 2014:
Wie der Titel “My Old Friend” bereits verrät, zollt der sechsfache Grammy-Preisträger Al Jarreau auf seinem neuen Album einem alten Freund und musikalischen Seelenverwandten Tribut: dem legendären Keyboarder, Komponisten und Produzenten George Duke, der am 5. August 2013 unerwartet im Alter von 67 Jahren verstarb. Um einen Eindruck von Dukes immenser stilistischer Bandbreite zu vermitteln (das Spektrum reicht von Post-Bop über Jazz-Fusion und Rhythm’n’Blues bis zu brasilianischer Musik), versammelte der Sänger eine beeindruckende Liste von Stargästen um sich. Darunter sind die beiden Bass-Giganten Marcus Miller und Stanley Clarke, die Saxophonisten Gerald Albright und Boney James, die Sängerinnen Dianne Reeves, Kelly Price und Lalah Hathaway sowie Dr. John und der ehemalige L.T.D.-Frontmann Jeffrey Osborne.
Al Jarreau lernte George Duke 1965 kennen, als er nach seinem Militärdienst von seiner Heimatstadt Milwaukee nach San Francisco zog. Dort arbeitete Jarreau zunächst tagsüber als Sozialarbeiter und Bewährungshelfer, während er abends an Jamsessions in Jazzclubs teilnahm. Dabei lernte er den jungen Duke kennen, der sich mit Auftritten im Half Note gerade einen Namen zu machen begann. Eines Sonntags stieg Jarreau einfach zu ihm auf die Bühne und begeisterte den Clubbesitzer mit seinem Auftritt so sehr, dass dieser ihn sofort fragte, ob er nicht regelmäßig mit dem George Duke Trio auftreten wolle. “Wir spielten in diesem Club drei Jahre lang zusammen, bis er 1968 schloss”, erinnert sich Jarreau. “Danach gingen George und ich eigene Wege. Aber diese drei Jahre waren für uns von ganz besonderer Bedeutung.” Erst 2011 brachte Duke auf dem Album “Live At The Half Note Club 1965, Volume 1” gemeinsame Aufnahmen aus dieser Zeit heraus. Und zur Feier der Veröffentlichung gastierte Al Jarreau mit George Duke und seiner Band (feat. Esperanza Spaulding, Terri Lyne Carrington und Mike Manson) im Mai 2011 eine ganze Woche lang im ausverkauften New Yorker Jazzclub The Blue Note.
“Ich wollte ein bisschen von der Bandbreite von Georges Musik zeigen und von der Brillanz seines Werkes, das die Auswirkung erklärt, die er im letzten halben Jahrhundert auf verschiedene Musiker hatte,” erklärt Jarreau die Motivation für sein neues Album.
Bevor Jarreau sich hier an seine erfrischenden Neuinterpretationen von Dukes Repertoire macht, offeriert er ein Stück aus seinem eigenen Songbook, das titelgebende “My Old Friend”, das er erstmals 1981 für seinen Meilenstein “Breakin’ Away” aufgenommen hatte. Die Nummer, die von einem entspannten Mid-Tempo-Groove unterlegt ist, handelt von dauerhafter Freundschaft. Und diese ist ja auch das zentrale Thema des Albums.
Danach singt er mit Dukes Cousine Dianne Reeves eine vergnügte Version von “Someday”. Das Stück ist eine frühe Jazz-Funk-Nummer von George Dukes 1975 erschienenem MPS-Klassiker “I Love The Blues, She Heard My Cry”. Die Stimmen der beiden ergänzen sich spektakulär. “Es war wunderbar, den Song mit Dianne zu interpretieren; es hat einfach gepasst”, sagt ein offensichtlich zufriedener Jarreau.
Der außerordentliche Bassist und Produzent Marcus Miller gesellt sich in einer fantastischen Neubearbeitung von “Backyard Ritual” zu Jarreau. Das Stück hatte George Duke 1986 für das Grammy-prämierte Miles-Davis-Album “Tutu” komponiert. Jarreau schrieb zu der Instrumentalnummer einen Text, der die spirituellen Aspekte des Songs noch stärker hervorhebt. Miller steuert nicht nur die hypnotische Basslinie der Originalversion bei, sondern auch ein eindringliches Bassklarinettensolo.
Mit brasilianischer Musik setzten sich Al Jarreau und George Duke im Laufe ihrer Karrieren immer wieder auseinander. Ihre Liebe zu ihr entdeckten beide zur selben Zeit in den späten 1960er Jahren. Für sein neues Album greift Jarreau hier natürlich auf zwei Nummern von Dukes phänomenalem 1979er Album “A Brazilian Love Affair” zurück (“Summer Breezin’” und das Titelstück), das dieser selbst stets als sein persönliches Lieblingsalbum bezeichnete. In “Summer Breezin’”, für das Jarreau wieder einen Text schrieb, glänzt Gerald Albright mit einem wunderbar inspirierten Tenorsaxsolo. Für die funkige Neuinterpretation von “A Brazilian Love Affair” tat sich Jarreau erneut mit Dianne Reeves zusammen. Arrangiert wurden beide Stücke von dem legendären Stanley Clarke, der hier natürlich auch Akzente mit seinem agilen E-Bass setzt.
Noch erfolgreicher als“A Brazilian Love Affair” war 1981 das Album “The Clarke/Duke Project, Vol. 1”, von dem die hier zu hörende Ballade “Sweet Baby” stammt, die damals Platz 6 der Rhythm’n’Blues-Charts erreichte. Jarreaus Duo-Partnerin ist diesmal Lalah Hathaway. Und den Bass-Part übernahm natürlich einmal mehr der einzigartige Stanley Clarke selbst.
Mit “Every Reason To Smile” folgt dann eine weitere Ballade des Stanley Clarke/George Duke Project. Als Gast ist in der Nummer der R&B-Crooner Jeffrey Osborne zu hören, für den Jarreau eine besondere Überraschung parat hatte: Denn in das Arrangement des von Clarke und Duke geschriebenen Songs arbeitete Jarreau geschickt auch Passagen des Hits “On The Wings Of Love” ein, mit dem Osborne 1982, nach seinem Ausstieg bei der Funk-Band L.T.D, seinen ersten Soloerfolg verzeichnete. Und dieses Album hatte wiederum George Duke produziert.
“No Rhyme, No Reason” stammt von dem 1992 erschienenen Album “Snapshot” und ist ein zeitloser Hit, der bei auf zeitgenössischen R&B spezialisierten amerikanischen Radiosendern bis heute in “heavy rotation” läuft. Im Duett mit Songstress Kelly Price liefert Al Jarreau hier eine wahrlich unter die Haut gehende Version des Songs ab.
Mit “Bring Me Joy” und “You Touch My Brain” (vom 2010 erschienenen Album “Dejà Vu”) interpretiert Al Jarreau auch ein paar von George Dukes späteren Werken. Im ersten Stück setzt sich nicht nur Boney James mit einem rauchigen Tenorsaxophon-Solo in Szene, sondern auch der Komponist selbst. “You Touch My Brain” ist eine aufreizende und humorvolle Funknummer im Stile von Sly & the Family Stone, der Dr. John einen Touch von New-Orleans-Feling verleiht.
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Al Jarreau. Photo Copyright © Universal Music.