Der Katalog zur Ausstellung Monet in der Albertina

Jan 24, 2019 at 23:40 1177

Bis am 6. Januar 2019 zeigte die Albertina in Wien die sehenswerte Ausstellung Claude Monet. Die Welt im Fluss (Katalog: Hirmer, 2018; bestellen bei Amazon.de). Dafür sandte das Musée Marmottan in Paris 40 seiner rund 90 Monet-Gemälde, die aus dem Nachlass des Impressionisten stammen und die dessen Sohn Michel einst dem Museum vermacht hat. Hinzu kamen noch weitere 50 Werke von 35 weiteren internationalen institutionellen und privaten Leihgebern, die in Wien zusammen mit Monets der Albertina aus der Sammlung Batliner ausgestellt wurden.

Mit 96 Gemälden gelang es den Ausstellungsmachern, das Leben und Werk von Claude Monet (1840-1926) in grossen Zügen nachzuzeichnen. Dabei zeigten zwei aus dem Musée Marmottan stammende, von Pierre-Auguste Renoir 1873 gemalte und dem befreundeten Künstlerehepaar geschenkte Einzelporträts Claude Monet bzw. seine erste – 1879 mit nur 32 Jahren an einem missglückten Schwangerschaftsabbruch verstorbene – Frau Camille.

Ausstellung und Katalog skizzieren Claude Monets Weg als Erneuerer der Malerei im Umkreis um Edouard Manet, als Freilichtmaler ab 1856/57 mit Eugène Boudin zusammen und dann als Hauptvertreter des Impressionismus. Da Monet sich hauptsächlich der Landschaft widmete, zeigte die Albertina weitgehend solche Werke. Sie decken die Jahre von 1866 bis 1925 ab.

Claude Monets Laufbahn wurde entlang seiner Aufenthaltsorte Paris, Argenteuil, Vétheuil, Giverny, Atlantik und Riviera nachgezeichnet. Die Natur habe Monet an jeder Station anders wahrgenommen, wobei die neue Sichtweise Niederschlag in seiner Malerei gefunden und dort weitergetrieben worden sei, so Kurator Heinz Widauer in seinem Katalogvorwort.

Widauer führt aus, Monets Interesse an Küstenlandschaften sei seiner Herkunft geschuldet, wobei er auf Weggefährten und Vorbilder wie Boudin, Johan Barthold Jongkind und die Pleinairisten der Schule von Barbizon, allen voran Jean-François Daubigny, verweist.

Die sachliche Wiedergabe der Wirklichkeit und das motivische Festhalten am zeitgenössischen Pariser Leben gehörten laut Widauer damals zu Monets Anliegen. Gleichzeitig habe er begonnen, der Flächigkeit Rechnung zu tragen und damit die Objekthaftigkeit des Bildes in den Fokus zu rücken. Mit seinen Pariser Panoramabildern gelte er als ein Pionier des impressionistischen Stadtbildes. Motivische und kompositorische Neuerungen seien seiner Aufmerksamkeit für Fotografie und aussereuropäische Einflüsse geschuldet, wozu der japanische Farbholzschnitt gehört.

Mit dem im Katalog abgebildeten, jedoch nicht aus dem Musée Marmottan Monet von Paris nach Wien gereisten Werk Impression, Sonnenaufgang aus dem Jahr 1872 hob Claude Monet anlässlich der ersten Ausstellung der Impressionisten 1874 die neue Kunstrichtung als Namensgeber aus der Taufe. Der Kunstkritiker Ernest Chesneau bezog sich darauf, wobei er allerdings das in Le Havre entstandene Gemälde fälschlicherweise als ein die Themse zeigendes Werk erwähnte.

Natürlich fehlten in Ausstellung und Katalog Monets Gartenbilder aus Giverny nicht, wo er ab 1883 bis zu seinem Lebensende wohnte und malte. Ab den 1890er Jahren ging der Künstler dazu über, Motive in Serien zu malen. Laut Kurator Heinz Widauer ging es ihm dabei nicht darum, einer dem Rhythmus der Tages- oder Jahreszeiten folgenden Sequenz zu folgen, sondern um seine vor dem Motiv immer wieder aufs Neue wahrgenommenen subjektiven Empfindungen in eine allgemein gültige Wesensbestimmung zu übersetzen. Durch die serielle Wiedergabe des Motivs lenke Monet die Aufmerksamkeit darauf, wie der Gegenstand mit Farbe und Licht verschmelze und zu einer Einheit gebracht werde, die aus dem Licht hervorgehe. Die mehrschichtig übereinander gelegten Pinselstriche und vor allem die Farbe verselbständigten sich, ohne ihre Herkunft vom Motiv völlig zu leugnen, jedoch so, dass sie für Vertreter der abstrakten Moderne wie Wassily Kandinsky inspirierend waren.

Monets in Giverny entstandene Bilder hätten nichts mehr mit dem dem Augenblick huldigenden und die Natur in ihrer Veränderlichkeit darstellenden Impressionismus gemeinsam, die für ein neues ästhetisches Konzept stünden, dem Monet in Form der dem französischen Staat überlassenen und 1927 in der Orangerie angebrachten Bilder ein Denkmal setzte, die jedoch erst nach ihrer Restaurierung 1952 von den Künstlern des Informel und des amerikanischen abstrakten Expressionismus gewürdigt worden seien, so Kurator Heinz Widauer.

Neben der Einleitung zu Monet als Pionier und Doyen des Impressionismus (Widauer) enthält der Katalog Beiträge zu den Themen Vom Pleinairismus zum Impressionismus (Widauer), Argenteuil: die Wiege des Impressionismus (Widauer), Vétheuil: Der Wendepunkt (Widauer), Die Reisen der 1880er-Jahre: «Monet hat mit vollen Händen ins Meer gegriffen» (Gunhild Bauer), Die Serien der 1890er Jahre und das Spätwerk (Widauer), Giverny (Marianne Mathieu) sowie Monets abstrakte Texturen (Dieter Buchhart). Eine Biografie und eine Werkliste runden den reich bebilderten Band ab.

Claude Monet. Die Welt im Fluss. Hirmer, 2018, 272 Seiten. Das Buch bestellen bei Amazon.de.

Diese Rezension beruht auf dem Ausstellungskatalog. Zitate und Teilzitate wurden zur leichteren Lektüre nicht mit Gänsefüsschen ausgezeichnet.

Artikel vom 24. Januar 2019. Hinzugefügt um 23:40 ukrainischer Zeit.