Die wundersame Wandlung des Robert Fico und seiner zuvor Putin-freundlichen Regierung

Jan 26, 2024 at 21:16 785

Der frühere und neue slowkische Premierminister Robert Fico (*1964) ist ein gefährlicher Populist, der wie Donald Trump Lügen, Verschwörungstheorien und sonstigen Unfug verbreitet. Er und seine Putin-freundliche Regierung schienen nach dem Wegfall der PiS-Regierung in Polen nun neben Viktor Orban das neue trojanische Pferd Russlands in der EU zu sein.

Der im Oktober 2023 zum vierten Mal zum Premierminister der Slowakei aufgestiegene Robert Fico hat mit seiner linkspopulistischen und linksnationalistischen Smer-Partei eine Koalition mit Partnern gebildet, die sich ebenfalls Putin- und Russland-freundlich geäussert haben. Der Vizevorsitzende von Smer, Ľuboš Blaha, schwadronierte laut der ARD im Wahlkampf von „der euro-amerikanischen Okkupation“ und einem „Faschismus in Regenbogenfarben“.

Nach der Wahl machte Robert Fico den pro-russischen Politiker Juraj Blanár zum Aussenminister. Die sozialdemokratische Hlas-Partei, die sich einst von Smer abgespaltet hat, stellt mit Denisa Saková die Wirtschaftsministerin in der neuen Regierung. Sie meinte direkt nach der Wahl im Oktober 2023, die Ukraine müsse nur Territorien an Russland abgeben, und schon sei der Krieg vorbei. Der andere Koalitionspartner, die russophile, rechtsnationale und rechtsextremistische SNS, möchte slowkische „Schlüsselfirmen“ nationalisieren. Ihr Chef, der homophobe Rechtsanwalt Andrej Danko, dessen Doktorarbeit auf 63 von 72 Seiten Plagiate enthält, will das Land vor Flüchtlingen schützen.

Robert Fico versucht seit seinem erneuten Amtsantritt, die Sonderstaatsanwaltschaft USP abzuschaffen, die sich um Korruption und andere Verbrechen in der Politik sowie um Vergehen der organisierten Kriminalität kümmert. Robert Fico will Fristen verkürzen, Strafen abmildern und eine Amnestie durchsetzen, die laut Kritikern ihm und seinen Verbündeten nützt. Dagegen gibt es auf den Strassen der Slowakei bedeutende Proteste. Hinzu kommt, dass Robert Fico gegen ihm kritisch eingestellte Medien arbeitet. Die EU sorgt sich um die Pressefreiheit sowie um die korrekte Verwendung von EU-Geldern in der Slowakei. Der Auftragsmord am Investigativjournalisten Jan Kuciak und seiner Verlobten im Jahr 2018 ist ebenfalls nicht vergessen, denn dabei wurde vielen klar, wie eng die organisierte Kriminalität in der Slowakei mit der Politik verknüpft ist.

Auf X (ex-Twitter) ist beim oft gut informierten, früheren ukrainischen Minister für wirtschaftliche Entwicklung, Handel und Landwirtschaft Tymofiy Mylovanov heute, am 26. Januar 2024, von der wundersamen Wandlung des Robert Fico zu lesen. Der slowakische Premierminister traf in Kiew (auch Kyiv) seinen Gegenpart Denys Shmygal (auch Shmyhal). Laut Mylovanov wurde vereinbart, dass die slowakische Regierung fortan den Kauf von slowkischen Waffen und anderem Kriegsmaterial nicht mehr blockieren wird – nach der Wahl hatte Fico verkündet, die Slowakei werde jegliche Militärhilfe an die Ukraine einstellen; 2022 hatte die Slowakei früh S-300 Luftabwehrmissiles sowie alte MiG-29 in die Ukraine gesandt. Allerdings fiel die Hilfe des kleinen Landes mengenmässig nicht ins Gewicht.

Die Slowakei unterstützt nun das EU-Hilfspaket für die Ukraine von €50 Milliarden. Die bisher eigentlich pro-russische Koalitionsregierung der Slowakei unterstützt die Pläne, die Ukraine in die EU zu integrieren. Die Slowakei unterstützt die Anstrengungen, von Russland deportierte ukrainische Kinder in ihre Heimat zurückzubringen. Einigkeit zwischen den beiden Ländern soll zudem bestehen bezüglich der nuklearen Sicherheit und der Wiederherstellung der territorialen Integrität der Ukraine. Beim Transit von Agrargütern aus der Ukraine durch die Slowakei wollen Robert Fico und seine Regierung ebenso helfen wie bei der Energieversorgung der Ukraine. Beide Seiten zeigen Interesse an einem gemeinsamen Bahnprojekt (von der Station Uzhhorod zur Station Haniska pri Kosiciach). All dies und mehr sollen Robert Fico und Denys Shmyhal in Kiew laut Tymofiy Mylovanov vereinbart haben.

Interessanterweise war vor kurzer Zeit ein gewisser Boris Pistorius in der Slowakei zu Gast gewesen. Hat sein Besuch etwas mit dem Sinneswandel des bisher russlandfreundlichen Robert Fico und seiner ebenso ausgerichteten Regierung zu tun? Haben EU und NATO den Herren Fico, Orban und Erdogan die Daumenschrauben angelegt? Oder haben diese Herren mehr oder weniger das bekommen, was sie von der EU im Gegenzug wollten?

Der abgewählten Regierung der Slowakei fehlte es am Zusammenhalt. Sie soll vor allem mit internen Streitereien beschäftigt gewesen sein. Das dürfte vielen Deutschen bekannt vorkommen. Im Fall der Slowakei ist es tragisch, dass die bisherige Präsidentin Zuzana Čaputová (*1973) nicht mehr zur Wahl antreten will, da sie und ihre Familie – selbst ihre Kinder – Hetzkampagnen ausgesetzt sind.

Nach der Wahl von Robert Fico hatte sich die Präsidentin übrigens erfolgreich geweigert, den dubiosen, pro-russischen Rudolf Huliak, der den Klimawandel bestreitet, als Landwirtschaftsminister zu bestätigen. Schliesslich lenkte der Premierminister ein. Der neue Agrarminister heisst nun Tomáš Taraba. Für die Slowakei wäre es am besten, die sozialliberale Umweltaktivistin Zuzana Čaputová würde nochmals für das Amt der Präsidentin kandidieren. Aus der Slowakei ist zu hören, dass Robert Fico für diesen Posten den Chef der sozialdemokratischen Hlas-Partei, den ehemaligen Premierminister Peter Pellegrini, vorgesehen hat. Die zwei hatten sich einst zerstritten. Das ehemalige Smer-Mitglied gründete daraufhin seine eigene Partei. Die zwei verstehen sich bis heute nicht. Peter Pellegrini hatte im Wahlkampf immer wieder betont, einem Kabinett von Robert Fico nicht beizutreten – und liess sich dafür wohl das Präsidentenamt in Aussicht stellen.

Robert Fico ist – wie die Herren Blanár und Pellegrini – ein schmieriger, populistischer Opportunist. Er braucht wohl das Geld von der EU noch mehr als das Wohlwollen von pro-russischen Wählern und Medien. Für die Ukraine und die EU ist dies heute für einmal ein Glücksfall. Doch die nächste Bewährungsprobe wird nicht lange auf sich warten lassen. Und da ist noch Ficos Vorbild Viktor Orban, der immer wieder für eine „Überraschung“ gut ist.

Hoffen wir das es stimmt – die Sache mit der wundersamen Wandlung des Robert Fico und seiner Regierung bezüglich der Ukraine.

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Der slowakische Premierminister Robert Fico. Foto Copyright European Commission (Lukasz Kobus) via Wikimedia.

Artikel vom 19. Januar 2024 um 19:16 deutscher Zeit. Letzter Satz hinzugefügt um 19:33 („Hoffen wir, dass es stimmt…“).