Das Luxushotel in Hamburg und seine Geschichte
1. Teil der Hotelgeschichte 1909-1932 (siehe auch die Fortsetzungen 1932 bis 1957 und 1968 bis 2004 sowie den Artikel zum 2003 eröffneten Restaurant Tsao Yang).
Das im Mai 1909 eröffnete heutige Kempinski Hotel Atlantic mit seiner weissglänzenden Fassade kann auf eine ruhmreiche Geschichte zurückblicken. Das fünf-Sterne-Hotel steht übrigens nicht am Atlantik, sondern an der Aussenalster mitten in Hamburg. Der Gründungsdirektor des Hotels hiess Atlantic Drasto und viele Passagiere von Atlantikdampfern stiegen hier ab.
Das Grandhotel befindet sich auf dem Gelände der einstigen Vorstadt St. Georg. Am Ende des Holzdammes, an dem sich heute das Eingangsportal und der Zugang zu den Festsälen befinden, lag einst der Landeplatz zum Ausschiffen von Holz und Torf für die Bewohner von St. Georg. Später legten hier auch Steinkohleschuten an. Frauen aus der Umgebung spülten hier ihre Wäsche und schöpften Trinkwasser. Später machten hier Lustschiffe für Vergnügungsfahrten halt.
1875 entstanden längs der Aussenalster Uferwege, Rasenflächen, Blumenbeete und ein flacher Sandstrand. Hinter dem Anlagenstreifen wurde die Strasse, die das Hotel von der Aussenalster trennt, immer breiter. So entstand die heutige Verkehrsachse.
Das Hotel Atlantic wurde 1909 für vierzehn Millionen Goldmark gebaut, als Inbegriff von Luxus und Genuss der gehobenen Gesellschaft der wilhelminischen Ära, mit hundert Herrschafts- und zweihundert Dienstbotenzimmern. Zu Beginn stand das Hotel übrigens noch inmitten kleinteiliger aufgereihter Wohnbauten.
Das Atlantic Restaurant. Photo Dezember 2013 © Hotel Atlantic Kempinski Hamburg.
Den Anstoss zum Projekt hatte der Unternehmer Adolf C. Eberbach gegeben. Er übernahm sich allerdings finanziell beim Bau des Grandhotels. Die Berliner Hotelgesellschaft und die Kaiserhof-Hotel AG übernahmen das Objekt, das verkehrstechnisch ideal in der Nähe des nur drei Jahre zuvor eingeweihten Hamburger Hauptbahnhofs liegt, noch vor der Eröffnung. Die Kaiserhof-Hotel AG, die der offizielle Besitzer des Hotels Atlantic war, hatte den letzten Bauabschnitt noch entscheidend mitgestaltet. Die Handänderung verlief allerdings turbulent. Nicht einmal ein notarieller Kaufvertrag wurde abgeschlossen.
Der dem Geschmack der Gründerzeit nachempfundene Fries gegenüber der Rezeption im Atlantic stellt die maritime Bedeutung der Stadt ins Zentrum. Flankiert wird er von Wandgemälden, die Handelsschiffe unter Segeln zeigen. Die Motive, von der Hansekogge bis zum Klipper, symbolisieren den Aufstieg Hamburgs zum Welthafen.
Die Berliner Hoflieferanten Gebrüder Bauer gestalteten die Eingangshalle in „nobler Schlichtheit“. Über dem Kamin hängt ein Portrait von Kaiser Wilhelm II. auf blauen Majolika-Kacheln. Es wurde zur Eröffnung des Hotels in der Halle gehängt, aber nach Ende der Herrschaft der Hohenzollern zugemauert und darüber ein maritimes Steuerrad gemalt. In der Nazizeit hing dort zwischenzeitlich ein Führerportrait. Der Kaiser kam erst bei umfangreichen Renovationsarbeiten 1978 wieder zum Vorschein. Da die Majolika-Arbeit aus einem Betrieb von Wilhelm II. stammt, dürfte es sich dabei um ein Geschenk des Hauses Hohenzollern an das Hotel handeln.
Der Erfolg des Berliner Kaiserhofs zeugte von der Kompetenz der neuen Besitzerin des Atlantic. Für das Hotelrestaurant wurde der legendäre, 1840 im sächsischen Delitzsch geborene Franz Pfordte engagiert. Er gab dafür seine 1878 eröffnete „vornehmste Gasstätte Norddeutschlands“ in Hamburg am Plan auf. Als Küchenchef engagierte er Alfred Walterspiel vom Berliner Hotel Kaiserhof, der zwar nur ein kurzes, aber wichtiges Gastspiel in Hamburg gab und danach auch andernorts gastronomische Massstäbe setzten sollte. Um die Bedeutung der Küche hervorzuheben erhielt das Hotel den Namen „Atlantic – Pfordte“, der auf einem Dachgitter oberhalb der Fassade in riesigen Lettern angebracht wurde.
Die Atlantic Bar. Photo von 2004 © Hotel Atlantic Kempinski Hamburg.
Pfordte verstand es, Kritik selbstbewusst und in feierlicher Würde in die Schranken zu weisen. Als ein Gast auf die Frage, ob ihm das Mahl gemundet habe, antwortete, es sei zwar vorzüglich, die Portion aber leider ein bisschen zu klein gewesen, weshalb man nicht satt geworden sei, sagte Pfordte in einer Sanftheit, die jeglichen Widerspruch im Keim erstickte: „Mein Herr, sie sollen sich bei mir nicht satt essen, sie sollen sich an den erlesenen Genüssen meiner Küche nur etwas delektieren.“
Unter den Ehrengästen bei der Eröffnungsgala waren der Erste Bürgermeister von Hamburg sowie Fürst Bernhard Graf von Bülow, der im Kaiserreich unter anderem als (nicht sehr erfolgreicher) Reichskanzler gewirkt hatte. Der Reeder des Kaisers, Albert Ballin, der die Hapag zu Weltgeltung geführt hatte, war auch zugegen. Dank ihm war das Hotel bereits am ersten Freitag nach der Eröffnung ausgebucht, denn er brachte auf einen Schlag 260 Gäste, die im Atlantic auf die bevorstehende Fahrt auf einem Dampfer der Hamburg-Amerika-Linie eingestimmt wurden.
Das Logieren von Gästen der Hapag (und anderer Reedereien) im Hotel Atlantic wurde in der Folge zur Tradition. Der gigantische Atlantikdampfer „Imperator“ mit seinen 52,100 BRT wurde drei Jahre nach dem Hotel fertiggestellt. Damit hatte Alfred Ballin das schnellste Ozeanschiff in Dienst gestellt, das den Geist und den Höhepunkt der wilhelminischen Epoche verkörperte. Viele Passagiere der „Imperator“ waren bei Ankunft und Abfahrt des Schiffes in Hamburg Gäste des Hotels. Dasselbe galt für die 1913 getaufte „Vaterland“.
Vom revolutionären Treiben beim Übergang vom Kaiserreich zur Republik blieb das Hotel Atlantic glücklicherweise verschont. Lange Jahre stand mit Walter Heyn ein Direktor an der Spitze, der zuvor in Cannes, Monte Carlo, Baden-Baden, Marienbad und Kiel gearbeitet hatte, ehe er nach Hamburg kam. Aus England hatte er den dort typischen „way of life“ mitgebracht, womit er ideal dem Wunsch des notorisch anglophilen Hamburger Publikums entsprach. In den Jahren der Weimarer Republik wähnte man sich im Atlantic auf einem englischen Landgut, so der Autor eines damaligen ausführlichen Almanachs zum Hotel, das seit 1919 zum Stinnes-Konzern gehörte.
Updates:
9. Dez. 2013: 2012 wurde das komplett renovierte Hotel Atlantic Kempinski Hamburg wieder eröffnet. Es verfügt über 245 Zimmern, darunter 30 Suiten. Sollte ich 2014 erstmals seit 2004 wieder im Atlantic nächtigen, werden neue Eindrücke folgen. Neue Fotos zum Artikel hinzugefügt.
2. Okt. 2010: Die Fertigstellung des ersten Abschnitts der Generalsanierung des Hotel Atlantic Kempinski in Hamburg wird sich um circa drei Monate verzögern. Geplanter Fertigstellungstermin ist nun März 2011. Das Traditionshotel Atlantic Kempinski in Hamburg wird seit Beginn dieses Jahres für rund 25 Millionen Euro komplett saniert. Dabei werden sämtliche Zimmer und Suiten auf allen vier Stockwerken rückgebaut und entkernt. „Wir bedauern die leichte Verzögerung der Generalsanierung sehr. Leider haben wir bei den Rückbaumaßnahmen in den über einhundertjährigen Gemäuern teilweise andere Bedingungen vorgefunden als bei der Vorplanung erwartet“, so Uwe Klaus, Geschäftsführer der Octavian Hotel Holding GmbH. Die Octavian Hotel Holding GmbH mit Sitz in Neu-Isenburg ist eine markenunabhängige Hotelgesellschaft, die aktuell sechs Hotels in Deutschland mit rund 1.300 Zimmern betreibt. Zur Gesellschaft gehören die fünf Kempinski Häuser „Bristol“ in Berlin, „Taschenbergpalais“ in Dresden, „Atlantic“ in Hamburg, „Gravenbruch“ in Frankfurt und „Schloss Reinhartshausen“ im Rheingau sowie das „Mercure Parkhotel“ in Görlitz. Sämtliche Aktivitäten der Octavian Hotel Holding GmbH sind in der Octavian King Holdings N.V., Rotterdam, gebündelt.
27. Mai 2010: Laut Pressemeldungen ist der Miteigentümer des Hotels Atlantic, Dieter Bock, einer der reichsten Deutschen, am 12. Mai beim Abendessen im eigenen Hotel erstickt („Aspiration beim Abendessen“, so die Meldung ohne Details). Das Hotel wird zur Zeit für 25 Millionen Euro renoviert. 2008 wurden dem Atlantic die 5 Sterne entzogen, weil seit längerem nicht mehr richtig investiert wurde. Es verlor zudem die Mitgliedschaft bei den Leading Hotels of the World. Dieter Bock von der Octavian Hotel Holding GmbH wollte das Hotel mit den Investitionen zu neuer Blüte führen.
Quelle, Literatur
Das Atlantic Hotel zu Hamburg 1909-1999. Hg. Kempinski Hotel Atlantic Hamburg, 269 Seiten.
Sicht von der Aussenalster auf das Hotel. Neues Photo hinzugefügt im Dezember 2013. Photo © Hotel Atlantic Kempinski Hamburg.
Superior Suite mit Alsterblick. Photo Dezember 2013 © Hotel Atlantic Kempinski Hamburg.
Superior Suite mit Alsterblick. Photo Dezember 2013 © Hotel Atlantic Kempinski Hamburg.
Ein renoviertes Deluxe Zimmer mit Alsterblick. Photo Dezember 2013 © Hotel Atlantic Kempinski Hamburg.
Das Atrium. Photo Dezember 2013 © Hotel Atlantic Kempinski Hamburg.
Artikel vom 14. Januar 2004.