Der Film Lamborghini: The Man Behind the Legend (DVD bei Amazon.de; Blu-ray bei Amazon.de) von Regisseur und Drehbuchautor Bobby Moresco basiert auf dem italienischen Buch Ferruccio Lamborghini: La Storia Ufficiale (Amazon.de) aus dem Jahr 2016. Geschrieben hat es Ferruccio Lamborghinis Sohn Tonino, dessen Mutter Clelia Monti tragischerweise bei der Geburt verstarb. Der Film zeigt das Leben und die Karriere des charismatischen Ingenieurs, Unternehmers und Winzers Ferruccio Lamborghini (1916-1993). Sein Aufstieg war nicht einfach. Sein Privatleben ebensowenig.
Nach dem Zweiten Weltkrieg baute Lamborghini aus alten Militärfahrzeugen günstige, traktorenähnliche Landwirtschaftsfahrzeuge (carioche). 1949 gründete er das Unternehmen Lamborghini Trattori, das rasch zu einem der führenden Traktorhersteller in Italien aufstieg. Er setzte auf Innovation und baute 1954 als erster Traktoren mit Direkteinspritzung und Luftkühlung.
Uns ist der Name Lamborghini natürlich nicht wegen der Traktoren geläufig, sondern weil Ferruccio in Sant’Agata Bolognese 1963 die Firma Automobili Ferruccio Lamborghini S.p.A. gründete, die uns so ikonische Sportwagen wie den Miura (von 1966 bis 1973 gebaut) und den Countach (1974-1990) hinterlassen hat.
Als das Museum of Modern Art in New York den Lamborghini Miura ausstellte, stand daneben, dies sei das schönste je gebaute Auto («The Most Beautiful Car Ever Made»).
Der Traktorenhersteller Lamborghini Trattori gehört bereits seit 1973 zu Same Trattori, der Sportwagenhersteller Lamborghini in Sant’Agata Bolognese wurde 1998 von Audi gekauft und gehört daher heute zu Volkswagen.
Wer nichts vorab aus dem Film wissen möchte, sollte den Rest des Artikel erst nach dem Filmschauen lesen.
Einiges im Film ist fiktiv. Lamborghini: The Man Behind the Legend (DVD bei Amazon.de; Blu-ray bei Amazon.de) beginnt mit Impressionen eines Autorennens zwischen einem roten Ferrari 250, gesteuert von Enzo Ferrari, sowie einem blauen Lamborghini Countach, gefahren von Ferruccio Lamborghini.
Kurz darauf folgt ein Schnitt und wir befinden uns am Ende des Zweiten Weltkriegs in Cento, Italien. Das erste Filmkapitel ist überschrieben mit dem Titel «Träume» («Dreams»). Zwei junge Soldaten in Uniform kehren zurück nach Hause. Der eine ist Ferruccio Lamborghini (gespielt von Romano Reggiani), der sofort seine hübsche, blonde Freundin besuchen geht. Seinem Vater sagt er: «Die Welt hat sich verändert, die Landwirtschaft ist nicht mehr alles. Nicht hier – und nicht in Italien. Wir suchen eine Unterkunft in der Stadt.» Der Vater: «Und der Hof, was ist damit?» Ferruccio: «Ich will ihn nicht, Papa. Gib ihn den anderen. Sie haben dafür geschuftet. Ich möchte ein Unternehmen aufbauen, und Traktoren bauen. Kleinere, billigere Traktoren, als die, die jetzt überall gebaut werden.» Vater: «Du bist Landwirt.» Ferrucio: «Ich war im Krieg Landwirt, Papa? Ich war Mechaniker. Ich hab‘ was über Maschinen gelernt und über Autos und über Motoren.»
Im Film will Ferruccio Lamborghini einen besseren Traktor für weniger Geld bauen als jenen, den der einzige Anbieter in der Region fertigt. Dann würden die Leute seinen kaufen. «Wir haben einen Plan, Papa. Wir nehmen an der Terra dei Motori teil. Und sollten wir gewinnen – wenn wir gewinnen -, dann nutzen wir das Prestige und sammeln Geld für den ersten Traktor.»
Mit seinem Freund Matteo (gespielt von Matteo Leoni) will er dies tun. Sie werden einen Rennwagen bauen. Sie werden sich einen Topolino für nichts kaufen, dem sie den Motor erneuern, den Hubraum vergrössern, aus einem 500 ccm machen sie einen 650er. Er habe zudem eine Idee für einen neuen Zylinder mit hängenden Ventilen, den er ganz billig aus Bronze bauen könne. Das werde schneller als jedes andere Auto im Rennen werden. Er könne das Leben von jedem Bauern verbessern. Die Regierung habe verstanden, dass sich die Welt verändert habe. Der Staat helfe mit Krediten, um das Land wieder aufzubauen. Ein Mann der keine Schulden habe, habe keinen Grund zu arbeiten, habe er, Papa, ihm immer wieder gesagt.
Ferruccio ist zuversichtlich, dass er es schaffen kann. Die Männer leben und sterben, doch einige wenige würden weiterleben. Er wolle, dass ihr Name, Lamborghini, weiter lebe. Der Vater ist skeptisch. Der Sohn: «Warum glaubst Du nicht an mich?» Vater: «Ich glaube, an was ich sehe.»
Sechs Monate später beginnt das Rennen Terra dei Motori, bei dem «der grosse Enzo Ferrari» den ersten Preis überreichen wird. Ferrari hat sich gerade von Alfa Romeo getrennt, und wird bei der Mille Miglia im folgenden Jahr sein eigenes Auto präsentieren. Ferrucio sieht Ferrari und meint, dieser tue so, als würde ihm die Welt gehören. Matteo meint, das tue sie auch.
Im Film ist dies der Beginn der Rivalität zwischen Ferrari und Lamborghini. Während des Rennens greift Ferruccio seinem Freund Matteo ins Lenkrad, damit dieser einen Mercedes überholt. Sie landen leicht verletzt in einem Feld. Dann kommt kurz ein Schnitt zurück zur Anfangsszene mit dem Rennen zwischen dem Ferrari und dem Lamborghini.
Im zweiten Kapitel «Goldene Jahre» («Golden Years«) spielt nun Frank Grillo den älteren Ferruccio Lamborghini. Die grossartige Mira Sorvino (Oscar für die beste Nebenrolle in Woody Allens Mighty Aphrodite) ist in der kleinen Rolle als seine zweite Frau Annita zusehen.
Ferruccio Lamborghini fährt ein silbergraues Ferrari Cabriolet 250 GT, beklagt sich über die Kupplung, die nie funktioniert. Ein Neuseeländer namens Bob Wallace (Patrick Brennan) kommt in die Autofabrik, einen Job suchend. Er weiss nicht, dass er mit Ferruccio spricht, der eine seiner Traktor-Kupplungen in den Ferrari einbauen will. Der Unternehmer und Ingenieur fragt den Kiwi, was er machen müsse. Der meint, einfach nur einbauen, so sieht es auch Ferruccio.
Die legendäre Szene zwischen Ferrari und Lamborghini darf nicht fehlen, wobei niemand weiss, ob sie so oder überhaupt stattgefunden hat: Ferruccio Lamborghini trifft auf Enzo Ferrari, Bob Wallace steht nahe dabei, bei Ferruccios Ferrari, und beobachtet die Szene. Lamborghini sagt Enzo, er haben sieben Ferrari, für jeden Tag einen. Bei allen Ferraris gebe es ein Problem, die Kupplungen seien schlecht. Lamorghini: «Sie wissen wer ich bin.» Enzo: «Oh ja, Sie bauen Traktoren». Ferruccio: «Und Klimaanlagen und Heizungen.» Enzo: «Ahh [in herablassendem Ton]. Ich habe eine Verabredung zum Essen.» Enzo dreht sich weg und geht. Ferruccio: «Verzeihen Sie. Ihre Kupplungen werden ihren Autos nicht gerecht. Ich komme als Freund. Sie kennen das Problem. Ich bin nicht der erste, der das sagt. Ich hab‘ die Lösung. Wenn sie eine Partnerschaft in Betracht ziehen. Ferrari – Lamborghini. Wir bauen die besten Autos der Welt.» Enzo herablassend: «Gehen Sie wieder zu ihren Traktoren, Landwirt.» Ferrari sitzt bereits im Auto. Lamborghini klopft ans Fenster: «Sie bestehlen die Menschen. Sie verlangen zehn Mal mehr als es mich kostet, eine bessere Kupplung in meine Traktoren einzubauen.» Enzo: «Wissen Sie, was man über Lamborghini sagt? Er ist viel zu ungebildet, um zu verstehen, was er nicht weiss?»
Natürlich hat Lamborghini den Fedehandschuh aufgenommen. Lamborghini-Fans wissen, diese Autos sind nach Stieren benannt. Im Film besucht Ferruccio mit seiner Frau eine Ausstellung zu Fotos von Stierkampfszenen. Ein Stier heisst Miura. Lamborghinis Sohn Tonino fragt, warum der Stier nicht wegrennt. Ferruccio: «Weil er ein Champion ist.» Er ergänzt: «Der Stier ist alles. Unvergesslich.» Annita (Mira Sovino): «Woran denkst Du?» Ferrucio: «An ein Auto. Eins, das noch nicht existiert, das so stark und mächtig und unvergesslich ist wie der Stier. Ich werde es bauen.»
Im Film gibt es eine Szene aus der Werkstatt mit Ferruccio und seinen Mitarbeitern Giotto Bizzarrini (gespielt von Luca Riemma), der früher für Ferrari arbeitete, Gian Paolo Dallara (Leonardo Cecchi), früher bei Maserati, und Franco Scaglione (Andrea Bruschi), früher bei Alfa Romeo. Bizzarrini und Dallara sind der Meinung, ein von Lamborghini vorgeschlagenes Auto sei nicht baubar. Scaglione hingegen denkt, das gehe schon. Der Lamborghini 350 GT soll ein revolutionärer V12-Tourenwagen werden: mit doppelter Nockenwelle, Trockensumpfschmierung (wird dann auf Nasssumpfschmierung umgestellt), 5-Gang-Getriebe, einem Sperrdifferential, zwei Zündspulen statt einer, sechs Doppelvergasern, und all das in einem 3,5-Liter Motor, da ein 4-Liter zu schwer wäre für die Kraft und die Geschwindigkeit, die Ferruccio vorschwebt. Der Lamborghini 350 GT soll in nur sechs Monaten am Genfer Automobilsalon vorgestellt werden, an der Geneva Auto Show 1964.
Später im Film gibt es eine (fiktive) Szene vom Genfer Automobilsalon, an dem Ferrucio Enzo eine Zeichnung übergeben lässt, in der sein Stier Ferraris Cavalino rampante… Aber dafür müssen Sie den Film sehen. Haha… Nur noch soviel: Ferruccio sagt bei der Genfer 350 GT-Präsentation: «Sie kaufen einen Ferrari, wenn Sie jemand sein wollen. Sie kaufen einen Lamborghini, wenn Sie jemand sind.»
Abschliessend nur noch meine Lieblingszeile dieses Films, gesprochen von Mira Sorvino als Annita, Lamborghinis zweiter Frau. Am Ende eines erhitzten Gesprächs beim Abendessen steht Annita auf und übergibt Ferruccio eine Mappe. Ferruccio: «Was ist das?» Annita: «Lebensläufe. Für deine neue Sekretärin. Ich hab‘ die Blonde gefeuert, die du vögelst.»
Diese und viele andere Szenen sind zu finden im Film von Bobby Moresco (Regie und Drehbuch): Lamborghini: The Man Behind the Legend. DVD und Blu-ray, April 2023. Die DVD bestellen bei Amazon.de. Die Blu-ray bestellen bei Amazon.de.
DVD-Ausstattung: Bildformat: 2.39:1 in 16:9: Tonformat: Deutsch Dolby Digital 5.1; Deutsch Dolby Digital 2.0; Englisch Dolby Digital 5.1; deutsche Untertitel für Hörgeschädigte. Länge: ca. 93 Minuten; Extras: Behind the Scenes (ca. 9 Minuten). DVD bei Amazon.de.
Blu-ray: Bildformat: 2.39:1 in 16:9; Tonformat: Deutsch DTS – HD 5.1; Deutsch Dolby Digital 2.0; Englisch DTS -HD 5.1; deutsche Untertitel für Hörgeschädigte: Länge: ca. 97 Minunten; Extras: Behind the Scenes (ca. 9 Minuten). Blu-ray bei Amazon.de.
Die Vorlage für den Film bildet das italienische Buch von Tonino Lamborghini Ferruccio Lamborghini: La Storia Ufficiale, Minerva Edizioni, 2016, 288 Seiten. Das Buch bestellen bei Amazon.de.
Cast / Besetzung:
– Frank Grillo in der Rolle von Ferruccio Lamborghini
– Romano Reggiani als junger Ferruccio Lamborghini
– Gabriel Byrne als Enzo Ferrari
– Matteo Leoni als Matteo
– Hannah van der Westhuysen als Clelia, Ferruccios erste Frau
– Mira Sorvino als Annita, Ferruccios zweite Frau
– Chiara Primavesi als junge Annita
– Francesca Tizzano als Gabriella
– Patrick Brennan als Bob Wallace
– Lorenzo Viganò als Tonino Lamborghini
– Luca Riemma als Giotto Bizzarrini
– Leonardo Cecchi als Gian Paolo Dallara
– Andrea Bruschi als Franco Scaglione
etc.
Filmkritik vom 6. April 2023 um 15:44 deutscher Zeit.
