Louisa’s Place in Berlin

Jun 25, 2020 at 17:22 2031

Nach einem dreimonatigen – in dieser Länge unfreiwilligen – Exil in Moldawien schaffte ich es Mitte Juni nach Berlin, wo es sogleich in Louisa’s Place am Kurfürstendamm 160 ging, denn es ist das ideale Hotel während der Coronakrise: Alle 47 Suiten in Grössen von 41 bis 103 Quadratmetern sind als Apartments angelegt und besitzen komplett ausgestattete Küchen, weshalb Gäste hier, falls gewünscht, sich selbst bekochen können.

Wer zu faul zum Kochen ist bzw. dies nicht auf hohem gastronomischen Niveau kann, für den ist der Gang ins SAVU Restaurant des finnischen Küchenchefs Sauli Kemppainen empfehlenswert, das dem Hotel angegliedert ist. Ich war nicht da für eine Kritik, dennoch hier kurz mein Eindruck: Das Gurkenrisotto mit Zucchini und Basilikum war ebenso brilliant und subtil in der Geschmackszusammenstellung wie die Nachspeise mit Gorgonzola, Eis und Rosenblüte. Die Hauptspeise war selbst für einen Gourmet-Tempel etwas klein proportioniert. Dennoch ist SAVU allen Feinschmeckern sehr ans Herz zu legen. Das 2018 eröffnete Restaurant ist seit 2019 mit einem verdienten Michelin-Stern ausgezeichnet.

Louisa’s Place und SAVU Restaurant haben übrigens tolle Rotweine im Angebot, die vom Familienunternehmen des Hotel-Mitgesellschafters Pierre Ehret Partners stammen. Die Ehret Family Winery im Knights Valley, Sonoma County, in Kalifornien überzeugte mich bereits bei früheren Hotelaufenthalten. So probierte ich 2013 einen Cabernet Sauvignon Louisa’s Place Special Edition aus dem Jahr 2006 mit 14.5%-Alkohol und einem prononcierten Geschmack nach schwarzen Johannisbeeren und Tabak sowie Vanille im Abgang. Im Juni 2020 schliesslich trank ich einen 2010 Bella’s Blend Rotwein mit 81% Cabernet Sauvignon- und 19% Cabernet Franc-Trauben. Auf dem Etikett steht maximal 10-12 Jahre lagern (jetzt gerade ideal zum Trinken), 14,5%-Alkohol, Geschmack nach Pflaumen, schwarzen Kirschen und Walnuss sowie etwas Holzgeschmack. Unbedingt probieren!

Historisches Foto aus der Zwischenkriegszeit. Photo Copyright © Hotel Louisa’s Place.

Das 1904 errichtete Bürgerhaus am Kurfürstendamm 160 diente abwechselnd als Geschäfts- und Wohnhaus bzw. als grossbürgerliches Hotel mit Ladengeschäften und Gastronomiebetrieben. Bis in die Mitte der 1990er Jahre befand sich hier die weltbekannte Piano-Bar Chez Alex des gebürtigen Russen Alexander Kozulin, der hier den Jet Set empfing: Prinz Albert von Monaco, Gloria von Thurn und Taxis, Joan Collins, Hildegard Knef und viele weitere Berühmtheiten.

Danach wurde das durch die Kriegsjahre und einen späteren Brandschaden mitgenommene, jeweils wieder instandgesetzte Gebäude aufwendig totalsaniert und zur Luxus-Seniorenresidenz umgebaut. Nur die denkmalgeschützte Aussenfassade, viele Stuckelemente im Treppenhaus und einige andere Details sind original. Innen wurde das Haus weitgehend entkernt, um es den Erforderungen der heutigen Zeit anzupassen.

Doch noch ehe die Senioren einzogen, orientierten sich die Bauherren (eine Versicherung) strategisch um. So konnten die Gebrüder Pierre und Matthias Ehret das Haus erwerben. Es wurde von der Betreiberfirma Ehret & Schimank GmbH zu einem luxuriösen Apartment-Hotel umfunktioniert, das vom geschäftsführender Gesellschafter Sven Schimank geleitet wird.

Das Innendesign stammt von Etchika Werner aus Berlin, die als Haute-Couture-Inneneinrichterin des Jahres 2000 ausgezeichnet wurde. Ihre Ideen umgesetzt hat die Firma Stadler aus Offenbach. Das Soft-Opening von Louisa’s Place erfolgte im Oktober 2003.

Im Empfangsbereich fiel mir 2005 bei meinem ersten Hotelbesuch ein farbenfroher Savonnerie-Teppich aus der Manufacture d’Aubusson auf. Er wurde an einem Hochwebstuhl in einer auf das 17. Jahrhundert zurückgehenden französischen Technik Knoten für Knoten handgeknüpft – in 400 bis 600 Arbeitsstunden pro Quadratmeter.

Der repräsentativste Raum des Hotels ist die Bibliothek, die grossbürgerliche Atmosphäre ausstrahlt. Die Holzverkleidungen und der Tafelparkettboden sind aus massiver Eiche. Die zwölfteilige Louis-Seize-Boiserie mit geschnitzten Schleifen, Blütenbehang und anderen floralen Elementen stammt wohl aus Frankreich aus der Zeit um 1770/80. Mandolinen, Geigen, Posaunen, Jagdhörner und weitere Schnitzereien weisen darauf hin, dass die Wandtäfelung wohl einst ein Musikzimmer schmückte.

Das Tafelparkett in der Bibliothek stammt von einer französischen Möbel- und Parkettschreinerei. Es wurde in Handarbeit im Stil von Schloss Versailles gefertigt. Der Teppich in schlichtem Sisalgewebe vor dem rein dekorativen Kamin wurde nach alten Aubusson-Teppichmotiven mit ölhaltigen Farben bemalt und stammt von Studio London. Die Fenstervorhänge sind aus feinstem glatten Taftgewebe von Lelièvre, Paris. Die Gemälde mit Windspiel-Szenerien sind Kopien nach historischen Motiven, hergestellt in Paris.

Nein, die Statue im Treppenhaus von Louisa’s Place zeigt nicht die Namenspatronin des Hotels, die  preussische Königin Luise (1776-1810), sondern Polihymnia, die Muse der Hymnendichtung. Das Original steht im Park Sanssouci.

Das Gartenzimmer nebenan mit Blick auf den Gartenhof dient als Frühstückszimmer, kann aber gleichzeitig als Multimediaraum für Präsentationen, Konferenzen und Empfänge genutzt werden. In diesem Raum des Tages – im Gegensatz zur Bibliothek als Raum des Abends – dominieren helle Farben. Das Schmuckstück ist der Ofen aus weissglasierten historischen Kacheln, wobei Profile, Gesimse und der Vasenaufsatz aus Terracotta den klassizistischen Ursprung betonen. Der Ofen ist übrigens nicht reine Dekoration, sondern beim Absinken der Aussentemperatur unter dreizehn Grad heizt ein Thermostat die Kacheln auf.

Eine Besonderheit im Treppenhaus bilden die Lithophanien. Dabei handelt es sich um dünne Porzellanplättchen, sogenannte Scherben, mit eingepressten bildlichen Darstellungen. Die Transparenz des Porzellans und die unterschiedliche Scherbendicke rufen im Gegenlicht die Illusion hervor, ein Foto zu betrachten. Die Lithophanien in Louisa’s Place zeigen hauptsächlich Motive von Berliner Baudenkmälern. In den letzten Jahren wurden neu auf den Hotelgängen Fotos mit historischen Motiven gehängt.

Die Suiten sind mit klassisch-stilvollen Möbeln von zeitgenössischer Funktionalität möbliert, die mit warmen Parkettböden kombiniert wurden. Sanfte Naturfarbtöne und helle Wände prägen die Räume. Die Wände sind mit wie Aquarelle wirkenden, raffiniert digital nachbearbeiteten Hotelfotografien der Künstlerin Nele Bednarczyk dekoriert.

Die Küchen der Suiten sind modern und voll ausgestattet. Die Kommunikation mit der Welt ist über Wifi gesichert. Auf Wunsch werden die Apartments der Langzeitgäste dem jeweiligen Geschmack entsprechend mit Pflanzen, Bildern und Büchern ausgestattet. Auf spezielle Bedürfnisse wie eine Kindereinrichtung oder ein Piano geht Louisa’s Place natürlich auch ein.

Wer unbedingt eine Badewanne möchte, sollte diesen Wunsch bei der Reservation angeben, denn zur Zeit verfügen nur zwei Suiten über Badewanne und Dusche, alle anderen bieten nur eine Dusche. Dafür wartet der Wellnessbereich mit Pool, Aromadampfbad und Sauna auf, wobei in Corona-Zeiten der Pool leider noch gesperrt ist. Doch der Fitnessraum ist geöffnet, und auf Wunsch werden Kosmetik- und Massagebehandlungen angeboten. Illusionistische Wandmalereien im Spa zeigen mit künstlerischer Freiheit bedeutende Bauwerke der Potsdamer Kultur- und Parklandschaften, darunter Schloss Charlottenhof und das Neue Palais.

Ein neben der Rezeption gelegener Aufenthaltsraum. Photo Copyright © Hotel Louisa’s Place Berlin.

Louisa’s Place ist ideal für Langzeitgäste, die sich auch mal selbst versorgen, also nicht in den üblichen Hotels absteigen möchten, Privatsphäre schätzen und dennoch nicht auf den Komfort eines Luxushotels verzichten möchten. Zu den Gästen gehören insbesondere Leute aus dem Filmgeschäft (Babelsberg), die hier untergestört länger wohnen können. Namen werden nicht genannt, denn Diskretion gehört zum Konzept von Louisa’s Place.

Das Hotel liegt im Herzen der City West am Kurfürstendamm 160. Die traditionsreiche Flanier- und Einkaufsmeile entstand um 1900 als Prachtstrasse des Bürgertums. Sie bietet heute edle Boutiquen wie Louis Vuitton, Prada, Cartier oder Bucherer, um nur einige zu nennen. Sehenswürdigkeiten wie die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche und der Zoologische Garten sowie Kinos und die Deutsche Oper liegen nahe. Eine Reihe von Cafés und Restaurants laden zum Verweilen ein.

Zum Erkunden der Stadt ist Louisa’s Place verkehrsgünstig direkt an der U-Bahn-Station Adenauerplatz gelegen, von wo aus übrigens ein Bus zum (noch bis September geföffneten?) Flughafen Tegel fährt.

Das Gemälde aus dem Jahr 1802 zeigt die berühmte Namensgeberin des Hotels, Königin Luise von Preussen (1776-1810) bzw. Louise von Mecklenburg-Strelitz. Gemalt hat es Josef Mathias Grassi (1757-1738). Das Werk kann im nahegelegenen Schloss Charlottenburg bewundert werden (Foto Wikipedia, public domain). Für das Hotel wurde ihr Name anglisiert. Bereits zu ihrer Zeit wird sie neben Luise auch „Louise“ bzw. „Louisa“ genannt. Sie galt als besonders herzlich und natürlich. Genau das erwartet man von einem Apartment-Hotel: Keine aufgesetzte Höflichkeit, keine uniformen Standards. Stellvertretend für Luise hat Prinzessin Edelgard von Preussen die Patenschaft für das Haus übernommen.

Oben zwei Fotos mit meinem Zimmerfrühstück: Der Orangesaft ist bereits weg, Tomatensaft und Grüntees warten noch wie Käseplatte, Müsli mit Frischjoghurt, Beeren und Früchte, Brötchen, Salzbretzel, Gipfeli (wie wir Schweizer sagen), Honig, vegetarische Brotaufstriche, etc. auf’s Verputzen. Am TV läuft die Bundestagsdebatte zur Finanzpolitik in der Corona-Krise, auf dem Laptop ist der Artikel zum französischen Katalog der François Depreaux-Ausstellung in Rouen fast fertig. Photo Copyright © Hotel Louisa’s Place, Berlin.

Hotel Louisa’s Place in Berlin: Der Blick vom Schlaf- ins Wohnzimmer. Foto Copyright © Hotel Louisa’s Place, Berlin.

Die Hotelbar. Photo Copyright © Hotel Louisa’s Place Berlin.

Blick in die Bibliothek. Photo © Hotel Louisa’s Place Berlin. Bücher zu Berlin bei Amazon Deutschland

Die Terrasse hinter dem Hotel. Fotos Copyright © Hotel Louisa’s Place Berlin.

Der Poolbereich im Hotel Louisa’s Place in Berlin. Links im Hintergrund sieht man den Eingang zum und die Sprossenwand im kleinen Fitnessbereich. Photo Copyright © Hotel Louisa’s Place Berlin.

Das Foto des grossen und langen Wintergartens meiner Suite 2008. Auf dem Fenstersims stehen acht schmucke Kistchen mit roten Geranien. Auf der anderen Seite steht noch ein Tischchen mit einem Polstersessel. Fotos Copyright © Hotel Louisa’s Place, Berlin.

Die Aussenansicht von Louisa’s Place, dem idealen Coronakrise-Hotel in Berlin. Alle Fotos Copyright © Hotel Louisa’s Place Berlin.

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Hotelkritik mit hochauflösenden Fotos vom 25. Juni 2020. Hinzugefügt um 17:22 Berliner Zeit. Aufdatiert am 26. Juni 2020 um 15:49.