Der deutsche Wähler scheint intelligenter zu sein als befürchtet. Er hat Merkel zurecht abgestraft. Und mit ihr die Union sowie die SPD mit dem Mann aus Würselen.
Die Koalition aus CDU, CSU und SPD hat massiv an Zustimmung verloren. Dennoch wurden die extremen Ränder nicht so stark, um eine Koalition (halbwegs) vernünftiger und demokratischer Parteien verhindern zu können.
Laut dem vorläufigen amtlichen Ergebnis kommt die Union von CDU und CSU auf nur noch 33%, die SPD auf 20,5%, die AfD auf 12,6%, die FDP auf 10,7%, die Linke auf 9,2%, die Grünen kommen auf 8,9% der abgegebenen Stimmen. Auf die restlichen Parteien fallen insgesamt 5% der Stimmen.
Somit hat die Union aus CDU und CSU im Vergleich zur letzten Bundestagswahl 8,6% der Stimmen verloren und damit das zweitschwächste Resultat seit dem Krieg eingefahren (1949 gab es nur 31%). Für die CSU alleine bedeuten ihre 38,8% das zweitschlechteste Resultat seit 1949. Die SPD hat 5,2% verloren und damit das für sie erbärmlichste Resultat der Nachkriegszeit eingefahren. Die Grünen gewannen 0,6% hinzu, die Linke steht 0,6% besser da. Die grossen Wahlgewinner sind die FDP mit einem Plus von 6% und die AfD mit einem gewaltigen Anstieg um 7,9%, wobei laut einer Wählerbefragung von infratest dimap 60% der AfD-Wähler diese Partei aus Protest, aus Unzufriedenheit mit den etablierten Parteien gewählt haben.
Bei einem solchen Wahlresultat müsste eigentlich die Regierungschefin abtreten. Doch laut einer Umfrage von infratest dimap sind 97% der CDU-Wähler sowie 64% aller Wähler mit der Arbeit von Angela Merkel zufrieden.
Nach dem politischen Erdrutsch sagte Kanzlerin Merkel allen Ernstes am 24. September 2017 in der Berliner Runde in der ARD nach der Veröffentlichung erster Hochrechnungen: „Ich hätte mir sicherlich ein etwas besseres Ergebnis gewünscht. Aber ich bin nicht enttäuscht.“ Sie tröstete sich mit dem Faktum, dass die CDU nach wie vor die stärkste Kraft im Parlament ist und gegen die Union keine Koalition möglich sei.
Ministerpräsidentin Manuela Schwesig sagte am Wahlabend bei Anne Will, der Wähler habe die Grosse Koalition abgewählt, weshalb die SPD in die Opposition gehe. Da bleibt nur noch Jamaica als seriöse Koalitionsalternative übrig.
Bereits 2012 haben wir die magere Bilanz von Angela Merkel beklagt und ihren Abgang gefordert. Doch nach wie vor besteht das Problem, dass niemand in Sicht ist, der sich aufdrängt, um die Kanzlerin zu ersetzen. Dass viel Wechselwillen da ist, zeigten die Umfragen nach der Kanzlerkandidatur von Martin Schulz, als die Werte für die SPD kurzzeitig auf bis zu 33% hochschnellten. Gäbe es eine echte Alternative zu Merkel, wäre die erste Kanzlerin Deutschlands schon längst Geschichte.
Weitere Lektüre:
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– Nikolaus Blome: Angela Merkel – Die Zauderkünstlerin.
– Judy Dempsey: Das Phänomen Merkel.
– Margaretha Kopeinig: Martin Schulz – vom Buchhändler zum Mann für Europa: Die Biografie. Gebundene Ausgabe – 15. Oktober 2016. Czernin Verlag, 280 Seiten. Dies dürfte die erste zu Martin Schulz geschriebene Biografie sie, die allerdings sehr wohlwollend, ja unkritisch ausfiel. Die Biografie bestellen bei Amazon.de.
– Manfred Otzelberger: Martin Schulz – Der Kandidat. Die Biografie. Herder Verlag, April 2017, 224 Seiten. Das Buch bestellen bei Amazon.de.
– Martin Häusler: Verstehen Sie Schulz: Wie der mächtigste Mann der SPD wurde, was er ist. Europa Verlag, Mai 2017, 208 Seiten. Bestellen bei Amazon.de.
– Cord Balthasar: Martin Schulz: Die Biografie. riva Verlag, April 2017, 128 Seiten. Das Buch bestellen bei Amazon.de.
– Martin Winter: Macht Mensch Martin Schulz. Ein politisches Porträt. Süddeutsche Zeitung, April 2017, 176 Seiten. Bestellen bei Amazon.de.
– Martin Schulz: Der gefesselte Riese: Europas letzte Chance. Rowohlt Berlin, 2013, 272 Seiten. Das Buch von Martin Schulz bestellen bei Amazon.de.
[Photo added on April 15, 2020: The German Chancellor Angela Merkel. Photo: Sandro Halank / Wikipedia / Wikimedia Commons].
Artikel vom 25. September 2017 um 09:51 Berliner Zeit. Zuletzt aufdatiert am 30.9.2017 um 16:51