Paul Klee. Konstruktion des Geheimnisses. Der Katalog zur Ausstellung in der Pinakothek der Moderne in München

Jul 22, 2018 at 18:32 993

Am 10. Juni ging die herausragende Ausstellung Paul Klee. Konstruktion des Geheimnisses in der Pinakothek der Moderne in München zu Ende. Sie wurde begleitet von einem ebenso empfehlenswerten Ausstellungskatalog. Das von Oliver Kase herausgegebene Buch ist gewichtig in Kilo wie in Beiträgen. Nicht zuletzt überzeugt es mit exzellenten Abbildungen inbesondere der ausgestellten Werke. Hirmer Verlag, 2018, 456 Seiten, 385 Abbildungen in Farbe, gebunden, 23 x 30 cm. Den Katalog bestellen bei Amazon.de.

Erstmals widmete die Pinakothek der Moderne in München Paul Klee eine bedeutende Ausstellung. Die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen besitzen ingesamt 20 Werke des Künstlers. Diese wurden zusammen mit 130 Leihgaben in einer Ausstellung präsentiert, deren Schwerpunkt auf Klees Jahren am Bauhaus lag.

Der dazugehörige, bei Hirmer erschienene Band ist bereits vergriffen, was für seine Qualität spricht. Das einzig nicht so überzeugende am von Oliver Kase herausgegebenen Buch ist der eher langweilige Katalogeinband, der dem subtilen Werk von Paul Klee nicht ganz gerecht wird. Doch der massive Einband schützt, was ja die Hauptaufgabe ist.

11 Autoren haben am Buch Paul Klee. Konstruktion des Geheimnisses mitgearbeitet. Da die Bauhaus-Jahre im Fokus stehen, wird natürlich der Konflikt zwischen Expressionisten und Konstruktivisten im Katalog behandelt. Dabei wenden sich die Autoren gegen das Klee-Klischee des weltabgewandten Künstler-Träumers. Sie betonen jedoch, dass die Rationalisierung und Funktionalisierung des Bauhauses unter den Direktoren Walter Gropius und Hannes Meyer sowie die verstärkte Ausrichtung aus Industrie und Massenproduktion die Relevanz der von Klee vertretenen klassischen Malerei zunehmend in Frage stellte.

Die Katalogbeiträge arbeiten unter anderem heraus, wie Paul Klee in seinem Selbstbild als Künstler-Genie klassisch-romantischer Prägung mit den Herausforderungen der zunehmend technisierten Welt umging und wie er als Maler darauf reagierte. Er beteiligte sich einserseits systematisch an der bildernischen Erforschung der Grenzen des Rationalen, betonte andererseits die Bedeutung von Intuition und spielerischer Kreativität.

Ausstellung und Katalog zeigen anhand bestimmter Leitmotive- und ideen, wie Paul Klee sich über die Bauhaus-Zeit hinaus der paradoxen Verknüpfung von Verstand und Mysterium widmete. In der Diagnose der Spaltung des modernen Subjekts zwischen Rationalismus und Romantik habe Klees Werk und die darin manifestierte Suche nach einer Balance zwischen Kontrolle und Ausdruck bis heute höchste Aktualität.

Die Katalog-Essays drehen sich um die Themen Seele oder Technik, Individuum oder Kollektiv – Paul Klee und die Diskussion um die Malerei am Bauhaus (Oliver Kase), Pictor doctus? Verständnis und Selbstverständnis von Paul Klees Künstlertum (Gregor Wedekind), Paul Klee. Wege im Bild – Konstruktionen der Zeit (Cathrin Klingsöhr-Leroy), Konstruktion des Geheimnisses: Paul Klees Bild-Architektonik und die Grenzen des Verstandes (Christoph Wagner), Po, der Ingenieur – Konstruktivistische Ideen im Werk von Paul Klee (Régine Bonnefoit), Zwischen Immanenz und Transzendenz – Paul Klee am Staatlichen Bauhaus (Wolfgang F. Kersten),Moderne Zeiten – Paul Klee in den 1920er Jahren. Stichproben einer vertrackten Beziehung (Christine Hopfengart) sowie Paul Klee, Grenzen des Verstandes und die Musik in der Metaphysik (Stephen H. Watson).

Oliver Kase, Hg.: Paul Klee. Konstruktion des Geheimnisses. Hirmer Verlag, 23 x 30 cm, gebunden, 2018, 456 Seiten, 385 Abbildungen in Farbe. Den Katalog bestellen bei Amazon.de.

Diese Rezension beruht auf dem Katalog. Zwecks besserer Lesbarkeit sind Zitate und Teilzitate nicht mit Gänsefüsschen versehen.