Ramses im Badischen Landesmuseum Karlsruhe

Jan 09, 2017 at 11:30 790

Die Ausstellung Ramses. Göttlicher Herrscher am Nil (Amazon.de) im Badischen Landesmuseum in Karlsruhe vereint noch bis am 18. Juni 2017 rund 260 Leihgaben aus 30 bedeutenden Museen und Sammlungen ägyptischer Kunst in Europa.

Ramses II., der Sohn von Sethos I. und Tuja, wird als Feldherr, Pharao, Bauherr, Gott und Familienmensch präsentiert. Der um 1303/04 vor Christus geborene Ramesses meri Amun (Re hat in geboren, geliebt von Amun) gilt als der bedeutendste Pharao der ägyptischen Geschichte. Er bestieg 1279 vor Christus den Thron und regierte das Land am Nil 66 Jahre lang.

Zuvor hatte Pharao Echnaton (Akhenaton) die Hauptstadt nach Amarna verlegt, die alten Götter vom Thron gestossen und den Monotheismus eingeführt, was Ägypten in eine Tiefe Krise gestürzt hatte. Erst der Vater von Ramses II., Sethos I., konnte die Wirren beenden und das Land wieder einen. Ramses II. schliesslich war es, der Ägypten erneut zu wirtschaftlichem Reichtum und kultureller Blüte führte. Unter ihm unter seinem Vater wurde wieder dem Polytheismus gehuldigt.

Der Beginn der Ära Ramses war allerdings von einem Konflikt mit den Hethitern geprägt, die von Anatolien aus ägyptische Gebiete in Vorderasien besetzt hatten. Bereits als Kind erhielt Ramses II. eine militärische Ausbildung und wollte General werden. Da verwundert es nicht, dass er als junger Pharao zahlreiche Feldzüge unternahm. So zog er mit seinen Truppen gegen Norden in den Krieg gegen die Hethiter. Im heutigen Syrien kam es 1274 vor Christus in der Schlacht von Kadesch zum Aufeinandertreffen der zwei Mächte. Obwohl es keinen eindeutigen Sieger gab, verkaufte Ramses II., der mit rund 20,000 Mann in den Kampf gezogen war, die Schlacht von Kadesch in Tempelinschriften als grossen Triumph. Ramses II. war ein früher Meister der Propaganda in eigner Sache.

24 Jahre nach dem Kampf zwischen Ägyptern und Hethitern kam es zum ersten paritätischen Friedensvertrag der Weltgeschichte. Die Ausstellung im Badischen Landesmuseum Karlsruhe präsentiert dazu Keilschriftfragmente einer Kopie aus der Zeit um 1259 vor Christus des historischen Friedensvertrages, die aus dem Vorderasiatischen Museum in Berlin stammen. Nebenbei bemerkt: Eine Kopie des ersten (bekannten) Friedensvertrages der Weltgeschichte hängt im Hauptgebäude der Vereinten Nationen in New York).

In der Folgezeit bemühte sich Ramses II. erfolgreich um gute Beziehungen zum Hethiterreich. Keilschrifttafeln zeugen von den späteren Friedensverhandlungen und dem diplomatischen Briefwechsel mit den Hethitern. Zur Politik des Ausgleichs von Ramses II. gehörte seine Heirat mit zwei hethitischen Prinzessinnen.

Ramses II. hatte insgesamt sieben „grosse königliche Gemahlinnen“ sowie zahlreiche Nebenfrauen, mit denen er insgesamt mindestens 45 Söhne und 40 Töchter zeugte. Die berühmteste und politische Einflussreichste Ehefrau war Nefertari – „die Schönste von allen“. In der Ausstellung im Badischen Landesmuseum Karlsruhe gibt es den Goldring der Lieblingsfrau von Ramses II. zu bestaunen. Ramses II. nahm übrigens drei seiner eigenen Töchter als Hauptfrauen.

Das Gold der Ägypter kam zu einem grossen Teil aus Nubien. Dort herrschte im Namen des Pharao Setau, der Vizekönig von Kusch. Sowohl Setau als auch der Wesir Paser, der ebenfalls zu den mächtigsten Männern in Ägypten gehörte, sind in der Karlsruher Ausstellung mit Statuen aus Durham und Berlin vertreten.

Kostbare Geschenke des Pharaos an seine Nachbarstaaten bezeugen den regen Austausch Ägyptens mit dem Ausland und dokumentieren die erfolgreiche Diplomatie von Ramses II. Gold, Silber, Fayencen, Textilien und Pferde gehörten zu den Geschenken, die die Freundschaft mit den Nachbarherrschern und -Völkern erhielten.

Ramses II. hinterliess zahlreiche monumentale Bauwerke, mit denen er all seine Vorgänger in den Schatten stellte. Sein grösster Tempel ist das Ramesseum in Theben-West. Am bekanntesten sind die beiden Felsentempel von Abu Simbel. Da der Bau des Nasser-Staudamms die Felsentempel von Abu Simbel bedrohte, mussten diese in einer spektakulären Aktion in Teile geschnitten, so gerettet und auf höherem Grund wieder zusammengesetzt werden. Das Badische Landesmuseum Karlsruhe bietet dazu Informationen anhand überdimensionaler Rauminszenierungen.

Zu den Höhepunkten der Ausstellung gehören zwei überlebensgrosse, rund drei Tonnen schwere Statuen von Ramses II. Jene aus Rosengranit, die den Pharao als Beter zeigt, kommt ursprünglich aus Theben und ist nun normalerweise im grossartigen Ägyptischen Museum in Turin (Museo Egizio) zuhause. Die schwarze Granit-Sitzstatue von Ramses II., ursprünglich aus Tanis im nordöstlichen Nildelta, stammt aus der Aula des Palais Universitaire in Strassburg, wo sie seit 1938 als Teil des ägyptischen Instituts der Universität zu bestaunen ist. Ein weiteres Highlight der Ausstellung bildet das Relief der Schlacht bei Kadesch, das durch Projektionen medial zum Leben erweckt wird.

Daneben wird in Karlsruhe die Alltagskultur der Ägypter nicht vernachlässigt. Zu sehen sind etwa ein Bierkrug sowie eine Babyflasche. Zudem ist eine virtuelle Rekonstruktion der Residenzstadt Pi-Ramesse zu bestaunen. Pi-Ramesse war die Sommerresidenz von Sethos I. gewesen. Sein Sohn baute die im östlichen Nildelta gelegene Ortschaft zur neuen Hauptstadt mit internationalem Flair aus.

Allein der Pariser Louvre sandte rund 50 Ausstellungsstücke nach Karlsruhe, darunter ein farbenprächtiges Relief aus dem Tempel von Abydos, auf dem Ramses II. durch die Gottheiten Horus und Isis als Pharao eingeführt wird.

Pharao Ramses II. litt an Arthritis, Arteriosklerose und einer Morbus Forestier genannten Versteifung der Wirbelsäule, die bei ihm zu einer Buckelbildung führte. Er starb im August 1213 v. Chr. an Altersschwäche und einer Blutvergiftung durch Abszess im Unterkiefer. Seine Mumie liegt heute in einer Vitrine im Ägyptischen Museum von Kairo, dessen Besuch Pflichtbesuch eines jeden Kunstfreundes ist, nicht nur wegen den Schätzen aus dem Grab von Tutanchamun.

Viele Kinder von Ramses II. starben vor ihrem Vater. Sein 13. Sohn Merenptah folgte ihm in hohem Alter als Pharao auf dem Thron von Ägypten nach.

Der Katalog vereint neben einer Chronologie und vielen sehenswerten Abbildungen Beiträge von Spezialisten zu den Themen der Ausstellung: „Grosser Pharao und Gott“, „Ehemann und Vater“, „Staatschef und Verwalter“, „Bauherr und Stadtgründer“, „Stratege und Diplomat“, „Kriegsherr und Friedensstifter“, „Tod und Ewigkeit“ sowie ein letztes Kapitel zu den Themen „Nachleben der Ramessiden in der literarischen Tradition“, „Ramses II. – ein Pharao zwischen Wissenschaft und Kommerz“ und „Karlsruhe – eine Stadt der Pharaonen“, in dem auf Luise von Baden verwiesen wird, die bereits 1766 fünf erste pharaonische Kunstwerke erwarb. Als Stéphanie Napoléon 1806 nach Baden verheiratet wurde, kamen zahlreiche ägyptisierende Luxus- und Kunstwerke nach Baden. Ihr Adoptivvater Napoléon Bonaparte selbst hatte aus der Titulatur der Pharaonen die Biene als sein persönliches Wappen übernommen.

Nebenbei bemerkt werde ich noch diese Woche in einer ehemaligen Napoléon-Residenz wohnen, nämlich jener von Prinz Roland Bonaparte (1858-1924), dem Grossenkel des jüngeren Sohns des grossen Bonaparte. Seine Pariser Residenz ist voller Bienen-Symbole und beherbergt heute das Shangri-La Hotel. Dort wird mir Christophe Moret in seinem Zwei-Sterne-Tempel L’Abeille (genau: Die Biene) unvergessliche Speisen servieren. Die Pharaonen sind uns näher als man denkt.

Die Quelle für diesen Artikel bildet der Ausstellungskatalog sowie die Presseinfos dazu: Ramses. Göttlicher Herrscher am Nil. Michael Imhof Verlag, Badisches Landesmuseum Karlsruhe, 2016, 464 Seiten mit rund 400 Abbildungen. Das Buch / Den Ausstellungskatalog bestellen bei Amazon.de.

Ramses. Göttlicher Herrscher am Nil. Michael Imhof Verlag, Badisches Landesmuseum Karlsruhe, 2016, 464 Seiten mit rund 400 Abbildungen. Das Buch / Den Ausstellungskatalog bestellen bei Amazon.de.