Das [2014] neue Buch von Stuart Pigott, Planet Riesling: Weisswein der Spitzenklasse (Amazon.de), informiert den Leser über die besten und kreativsten Riesling-Winzer rund um den Globus sowie über bekannte und weniger bekannte Details zur aufregendsten Weinsorte der Welt. Der Autor ist vielen – so auch dem Schreibenden – von seiner so amüsant wie erhellenden BR-TV-Serie Weinwunder Deutschland her bekannt. Dort ist zum Beispiel zu sehen, wie er 2008/09 die herausragende Fachhochschule für Weinbau in Geisenheim am Rhein als Gaststudent besuchte, wo er wirklich grundlegende Prinzipen noch hinzulernte, wie er bekennt.
Bereits in seiner Einführung geht Stuart Pigott gegen die irrige Vorstellung vor, Riesling sein grundsätzlich süss, nur weil er das während der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts im Allgemeinen so war. Im deutschsprachigen Raum hat sich dieses Bild längst gewandelt. Der Autor wendet sich hier wohl an den Rest der Welt, schliesslich gibt es sein Buch auch in einer englischen Version.
Zurecht verweist Stuart Pigott auf die Tatsache, dass den Riesling die enorme Vielfalt an Weinen auszeichnet, die aus dieser einen Rebsorte produziert werden. Das Spektrum reicht von knochentrocken bis honigsüss, von federleicht bis superschwer.
Obwohl Riesling weltweit angebaut wird, repräsentiert er nur rund 1% der weltweiten Weinproduktion. Pigott stellt fest, dass die Qualität in den meisten Anbaugebieten in den letzten Jahren einen gewaltigen Sprung nach oben gemacht habe. Insbesondere seien die besten amerikanischen Rieslinge zu einer ernsthaften Konkurrenz für die europäischen geworden. Auf Grund seiner einzigartigen Geschmacksvielfalt wachse die Produktion von Riesling weltweit, während dem überteuerte Bordeaux und kalifornische Cabernets in einer Sachgasse gelandet zu sein schienen. Zudem sei der Klimawandel im Allgemeinen für den Riesling auf allen Kontinenten eine gute Nachricht.
Dem Buch Planet Riesling (Amazon.de) ist zu entnehmen, dass Riesling 1435 erstmals urkundlich erwähnt wird. Die erste Anerkennung kam mit dem Weingut Schloss Johannisberg im Rheingau, wo 1720/21 sämtliche Weinberge neu mit Riesling angepflanzt wurden. Der grosse Durchbruch kam mit dem Jahrgang 1811. Diese Rieslinge aus dem Rheingau wurden zuerst in ganz Europa und später in der ganzen Welt zu Kultweinen. Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts blieben die besten Rieslinge teurer als die berühmtesten französischen Rotweine. Die heutige Hierarchie der Statusweine mit den mächtigen Rotweinen an der Spitze entwickelte sich laut Stuart Pigott erst ab den 1970er Jahren, als sein Lieblingsweisswein ins Straucheln geriet.
Dass deutscher Riesling früher und heute wieder hoch im Kurs steht, ist kein Geheimnis. Doch Stuart Pigott berichtet auf seinen 228 Seiten darüber hinaus von den vielen unbekannten Anbaugebieten und ihren Erfolgen. Wussten Sie, dass 1915 ein Riesling aus Changyu in Yantai in der chinesischen Provinz Shandong mit vier Goldmedaillen bei der Panama-Pacific International Exposition in San Francisco ausgezeichnet wurde? Kalifornischer Riesling gehörte übrigens damals zu den teuersten Stillweinen auf den Restaurantkarten der Westküste der USA. Stuart Pigott geht es allerdings weniger um die Vergangenheit, die er natürlich in seine Artikel zu den verschiedenen Anbaugebieten und ihren Spitzenwinzern einbaut, sondern vor allem um die goldene Gegenwart und wohl noch brillantere Zukunft dieser Rebsorte.
In seinem Buch Planet Riesling gibt der britische Autor Infos zu Weingläsern, wobei er das Zalto Universal Glas als Stradivari unter den Weingläsern und als nahezu perfekt für alle Arten von Wein preist. Ein Blick auf die Webseite der Firma zeigt, dass man dafür nicht so tief in die Tasche greifen muss. Das ist ein Tipp, dem ich wohl bald einmal in der Praxis nachgehen werde.
Stuart Pigott erklärt, dass die Aromen des Weins nicht im Saft oder Fruchtfleisch sitzen, sondern in den Schalen der Beeren. Neben einem eigenen Säuretest präsentiert er viele Informationen, die zum Teil wenig bekannt sind. So verweist er zurecht darauf, dass Schraubenverschlüsse die Qualität des Weines nicht beeinträchtigen.
Rieslinge aus unterschiedlichen Lagen unterscheiden sich geschmacklich oft sehr deutlich, selbst wenn sie nicht weit auseinanderliegen. Der Riesling nimmt den Geschmack des Ortes (Terroir) auf. Allerdings stammt die Mineralität der Weine laut der Forschung nicht von Mineralien, obwohl solche nachgewiesen werden können. Es findet sich vor allem Kalium im Wein, doch das kann man nicht riechen. Der für gewisse Rieslinge typische mineralische Geruch stammt vielmehr von Schwefelverbindungen. Laut Stuart Pigott spielt die mineralische Zusammensetzung des Bodens eine Rolle, doch davon verstehe die Wissenschaft noch zu wenig. Gewisse Zusammenhänge finden sich jedoch im Geschmack wieder. So neigen steinige Böden zu schlanken, frischen Weinen mit schneidender Säure, während dem Kalklehmböden typischwerweise fruchtige und geschmeidige Weine hervorbringen und Tonböden zu viel Kraft, aber wenig Charme im Weinglas führen.
Den Grossteil von Planet Riesling (Amazon.de) widmet Stuart Pigott den verschiedenen Weinregionen der Welt. Er präsentiert ausführlich die verschiedenen Weingüter mit ihrer Geschichte, ihren Besitzern und den jeweils besten Weinen. Hier sind viele Entdeckungen zu machen. Seiner Meinung nach gehören die Rieslinge von den Finger Lakes (FLX) im Nordosten der USA zu den besten Weinen. Hier sei nur das Weingut Dr. Konstantin Frank erwähnt. Der Ukrainer kam 1951 mit einem Doktortitel in Weinbau der Universität Odessa in die USA. Zuerst arbeitete er als Hilfskellner und Tellerwäscher in Manhattan, ehe er an der Weinbauforschungsstation der Universität Cornell im Staate New York Arbeit fand. Die Fachleute dort nahmen allerdings seine Vision vom Riesling und anderen europäischen Rebsorten an den Finger Lakes nicht ernst. Dr. Frank liess sich nicht beirren, pflanzte 1958 die ersten europäischen Reben und fuhr 1962 seine erste Ernte ein, zu der bereits eine Trockenbeerenauslese gehörte, heute im Weingut Dr. Konstantin Frank als Bunch Select Late Harvest bekannt. Dabei handelte es sich um den ersten Wein dieser Art überhaupt in den USA. Die Anerkennung liess allerdings noch auf sich warten. Heute gehören laut Stuart Pigott die seit 1993 vom Sohn des Gründers hergestellten halbtrockenen Rieslinge von den Ufern des Keuka-Sees zu den absoluten Stars auf diesem Gebiet.
Planet Riesling: Weisswein der Spitzenklasse bietet eine Fülle an möglichen Entdeckungen für jeden Riesling-Fan. Stuart Pigott räumt den USA viel Platz ein, von New Yorks Finger Lakes über Ohio bis Ontario und Michigan, vom Napa Valley bis British Columbia. Weitere Kapitel sind Australien und Neuseeland, der Donau und ihren Nebenflüssen, Italien, Chile, Argentinien und Südafrika gewidmet.
Natürlich vergisst der Autor nicht meine bisherigen Lieblinge, die Weingüter vom Rhein und seinen Nebenflüssen. Das goldene Zeitalter des deutschen Riesling begann zirka vor 150 Jahren. Nach einem Durchhänger insbesondere um die 1970er Jahre herum sind in den letzten 15 bis 20 Jahren wieder Weinwunder aus Deutschland zu vermelden. Stuart Pigott widmet sich bekannten und noch weniger bekannten Winzern aus den herausragenden Weingegenden wie dem Rheingau, dem Mittelrhein, Rheinhessen, Nahe, Ruwer, der Mosel und dem Elsass. Zu den vielen, auf gut 75 Seiten abgehandelten Weingütern gehören Schloss Johannisberg, Georg Breuer, Franz Künstler, Robert Weil, Dr. Bürklin-Wolf, Emrich-Schönleber, Schäfer-Fröhlich, Dönnhoff, Van Volxem, Joh. Jos. Prüm und viele andere.
Auch hier verweist der Autor auf Riesling-Märchen. So schreibt er, dass der Fluss (Rhein, Mosel, Donau, etc.) zwar schön, für die Reben jedoch nicht wichtig sei. Zum Schluss präsentiert er noch seine 100 Lieblings-Rieslinge weltweit, aufgeteilt in Gruppen von jeweils 20 Weingütern: trockener Riesling, feinherber Riesling, zartsüsser Riesling, süsser Riesling und Riesling-Blade-Runner, worunter er Weine und Winzer versteht, die an die äussersten Grenzen gehen.
Planet Riesling ist ein inspirierendes Buch, ideal zum Verschenken, Selber-Lesen und vor allem, um mit Genuss Riesling zu trinken!
Stuart Pigott: Planet Riesling: Weisswein der Spitzenklasse. Tre Torri Verlag, Dezember 2014, 228 Seiten. Das Buch bestellen bei Amazon.de. Bücher von Stuart Pigott bei Amazon.de.
The English edition of the book by Stuart Pigott: The Riesling Story. Best White Wine on Earth. Order it from Amazon.co.uk, Amazon.com.
Rezension vom 16. Dezember 2014. Rezension zu unseren Seiten im neuen Design hinzugefügt am 17. April 2022 um 21:36 deutscher Zeit.