Zum Tod von Bruno Ganz

Feb 16, 2019 at 15:57 1180

In der Nacht vom 15. auf den 16. Februar 2019 ist der Schweizer Film- und Theaterschauspieler Bruno Ganz (1941-2019) in Zürich im Alter von 77 Jahren an Darmkrebs gestorben.

Dem Schreibenden ist Bruno Ganz als Adolf Hitler im Film Der Untergang (Amazon.de) von Regisseur Bruno Hirschbiegel aus dem Jahr 2004 in Erinnerung geblieben. Doch der in Zürich als Sohn eines Schweizer Fabrikarbeiters und einer italienischen Mutter und Hausfrau geborene Schauspieler war bereits mit 19 im Jahr 1960 in der Rolle eines Kammerdieners im Film Der Herr mit der schwarzen Melone erstmals auf der Leinwand zu sehen. Laut Wikipedia besuchte er das Zürcher Bühnenstudio (heute: Hochschule der Künste), jobbte nebenbei als Buchverkäufer und absolvierte die Rekrutenschule (Schweizer Militärdienst) als Sanitäter.

1961 ging Bruno Ganz nach Deutschland und spielte zuerst am Jungen Theater Göttingen, ehe er von 1964 bis 1969 am Theater am Goetheplatz in Bremen tätig war. Hier arbeitete er nicht nur unter der Leitung des einflussreichen Intendanten Kurt Hübner, sondern zudem mehrfach mit dem bedeutenden, unkonventionellen Regisseur Peter Zadek. Nach seiner Zeit in Bremen wurde Bruno Ganz vom Zürcher Schauspielhaus verpflichtet.

Daneben war das Ausnahmetalent auf Bühnen und in Filmen (fast) rund um die Welt zu sehen, so 1965 im Londoner Aldwych Theatre in Frank Wedkinds Frühlings Erwachen (Eine Kindertragödie) in der Rolle des Moritz Stiefel unter der Regie von Peter Zadek, wo ein Kritiker der Times auf ihn aufmerksam wurde.

Bruno Ganz arbeitete in seiner langen Karriere zudem mit Regisseuren wie Peter Stein, Claus Peymann, Eric Rohmer, Wim Wenders und Luc Bondy, um nur einige zu nennen. 1973 wurde Bruno Ganz als Schauspieler des Jahres geehrt, 1976 gewann er den Deutschen Filmpreis für seine Darstellung in Die Marquise von O., 1979 erhielt er den Deutschen Darstellerpreis (Chaplin-Schuh) und 1991 den Hans-Reinhart-Ring der Schweizerischen Gesellschaft für Theaterkultur. Unter den vielen weiteren Auszeichnungen sei nur noch erwähnt, dass ihm 1996 der Schauspieler Josef Meinrad den Iffland-Ring vermachte, der nachweislich seit 1911 an den „jeweils bedeutendsten und würdigsten Bühnenkünstler des deutschsprachigen Theaters“ weitervererbt wird.

Einem grösseren Publikum ist Bruno Ganz aus Kinofilmen bekannt. Hier erwähnt seien nur Die Marquise von O. von Eric Rohmer aus dem Jahr 1976 (Amazon.de), Der amerikanische Freund von Wim Wenders von 1977 (Amazon.de), Nosferatu – Phantom der Nacht von Werner Herzog von 1979 (Amazon.de), Der Himmel über Berlin von Wim Wenders von 1987 (Amazon.de), Pane e Tulipani (Brot und Tulpen) von Silvio Soldini von 2000 (Amazon.de) sowie Der Untergang (Amazon.de) von Oliver Hirschbiegel von 2004.

Bruno Ganz verstand es, seinen Charakteren Tiefe und Komplexität zu verleihen. Selbst bei der Darstellung von Adolf Hitler war der Mensch hinter dem Unmenschen zu greifen – oder zumindest zu erahnen. Das Ausnahmetalent wird in seinen Filmrollen weiterleben. Die Magie, die das Theatererlebnis mit ihm bot, wird leider nie mehr erfahrbar sein. Gehen Sie also demnächst wieder einmal ins Theater – vielleicht spielt ja irgendwo ein junger Bruno Ganz!


Bruno Ganz bei der Filmpremiere zu „Satte Farben vor Schwarz“ in der Essener Lichtburg. Photo: Loui der Colli / Wikipedia.

Artikel vom 16. Februar 2019 um 15:57. Ergänzt um 16:51: Bruno Ganz starb an Darmkrebs.

Ergänzt am 20. Februar 2019 um 17:32: Den Dokumentarfilm von Norbert Wiedmer aus dem Jahr 2002 Bruno Ganz. Behind Me bestellen bei Amazon.de. Der Film entstand in drei Jahren, in denen der Regisseur Bruno Ganz begleitete.