Seit vielen Jahren steht der russische Präsident Putin – mit einer kurzen Unterbrechung als pro forma Premierminister – an der Spitze des grössten Landes der Welt, das immer mehr zur „Demokratur“ wurde. Nach dem Tschetschenienkrieg, mit dem er seine Macht festigte, folgten viele weitere „Abenteuer“. Moldawien, Georgien und dann vor allem Syrien zeigte, zu welcher Brutalität er fähig ist, welche Methoden er anzuwenden bereit ist und mit wem er problemlos zusammenarbeit. Putin lässt nun auch in Europa die Maske fallen und zeigt sein hässliches Gesicht als Machtmensch, der seit Jahren über Leichen geht.
Nun ist der Krieg in Europa angekommen. Der volle Angriff auf die Ukraine kam – für mich – überraschend, denn er macht keinen Sinn und wird zu Putins Sturz führen. Die Frage ist nur, wann und wie viele Menschen zuerst sterben müssen. Die Idee, er könne mit 150,000 Soldaten ein Land von rund 600,000 Quadratkilometern mit rund 40 Millionen Menschen kontrollieren ist irrealistisch, ja völlig verrückt.
Die Ukraine ist nicht Syrien. Es handelt sich um ein Nachbarland. In Russland leben rund zwei Millionen Ukrainer. Es gibt Familiebeziehungen und Freundschaften auch über die Landesgrenzen hinweg. Die Menschen in Russland selbst sind trotz aller Propaganda über Monate hinweg von Putins Staatsmedien und über Oligarchen indirekt kontrollierte Massenmedien von diesem Krieg nicht begeistert. Natürlich gibt es viele, die der Propaganda auf den Leim gehen, doch inbesondere die Jugend ist im Internet unterwegs und findet Informationen, die Putins Sicht der Welt und des Krieges diametral widersprechen. Nawalny war nicht allein.
Die Ukrainer stehen Putin mit wenigen Ausnahmen geschlossen feindlich gegenüber. In seiner Rede vor dem Angriff legte der russische Präsident seine Sicht der Geschichte von Ukraine und Russland dar, die „eigenwillig“, von der historischen Wahrheit wie von der heutigen Realität der Ukraine völlig abgekoppelt ist. Putin lebt in der Vergangenheit. Und zwar in einer, die es so nie gegeben hat. Für ihn war und ist die Ukraine kein eigenständiger Staat, sondern Teil Russlands. Insbesondere die Geschichte seit dem Ende der Sowjetunion negiert er. Die neue Ukraine kennt er gar nicht aus eigener Anschauung. Ich war von 2014 bis 2019 jährlich in Lemberg und Odessa. Selbst die allermeisten „ethnischen“ Russen und Russischsprachigen fühlen sich als Ukrainer.
Einige mutige Russen haben in Städten wie Moskau und St. Petersburg protestiert. Es sollen rund 1700 Menschen verhaftet worden sein. Für viele dürfte es Schläge und Folter geben. Putins Regime ist gnadenlos. Das selbst Massenproteste ohne Hilfe vom Ausland manchmal nichts ausrichten können, hat man in Hongkong und in Minsk gesehen.
Russland muss sofort von SWIFT ausgeschlossen werden. Deutschland (Scholz), Ungarn (Orban) und Italien (Draghi) sollen sich gegen härtere EU-Sanktionen gegen Russland ausgesprochen haben. Laut einer Umfrage (vor der militärischen Eskalation) gab es zwar Mehrheiten in vielen Ländern für Hilfe für die Ukraine, doch dies sollten NATO und EU tun. Nur die Polen sprachen sich mehrheitlich klar für Massnahmen aus, die von ihnen persönlich Opfer verlangten. Zu viele im Westen sorgen sich vor allem darum, ob sie im Winter noch genug Gas zum Heizen haben.
Der Heroismus steigt mit dem – zeitlichen und geographischen – Abstand zum Ereignis. Wir haben heute viele Helden im Kampf gegen Hitler und die Nazis.
P.S. Dieser Krieg ist ein taktisches wie strategisches Disaster von Putin, der nicht halb so intelligent ist, wie manche denken. Die Krim ist die einzige Region in der Ukraine, in der „ethnische“ Russen in der Mehrheit sind, von denen sich zudem viele als Russen fühlen. Hätte Putin dort nach der gegen internationales Recht verstossenden Besatzung und Annexion 2014 ein freies und faires Referendum durchgeführt, das von Ukraine, Russland, Uno, USA und EU beobachtet worden wäre, die Krim wäre heute wohl ein international anerkannter Teil Russlands. Doch der ehemalige KGB-Agent in der DDR und FSB-Chef in Russland wollte 110% sicher sein und führte ein Pseudo-Referendum durch, das von allen bedeutenden Staaten zurecht nicht anerkannt wurde.
[25.2.2022 um 21:49. NATO Generalsekretär Stoltenberg sagt, NATO-Staaten würden weiterhin der Ukraine Waffen zur Verteidigung liefern. Endlich hat jemand sein Hirn benutzt. 26.2.2022 um 01:21. Putin drohte am 24. Februar 2022 allen, die der Ukraine zu Hilfe kommen wollen, mit seinen Nuklearwaffen].
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Putin im Jahr 2018. Президент России Владимир Путин во время интервью журналисту американского телеканала NBC Мегин Келли. Photo copyright: www.kremlin.ru (found via Wikipedia/Wikimedia Commons).
Artikel vom 25. Februar 2022 um 11:33 deutscher Zeit. Zuletzt ergänzt am 26.2.2022 um 01:21. Am 19.8.2023 um 20:30 korrigiert: Die Ukraine ist für Putin Teil Russlands (offensichtlicher Fehler in der urspünglichen Version, in der stand: „Teil der Ukraine“).