Draghi soll es in Italien richten

Feb 03, 2021 at 17:54 1145

Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) von 2011 bis 2019, Mario Draghi (*1947), soll es in Italien als neuer Ministerpräsident richten. Staatspräsident Sergio Mattarella hat ihn mit der Bildung einer Expertenregierung beauftragt.

Als EZB-Zentralbanker hatte er es mit dem an die Finanzmärkte gerichteteten Ausspruch „Whatever it takes“ und entsprechenden Aktionen geschafft, die Europäische Währungsunion (Eurozone) zu stabilisieren. Allerdings zu einem hohen Preis: „Fantasiezinsen“, welche die dahinter liegenden Risiken nicht mehr repräsentieren; Outright Monetary Transactions (OMT); etc. Als Mario Draghi die EZB-Präsidentschaft übernahm, war die Zeit für „gute“ Lösungen allerdings längst vorbei.

Zuvor und danach hat sich der überzeugte Europäer Mario Draghi in Italien nicht zuletzt als Gouverneur der Notenbank von 2005 bis 2011 wiederholt für liberale Strukturreformen wie Abbau der Bürokratie, Erhöhung des Rentenalters, Reduktion der Neuverschuldung, Konsolidierung des Bankensektors, etc. stark gemacht.

Am 2. Februar 2021 entzog der ehemalige Ministerpräsident Matteo Renzi, der inzwischen die kleine Partei Italia Viva anführt, Ministerpräsident Giuseppe Conte definitiv das Vertrauen und brachte so dessen Regierung zu Fall. Matteo Renzi selbst war einst als Reformer angetreten und hatte in der Tat als Führer der Demokratischen Partei und Ministerpräsident einiges in Italien in Bewegung, aber nicht zu Ende gebracht, ehe er dann an seinem unrealistisch ambitionierten Programm und an seinem Ego scheiterte, das ihn nun wohl neben begründeter Kritik an der Regierung Conte und ihrem Krisenmanagement (Corono-Hilfspaket, Schüler zurück an die Schulen, etc.) dazu brachte, den Ministerpräsidenten abzuservieren.

2014 schrieb ich: „Renzi hat schon mal seinen ambitionierten Reformfahrplan vorgelegt: Wahlrechtsreform noch im Februar, Arbeitsmarktreform im März, Verwaltungsreform im April und Steuerreform im Mai. Sollte er das wirklich schaffen, werden schon bald Strassen und Plätze nach ihm benannt werden…“ Natürlich wurden bis heute keine Strassen und Plätze nach ihm benannt, denn er hat nicht geliefert.

Am 13. Januar 2021 hatte Matteo Renzi die zwei Ministerinnen von Italia Viva Teresa Bellanova und Elena Bonetti aus der Regierung Conte II abgezogen. Daraufhin buhlten einige um die Stimmen des eigentlich längst abgehalfterten Silvio Berlusconi (il furbissimo ladrone) und dessen inzwischen ebenfalls kleine Partei Forza Italia. Daraus wurde nichts. Die Regierung Conte musste gehen und die noch zu bildende Expertenregierung von Mario Draghi soll es nun richten. Hoffen wir, dass er es besser als Matteo Renzi macht, denn Italien ist „too-big-to-fail“ und „too-big-to-be-saved“. In Italien dürften die Staatschulden 2021 laut Prognosen auf rund 161% des BIP steigen.

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Mario Draghi. Photo Copyright: Presidenza della Repubblica. 3. Februar 2021 https://www.quirinale.it/elementi/52056

Artikel vom 3. Februar 2021. Hinzugefügt um 17:54 italienischer Zeit.