Le Corbusier. Die Ordnung der Dinge

Mrz 12, 2025 at 11:31 144

Das Zentrum Paul Klee (ZPK) in Bern feiert 2025 sein zwanzigjähriges Jubiläum. Die dortigen Ausstellungen und Programme überschreiten Gattungsgrenzen. Immer wieder hat das ZPK Kunstschaffende wie Max Bill oder Isamu Noguchi gezeigt, die in mehreren Disziplinen gearbeitet und ihr künstlerisches Denken auf Architektur und angrenzende gestalterische Felder ausgeweitet haben.

Der im jurassischen La Chaux-de-Fonds aufgewachsene Charles-Edouard Jeanneret, als Le Corbusier (1887–1965) weltweit bekannt geworden, gehört in diese Kategorie. Er hat die die Architektur, das Design und die Kunst des 20. Jahrhunderts mitgeprägt. Er bezeichnete seinen Arbeitsprozess als Forschung, als Herantasten an die architektonische Form in Studien und Skizzen. Bei der Schaffung von Architektur ging es ihm um das Ordnen von Dingen: «Créer une architecture, c’est mettre en ordre». Durch Ordnung die Welt zu gestalten – und so dem Chaos und der Instabilität Einhalt zu gebieten –, sah er als eine Grundaufgabe von Kunst und Architektur mit jahrtausendealter Tradition.

Unter der Leitung von Martin Waldmeier, Kurator am Zentrum Paul Klee (ZPK) in Bern, und Nina Zimmer, seit 2016 Direktorin des Kunstmuseum Bern und des Zentrum Paul Klee (ZPK) in Bern, bieten die am 8. Februar eröffnete und noch bis am 22. Juni 2025 dauernde Ausstellung sowie der gleichnamige, von ihnen herausgegebenen Band Le Corbusier. Die Ordnung der Dinge, eine thematische Übersicht über das künstlerische und gestalterische Schaffen Le Corbusiers über alle Schaffensperioden hinweg.

Martin Waldmeier und Nina Zimmer, Hrg.: Le Corbusier. Die Ordnung der Dinge. Scheidegger & Spiess, Februar 2025, 256 Seiten mit 216 farbigen und 34 s/w-Abbildungen, 18 x 24 cm, ISBN 978-3-03942-220-3. Cookies akzeptieren – wir erhalten eine Kommission bei unverändertem Preis – und das Buch bestellen bei Amazon.de.

Le Corbusier begriff das Prinzip der Ordnung beziehungsweise den Akt des Ordnens als Grundaufgabe der Kunst und Architektur. Martin Waldmeier meint, dass unter den zahlreichen Begriffen, die Le Corbusier geprägt habe, die «Ordnung» zu den weniger beachteten gehöre.

Das Buch beleuchtet einen bisher wenig berücksichtigten Aspekt seines Wirkens: den Entwurf als Manifestation des räumlichen und gestalterischen Denkens. Expertinnen und Experten eröffnen neue Blickwinkel auf Le Corbusiers Werk und geben einen umfassenden Einblick in den Prozess des «Forschens» und Entwerfens des Schweizer Multitalents, der als Architekt, Architekturtheoretiker und Stadtplaner, als Maler, Zeichner und Bildhauer sowie als Möbeldesigner gearbeitet hat.

Bereits im Vorwort des Buches erfährt der Leser, dass im Jahr 2016 siebzehn Bauten von Le Corbusier, die in sieben Ländern und auf drei Kontinente verteilt stehen, ins Register des UNESCO-Welterbes aufgenommen wurden. Der Diskurs rund um Le Corbusier habe sich in den letzten Jahren allerdings spürbar verändert. Die ideologischen Positionen und politischen Allianzen des Künstler-Architekten seien zwischenzeitlich zum Gegenstand polemisch geführter Auseinandersetzungen und vertiefter Untersuchungen geworden. Das frühere Bild eines unangefochtenen «Propheten» der Moderne sei inzwischen von einem differenzierten abgelöst worden, das neben zahllosen Errungenschaften nun auch seine Schattenseiten zeige.

Die Museumsleiterin Nina Zimmer und der Kurator der Ausstellung, Martin Waldmeier, halten fest, dass die künstlerischen, räumlichen und skulpturalen Qualitäten von Le Corbusiers gebautem Werk Meilensteine der Kunst- und Architekturgeschichte sind. Es bietet erstaunliche Raumerlebnisse, eine skulpturale Formensprache und einen innovative Umgang mit dem Material.

Die Ausstellung zeigt ikonische Exponate als auch bisher weitgehend unbekannte Werkgruppen. Im Einklang mit dem grundsätzlichen Interesse des ZPK, künstlerische Arbeitsprozesse zu thematisieren, liegt der Fokus von Ausstellung und Katalog Le Corbusier. Die Ordnung der Dinge nicht auf dem bestens bekannten gebauten Werk, sondern auf seinen Entwürfen, seinem künstlerischen Denken und seiner Entwurfsphilosophie. Das aktuell laufende Forschungsprojekt zum Catalogue raisonné des dessins zeige, dass gerade in diesem Bereichnoch viele neue Aspekte des Werks von Le Corbusierzu zu entdecken seien. Er arbeitete an der Schnittstelle von Kunst und Architektur. Seine Experimentierlust, sein enormer Schaffensdrang und seine leidenschaftliche Auseinandersetzung mit Bild und Raum, Form und Farbe, Mensch und Technik, Vergangenheit und Zukunft machten sein Werk bis heute so interessant.

Laut Nina Zimmer und Martin Waldmeier stehen in der Ausstellung und im Begleitbuch die Prozesse und Praktiken im «Vorfeld» architektonischer Bauten im Zentrum. Es geht dem Kurator und den verschiedenen Autoren um das Herantasten an die architektonische Form in Studien und Plänen, die künstlerische Auseinandersetzung, das Experiment und die «geduldige Forschung», wie Le Corbusier es nannte. Ebenfalls analysiert werden Quellen, die in diese Prozesse einflossen: Alltagsbeobachtungen, Fundstücke vom Strand oder Analysen antiker Architektur.

Das Buch zur Ausstellung bietet einen Text aus dem Jahr 1925 von Le Corbusier selbst, Informationen zu seinem Vokabular, Analysen seiner Ordnung der Dinge, seiner «geduldigen Forschung», seiner Zeichnungen und seiner Malerei, seiner Sammlertätigkeit, seiner Entwurfszeichnungen, zum Buch als Kunstform und zum Thema «Ordnung und das Organische». Kurze Texte führen ein zu ausgestellten bzw. im Buch abgebildeten Werke zu Themen wie Lernen aus der Vergangenheit, zur Harmonie der Dinge, zur Befreiung von den Regeln, zu imaginären Kompositionen, zu «Jenseits der Ordnung», «Die Geometrie des Fortschritts», «Die Welt nach Plan», «Volumen im Gleichgewicht», «Die offene Hand». Hinzu kommen eine Kurzbiografie, zahlreiche Abbildungen und vieles mehr, zusammengetragen von acht Spezialisten.

Le Corbusier starb übrigens am 27. August 1965 in seinem französischen Feriendomizil in Roquebrune-Cap-Martin während eines Badeausflugs im Mittelmeer. In der Kurzbiografie nicht erwähnt wird das Detail, dass er einen Herzinfakt erlitt und ertrank.

Martin Waldmeier und Nina Zimmer, Hrg.: Le Corbusier. Die Ordnung der Dinge. Scheidegger & Spiess, Februar 2025, 256 Seiten mit 216 farbigen und 34 s/w-Abbildungen, 18 x 24 cm, ISBN 978-3-03942-220-3. Cookies akzeptieren – wir erhalten eine Kommission bei unverändertem Preis – und das Buch bestellen bei Amazon.de.

Zitate und Teilzitate in dieser Rezension / Buchkritik von Le Corbusier. Die Ordnung der Dinge sind der besseren Lesbarkeit wegen nicht zwischen Anführungs- und Schlusszeichen gesetzt.

Rezension/Buchkritik von Le Corbusier. Die Ordnung der Dinge vom 12. März 2025. Hinzugefügt um 11:31 Schweizer Zeit. Um 11:43 ein zweites, bei Amazon gefundenes Cover enfernt (vielleicht urspünglich angedacht, doch dann nicht verwendet).