Das Erbe der Welt – UNESCO Welterbe – alle Kultur- und Naturmonumente

Jan 16, 2023 at 16:32 554

Im Kunth Verlag (MairDumont) ist ein Buch mit allen 1154 bis zum Jahr 2022 von der UNESCO anerkannten Kultur- und Naturmonumenten unter dem Titel Das Erbe der Welt erschienen (Amazon.de). Der Band ist reich illustriert, da jedes Kultur- und Naturmonument mit einem kurzen Text sowie einem Foto vorgestellt wird.

1972 verabschiedete die »Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur« (United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization, UNESCO) ein »Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt«. Die UNO-Unterorganisation mit derzeit 193 Mitgliedsstaaten und Hauptsitz in Paris hat angesichts der Gefährdung vieler Ökosysteme und des drohenden Verlusts wichtigster Zeugnisse vergangener Kulturen die Erhaltung dieser »Objekte von außergewöhnlichem universellem Wert« auf ihre Fahne geschrieben.

Auf rund 50 der 736 Seiten offeriert der Band Das Erbe der Welt einen Einblick in die Entstehung und die vielfältige Arbeit der am 16. November 1945 in London gegründeten UNESCO. Unter anderem werden die Kriterien beleuchtet, die ein Welterbe erfüllen muss. Zudem wird erklärt, was eine Stätte tun muss, um Kultur- oder Naturmonument zu bleiben. Dazu gehört das Thema Tourismus und der nachhaltige Umgang mit diesem. Vermehrt in den Fokus rücken die Folgen des Klimawandels.

Unter den Hunderten von Punkten zur Arbeit der UNESCO hier nur zwei Details: »Wie können wir den Ozean erfolgreich schützen, wenn wir so wenig über ihn wissen?«, brachte es Audrey Azoulay, die UNESCO-Generaldirektorin, bei einer Ozeankonferenz auf den Punkt. Nur 20 Prozent des Meeresbodens sind vermessen. Das will die UNESCO ändern und daran mitwirken, dass bis 2030 mindestens 80 Prozent des Meeresbodens kartiert werden. Durch das Wissen um Meerestiefen und Bodenstrukturen kann das Frühwarnsystem von Erdbeben und Tsunamis verbessert, potenzielle Schutzgebiete können identifiziert und Fischereiressourcen nachhaltig genutzt werden.

Der Wasseraktivist Rajendra Singh aus dem indischen Bundesstaat Rajasthan startete zusammen mit Einheimischen zahlreiche Initiativen, um Regenwasser zu sammeln, sogenannte »johads«, kleine massgeschneiderte Lehmdämme, zu bauen und Bäume und Sträucher zu pflanzen, um das Grundwasser zu halten. Sein jahrzehntelanges Engagement brachte ihm 2015 den Stockholm Water Prize, den »Nobelpreis für Wasser« ein. Rajendra Singh und seine Arbeit werden mit der LINKS-Initiative der UNESCO (Local and Indigenous Knowledge Systems) gefördert. Dabei geht es darum, traditionelle Wissensträger, Wissenschaftler und politische Entscheidungsträger zusammenbringen, denn am Ende sind es lokale Gemeinden und indigene Gruppen, die nicht nur unter den Klimaveränderungen leiden, sondern an den Lösungen mitarbeiten müssen.

Der Hauptteil des Bandes Das Erbe der Welt (Amazon.de) ist den von der UNESCO anerkannten Kultur- und Naturmonumenten unseres Planeten gewidmet. Diese sind nach Kontinenten und Ländern geordnet, allerdings nicht in alphabetischer Reihenfolge.

Die Liste beginnt mit dem Nationalpark Thingvellir in Island. Die Versammlung der freien Männer hiess bei den Germanen Thing. Man traf sich an einem Platz unter freiem Himmel und beriet über Gesetze und andere Angelegenheiten. Seit 930 war das Thingvellir, wörtlich übersetzt »Tal des Thing«, Versammlungsort aller freien Männer Islands. Das jeweils gültige Recht wurde von einem »Gesetzessprecher« vorgelesen. Dann entschieden die Männer über Neuerungen und Änderungen, die das ganze Volk betrafen. Eine der wichtigsten war die Annahme des Christentums im Jahr 1000. 1798 fand das letzte Althing statt, trotzdem behielt Thingvellir seine fast mythische Bedeutung: 1944 wurde hier die Republik Island und damit die vollständige Unabhängigkeit des Landes ausgerufen. 1928 wurde Thingvellir zum Nationalpark erklärt, seit 2004 ist dieser anerkannt als Teil des Kultur- und Naturwelterbes der UNESCO.

Die Darstellung endet mit dem Nationalpark Los Glaciares in Argentinien, der sich seit 1981 auf der UNESCO-Welterbe-Liste befindet. Die 13 Gletscher des Parks sind Teil des Patagonischen Eisfelds, das aus 47 grossen Gletschern besteht und mit seinen rund 15 000 Quadratkilometern die grösste zusammenhängende Eismasse ausserhalb von Arktis und Antarktis darsstellt. Hinzu kommen 200 kleinere, nicht direkt mit dem Eisfeld verbundene Gletscher. Weitere landschaftliche Höhepunkte des Nationalparks Los Glaciares stellen die über 3000 Meter hohen und nur schwer bezwingbaren Granitgipfel des Cerro Torre und des Monte Fitz Roy im nördlichen Teil des Nationalparks unweit des Lago Viedma dar. Die Fauna des Parks wird von rund 100 Vogelarten dominiert, darunter Darwin-Nandus und Kondore.

Zwischen diesen zwei Welterbe aus Island und Argentinien findet der Leser unter anderem Informationen und Fotos zum subtropischen Laurisilva-Wald auf Madeira, der sich seit der letzten Eiszeit erhalten hat, seit 1999 UNESCO-Weltnaturerbe ist und die Innendesignerin Nini Andrade Silva bei der Ausgestaltung des Savoy Palace in Funchal inspiriert hat, zur Museumsinsel Berlin, zum Kolosseum in Rom, zur Ruinen- und Totenstadt von Thatta, der neben Lahore baugeschichtlich bedeutendsten Stätte Pakistans, in der einige Mausoleen Höhepunkte islamischer Steinmetzkunst darstellen, zum grossen Tempel der Chola-Dynastie, wozu drei sich in einem Umkreis von rund 70 Kilometern liegende Tempelanlagen der den Süden des indischen Subkontinents einst beherrschenden Chola-Dynastie gehören, zur Bucht von Halong in Vietnam, zu den Relikten von Memphis, den Nekropolen sowie den Pyramiden von Sakkara, Gizeh, Abusir und Dahschur, den monumentalsten Zeugnissen der altägyptischen Hochkultur (Tipp: im Mena House übernachten), sowie zu vielen weiteren, oft weltbekannten, zum Teil kaum bekannten Sehenswürdigkeiten und Naturparks rund um den Globus.

Die Welterbe-Idee entstand übrigens im Zusammenhang mit der Rettung der beiden Tempel von Abu Simbel am Nilufer, die in den Fluten des gigantischen Assuan-Stausees zu versinken drohten. Das Heiligtum von Ramses II. mit seinen vier Monumentalstatuen drohte, für immer verloren zu gehen. In den 1960er Jahren wurden sie durch eine internationale Kraftanstrengung von 52 Ländern für die Nachwelt gerettet. Ein Konsortium von internationalen Baufirmen zersägte die beiden Tempel in 1036 Blöcke von bis zu 30 Tonnen. Sie wurden an einem 64 Meter höher und 180 Meter landeinwärts gelegenen Standort wieder zusammengefügt. Der erste Block wurde im Mai 1965 verladen, der letzte in einer feierlichen Zeremonie am 22. September 1968. Nicht nur Abu Simbel war gerettet, sondern ein neues Bewusstsein nahm globale Gestalt an: Jedes Kunstwerk ist Teil eines einzigen universellen Erbes.

Zwischen der Beschreibung der einzelnen Welterbestätten finden sich im hier vorgestellten Band eingestreut immer wieder lesenswerte Seiten zum Immateriellen Kulturerbe, die einen Blick auf Traditionen und Brauchtum einzelner Länder und Völker werfen.

Das Erbe der Welt 2022/2023: Alle Kultur- und Naturmonumente mit Anerkennung der UNESCO. Kunth Verlag, November 2022, 736 Seiten, 23.8 x 4.5 x 30 cm. Das Buch bestellen bei Amazon.de.

Zitate und Teilzitate in dieser Rezension / Buchkritik von Das Erbe der Welt (Amazon.de) sind der besseren Lesbarkeit wegen nicht zwischen Anführungs- und Schlusszeichen gesetzt.

Artikel vom 16. Januar 2023 um 16:32 deutscher Zeit. Ergänzt um 22:06.