„Ab Morgen kriegen Sie in die Fresse!“. Andrea Nahles tritt ab

Jun 02, 2019 at 20:18 1314

Mit schlechten Witzen, peinlich-erbärmlichen Sprüchen und Gesangseinlagen sorgte Andrea Nahles (*1970) für Schlagzeilen, auf die die SPD lieber verzichtet hätte. Ihr zweifelhaftes Vermächtnis bleibt die Durchsetzung des Mindestlohnes. Ihr Rücktritt ist kein Verlust.

Mit 18 trat die Gymnasiastin Andrea Nahles der SPD bei. Von 2009 bis 2013 wirkte sie als SPD-Generalsekretärin, von 2013 bis 2017 als Arbeitsministerin, von 2017 bis 2019 als Fraktionsvorsitzende sowie von 2018 bis 2019 als SPD-Vorsitzende. Heute, am 2. Juni 2019, gab sie bekannt, dass sie von allen politischen Ämtern zurücktreten werde. Am Montag, 3. Juni., werde sie vom SPD-Vorsitz zurücktreten, am Dienstag, 4. Juni, als SPD-Fraktionschefin. Dazu meinte sie: „Die Diskussion in der Fraktion und die vielen Rückmeldungen aus der Partei haben mir gezeigt, dass der zur Ausübung meiner Ämter notwendige Rückhalt nicht mehr da ist.“

Noch am 1. Juni veröffentlichten ihre sechs Stellvertreterinnen und Stellvertreter einen gemeinsamen Appell, in dem sie Solidarität mit der Parteichefin forderten: „Die massive öffentliche Kritik an Andrea Nahles ist unfair“, so die Stellungnahme von Olaf Scholz, Malu Dreyer, Manuela Schwesig, Natascha Kohnen, Thorsten Schäfer-Gümbel und Ralf Stegner. Ein solidarischer Umgang sei angebracht, denn Andrea Nahles habe „in einer sehr schweren Phase“ den Vorsitz der Partei übernommen.

Unter Andrea Nahles ist die SPD in einer Forsa-Umfrage zuletzt auf 12% abgestürzt. Bei der Europawahl vom 26. Mai 2019 kam die älteste Partei Deutschlands noch auf 15,8%, das war ein Minus von 10,5% gegenüber 2014.

Die Frau hat den Respekt der SPD-Mitglieder und -Wähler auf Raten verloren, nicht zuletzt durch dümmliche, erbärmliche Sprüche wie nach dem Aufstieg zur Fraktionschefin, als sie bezüglich dem Koalitionspartner CDU/CSU sagte: „Ab Morgen kriegen Sie in die Fresse!“

Nichts war der Frau zu peinlich. In Erinnerung geblieben ist zudem ihr im Bundestag vorgetragenes Pippi Langstrumpf-Lied, das ihr fehlendes musikalisches Können offenlegte.

Daneben machte sie hin und wieder Politik. 1995 hielt sie als Juso-Vorsitzende beim Mannheimer Parteitag eine flammende Rede gegen den SPD-Parteichef. Am Ende stürzte Rudolf Scharping und Oskar Lafontaine folgte ihm nach, wobei der „Rote Oskar“ mit seinem eigenen Vortrag noch mehr zu seiner Wahl beitrug als die Juso-Chefin.

Als Arbeitsministerin unter Kanzlerin Merkel schaffte es Andrea Nahles, den Mindestlohn durchzusetzen. Entgegen vieler Befürchtungen war er nicht zu hoch angesetzt und wirkt sich bis heute nicht negativ auf die Beschäftigung aus. Doch wie in Frankreich könnte er bald zu hoch steigen und sich schon bald als Mühlsteil am Hals der Beschäftigung erweisen, denn der Stadt kann nicht einseitig Preise – der Lohn ist der Preis für Arbeit – festlegen. Löhne sollten vom Markt bestimmt werden.

Andrea Nahles war eine klassische Fehlbesetzung. Sie war ihrem Amt nicht gewachsen. Die Wähler werden ihr keine Träne nachweinen. Ob sich die SPD allerdings durch diesen Rücktritt erneuern und zu neuem Elan finden kann, steht auf einem anderen Blatt. Auf der Linken haben der SPD die Grünen den Rang abgelaufen. Auf der extremen Linken steht Die Linke, die nicht von Schröders Agenda 2010 belastet und daher bei ganz linken Wählern wohl beliebter bleiben wird, selbst wenn die SPD von der Mitte auf die Linke schwenken sollte. In der Mitte und zum Teil sogar links davon steht seit Angela Merkel die CDU. Und an der Teflon-Kanlzerin bleibt bis heute nichts kleben. Die CDU befindet sich zwar ebenfalls im Sinkflug, doch Merkel bleibt beliebt.

[Hinzugefügt am 3.6.2019 um 10:19 Berliner Zeit: Der CDU-Politiker Norbert Röttgen erwähnte gestern abend bei Anne Will, dass Andrea Nahles 2005 gegen den Kandidaten von Parteichef Franz Müntefering als Generalsekretär kandidierte und siegte, was dann zum Rücktritt Münteferings führte, dessen Autorität dadurch untergraben worden war].

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Andrea Nahles beim Empfang für Kurt Beck in Main 2019. Photo von Olaf Kosinksy: https://de.wikipedia.org/wiki/Benutzer:Olaf_Kosinsky

Artikel vom 2. Juni 2019 um 20:18 Berliner Zeit.