Albert Anker: Zeichnungen und Aquarelle

Feb 01, 2020 at 13:33 1030

Das Kunstmuseum Solothurn zeigt noch bis am 16. Februar 2020 die Ausstellung Albert Anker. Zeichnungen und Aquarelle (Katalog bei Amazon.de). Das Museum selbst besitzt 19 Werke des Künstlers, davon 10 Gemälde sowie 9 Arbeiten auf Papier. Für die aktuelle Ausstellung wurden insgesamt 89 Zeichnungen und Aquarelle sowie 4 Skizzenbücher von Albert Anker, der von 1831 bis 1910 lebte, aus Zahlreichen Museen und Privatsammlungen vereint. Abgesehen von den 2 Werken auf Papier Alter Mann mit Pfeife (undatiert) und dem Entwurf zu Der Quacksalber (um 1879) sowie den erwähnten 4 Skizzenbücher sind alle anderen 87 ausgestellten Arbeiten von Albert Anker im Katalog abgebildet.

Neben dem Vorwort von Christoph Vögele vereint das Buch zur Ausstellung drei Aufsätze. Isabelle Messerli äussert sich grundsätzlich zu Albert Ankers Zeichnungen, Robin Byland widmet sich verschiedenen Aspekten der Aquarelle (inklusive der Fayencemalerei) des Künstlers, Christoph Vögele schliesslich steuert am Ende noch einen Beitrag zur Beziehung zwischen den Reisen und den Werken von Albert Anker, dem Lebens- und Kunstmotiv des Reisens bei.

Laut Isabelle Messerli hat Albert Albert zwischen seinen ersten Zeichnungen ab 1843 sowie seinem während der Gymnasialzeit in Neuenburg 1844-1851 enstandenen Frühwerk und seinen letzten, im Jahr 1910 entstandenen Werken mehrere Tausend Arbeiten auf Papier geschaffen. Ihnen sei bisher in der Kunstgeschichte wenig Aufmerksamkeit geschenkt worden, obwohl sie die Grundlage aller seiner Werke bilden. Seine originären Bleistift-, Kohle- und Federzeichnungen lassen sich laut Isabelle Messerli in qualitativer und kompositorischer Hinsicht mit den Meistern seiner Zeit messen.

Albert Anker war bereits zu Lebzeiten ein gefeierter Maler, der sich früh in der Kunstmetropole Paris durchsetzte und dadurch zu internationalem Erfolg kam. Er nahm regelmässig an Weltausstellungen in Paris, London, Wien und Brüssel teil, wo seine Gemälde und Fayencen mit Medaillen und Diplomen ausgezeichnet wurden. Seine Arbeiten in Öl bilden den Höhepunkt der Genremalerei in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in der Schweiz. Gut die Hälfte seiner Gemälde befinden sich heute im Besitz von Museen.

Die aktuelle Ausstellung im Kunstmuseum Solothurn und der vorliegende Katalog widmen sich ausschliesslich dem vernachlässigten Aspekt seines reichen Œuvres: Den Arbeiten auf Papier. Isabelle Messerli sieht in der Zeichnung den Ausdruck der künstlerischen Absicht, so wie die Stimme das Denken nach aussen trägt. Albert Ankers Repertoire reichte von zart hingehauchten silbergrauen Bleistiftzeichnungen bis hin zu kräftig gewischten tiefschwarzen Kohlezeichnungen.

Christoph Vögele betont, dass die hohe Qualität und bemerkenswerte Eigenständigkeit von Albert Ankers Arbeiten auf Papier früh erkannt wurde. Er verweist auf das Standardwerk Albert Anker. Aquarelle und Zeichnungen von Hans A. Lüthy und Paul E. Müller aus dem Jahr 1989, das jedoch schon lange vergriffen ist.

Laut Christoph Vögele wurde Albert Anker nicht von ungefähr verschiedentlich mit dem bedeutenden deutschen Realisten Adolph Menzel (1815-1905) verglichen, den er 1896 anlässlich der Internationalen Kunstausstellung in Berlin, bei der er als Juro der Schweizer Abteilung fungierte, persönlich kennengelernt hat. Nirgends werde die künstlerische Nähe der beiden Künstler so deutlich wie bei den Arbeiten auf Papier der beiden leidenschaftlichen Zeichner.

Christoph Vögele betont, dass die Motivwelt bei Albert Ankers Arbeiten auf Papier umfassender als bei seinen Gemälden ist. Es schliesst vor allem auch die Gattung der Landschaft ein, die bei seinem malerischen Schaffen als Hauptmotiv weitgehend fehlt. Zudem tauchen in den Zeichnungen viel häufiger Bildnisse seiner Frau und seiner Kinder auf. Diese einfühlsamen Blätter blieben wie die Reisequarelle zumeist im Besitz der Familie. In diesen privaten Blättern verarbeitete der Künstler nicht zuletzt die tiefe Trauer um seine verstorbenen Kinder; die Kindersterblichkeit im Kanton Bern lag damals bei unglaublich hohen 41,5% (siehe den Artikel zur Sammlung Blocher).

Fazit: Kunstfreunden sei eine Museumsreise empfohlen. Die Ausstellung im Kunstmuseum Solothurn endet am 16. Februar 2020.

Albert Anker. Zeichnungen und Aquarelle. Gebundene Ausgabe, Kunstmuseum Solothurn, Verlag Scheidegger & Spiess, 2020, 152 Seiten. Das Buch bestellen bei Amazon.de.

Diese Rezension beruht auf dem Katalog. Zitate und Teilzitate dieser Rezension stehen der einfacheren Lesbarkeit wegen nicht zwischen Anführungs- und Schlusszeichen.

Rezension vom 1. Februar 2020. Hinzugefügt um 13:33 Schweizer Zeit.