Alte Meister im Städel Museum

Dez 02, 2019 at 20:24 875

Die Altmeister-Sammlung des Städel Museums geht auf die private Sammeltätigkeit des Frankfurter Grosshändlers und Bankiers Johann Friedrich Städel (1728–1816) zurück, der als Kind der Aufklärung eine Kunstsammlung aus Gemälden, Zeichnungen und Druckgrafiken zusammentrug. Testamentarisch vermachte er diese fast 500 Werke als Grundstock einem noch zu gründenden, nach ihm benannten Kunstinstitut, dessen Herzstück Arbeiten holländischer, flämischer und deutscher Meister des 17. und 18. Jahrhunderts waren.

Der neu aufgelegte und überarbeitete Band Alte Meister (1300-1800) im Städel Museum widmet sich dem Thema. Darin werden 200 Meisterwerke präsentiert. Den Buchumschlag ziert der weltberühmte Geograf von Vermeer.

Über die Umstände der Entstehung der Sammlung ist wenig bekannt. Auktionskatalogen zufolge erwarb Johann Friedrich Städel die Mehrzahl der Werke zwischen den 1760er- und 1790er-Jahren. Bereits 1780 hatte er in bester Lage, am Roßmarkt, ein repräsentatives Haus für seine auf Anfrage öffentlich zugängliche Sammlung gebaut.

Städels Altmeistersammlung entstand zu bedeutenden Teilen als Sammlung damals zeitgenössischer Kunst. Zudem war das Städelsche Kunstinstitut als Ort der Inspiration und Anregung für angehende Künstler geplant.

Unter den jungen Frankfurter Künstlern war Johann David Passavant, der als Maler im Kreis der Künstlergruppe der Nazarener begann, doch rasch seine überragende Begabung als Kunsthistoriker und Museumsmann entdeckte. Passavant war dem Städelschen Kunstinstitut vom Tag seiner Eröffnung 1817 im Haus am Rossmarkt als Berater und Kunstvermittler eng verbunden; von 1840 bis zu seinem Tod 1861 amtierte er schließlich als Inspektor (in heutiger Terminologie: Direktor) des Hauses.

Im seinem Vorwort zum Buch Alte Meister (1300-1800) im Städel Museum unterstreicht Philipp Demandt, dass die Altmeisterung ihre internationale Bedeutung Passavant verdankte, denn dieser erwarb nicht nur zentrale Werkgruppen der altniederländischen Malerei und wichtige Arbeiten der italienischen Kunst des Spätmittelalters und der Renaissance, sondern der Ausbau der grossartigen Sammlung holländischer und flämischer Barockgemälde ist ebenfalls sein Verdienst. So ist das Städel Museum seit Passavants Tagen der Ort, an dem sich die Entwicklung der wichtigsten Schulen der europäischen Malerei vom ausgehenden 13. bis zum 18. Jahrhundert an exemplarischen Haupt- und Meisterwerken ablesen lässt.

Auch in späteren Jahren erfolgten weitere bedeutende Schenkungen aus der Frankfurter Bürgergesellschaft sowie gezielte Erwerbungen nach kunsthistorischen Kriterien durch den 1899 gegründeten Städelschen Museums-Verein. So konnte die Sammlung europäischer Malerei im Städel Museum stets neu akzentuiert beziehungsweise erweitert werden. Zudem erwarb die 1907 gegründete Städtische Galerie immer wieder Altmeister-Gemälde aus Mitteln der Stadt Frankfurt für das Städel.

Insbesondere während des Direktorats von Georg Swarzenski von 1906 bis 1937, das seit 1933 von den Nazi beeinträchtigt wurde, wurde neben dem gezielten Ausbau der Moderne die Vervollständigung des Bestands an Alten Meistern mit Nachdruck betrieben. Der Ankauf von zeitgenössischer Kunst wurde mit dem Hinweis auf bereits vorhandene Altmeister-Gemälde begründet wurde: So trat etwa Vincent van Goghs melancholisches Porträt des Dr. Gachet, das 1937 als „entartet“ aus dem Städel entfernt wurde, in einen unmittelbaren Dialog mit Deodato Orlandis um 1300 entstandenem Trauerndem Johannes, der schon seit dem 19. Jahrhundert Teil der Städel-Sammlung gewesen war. Gleiches gilt für Max Beckmanns monumentale Kreuzabnahme von 1917, seit 1919 im Städel Museum, als Folge der nationalsozialistischen Beschlagnahme heute ein Highlight im Museum of Modern Art in New York. Beckmann hatte dieses Werk in direkter Auseinandersetzung mit dem „gekreuzigten Schächer“ des „Meisters von Flémalle“ im Städel Museum geschaffen, so Demandt.

Neben Werken aus Deutschland und den Niederlanden beeindrucken im Städel Arbeiten aus Frankreich und Italien, so von Poussin, Chardin, Lorrain, Tiepolo und vielen anderen. Eine Reise nach Frankfurt ist folglich für jeden Kunstfreund Pflicht.

Der Band zur Altmeister-Sammlung enthält neben den rund 200 abgebildeten Meisterwerken rund ein Dutzend Kapitel, in denen im Detail auf die Sammlungsgeschichte und einzelne Aspekte, Werkgruppen und Schwerpunkte eingegangen wird. Darunter finden sich Kapitel zur religiösen Kunst des Spätmittelalters, zur Renaissance, zur Abbildung der Wirklichkeit in der niederländischen und deutschen Malerei des 15. Jahrhunderts, zur Antwerpener Malerei im 16. Jahrhundert, zur Landschaftsmalerei, zur nordeuropäischen Stilllebenmalerei, zu Idealen der Kunst in Barock und Rokoko, etc.

Das Buch Alte Meister (1300-1800) im Städel Museum, Hatje Cantz, 276 Seiten mit 253 Abbildungen, Dezember 2018, bestellen bei Amazon.de. Diese Rezension beruht auf dem hier vorgestellten Buch. Zitate und Teilzitate stehen zwecks besserer Lesbarkeit nicht zwischen Anführungs- und Schlusszeichen.

Rezension vom 2. Dezember 2019 um 20:24 deutscher Zeit.