Carly Fiorina: Mit harten Bandagen

Feb 13, 2007 at 00:00 1112

Die Autobiografie von Carly Fiorina. Buchkritik. Rezension.

Carly Fiorina unterstützt im amerikanischen Präsidentschaftsrennen John McCain. Sie führt für ihn die Gruppe „Victory 2008“, die Geld für seinen Wahlkampf sammelt und sich um Wählerkontakte kümmert bzw. sicher stellt, dass diese zur Wahl gehen. Carly Fiorina ist zudem als Kandidatin für das Amt der Vizepräsidentin im Gespräch [8.3.2008].

Ihre Autobiografie beginnt die ehemalige Chefin von Hewlett-Packard, Carly Fiorina, mit ihren dunkelsten Stunde, ihrem Sturz. Und so endet auch ihr Buch: Warum sie gefeuert wurde, kann sie nicht verstehen – und der Leser, der nur ihre Seite der Geschichte kennt, ebenfalls nicht, denn sie hat nur ihren Job gemacht, und den erst noch gut.

Fiorina bietet kurze Kapitel zu ihrer Herkunft und Familie, zu ihrer Ausbildung in Stanford, an der Universität von Maryland und am MIT, um sich sogleich ihrer Karriere bei AT&T, Lucent Technologies (einem Spin Off von AT&T) und Hewlett-Packard zu widmen.

Viele hätten ihr vorgeworfen, sie sei zu glitzernd, zu sehr auf Publizität versessen. Mit den Fakten hätten sich diese Kritiker weniger auseinandergesetzt. Als sie als junge Vizepräsidentin bei AT&T von ihrem Vorgesetzten als letzte nach ihrer Meinung zu einem Direktor befragt wurde, warf ihr ihr Boss Emotionalität vor, obwohl sich ihre Argumente nicht von jenen ihrer Kollegen unterschieden. Sie war sich bewusst, als Frau härter arbeiten und Hindernisse überwinden zu müssen, um in der Männerwelt Karriere zu machen.

Allerdings räumt sie ein, dass sie im Gegensatz zum archetypischen Silicon Valley CEO nicht introvertiert, sondern extrovertiert sei. Zudem habe sie es nicht wie andere Leader geliebt, über Bits und Bytes zu sprechen, sondern über die Auswirkungen der Technologie auf die Menschen.

Als „Carly Fiorina, female CEO“ stand sie unter ständiger Beobachtung der Presse, was ihr nicht nur sechsmal ununterbrochen die Auszeichnung als erfolgreichste Frau der Wirtschaft im Magazin „Fortune“ einbrachte, sondern auch völlig erfundene Geschichten von „Vanity Fair“, sie reise mit einem Frisör und einer Maskenbildnerin, während dem die Lokalpresse phantasierte, sie habe sich ein rosarotes Badezimmer im Büro einrichten lassen.

Fiorina verteilt nicht nur Lob, sondern teilt auch kräftig aus. Einigen Managern dürfte die Lektüre auf den Magen geschlagen haben, nicht zuletzt Michael Capella von Compaq, den sie als launenhaft, unbeständig und depressiv charakterisiert; später habe sie herausgefunden, dass die führenden Compaq-Angestellten sich gegenseitig informierten, ob der „gute“ oder „böse“ Michael an der Arbeit sei.

Ende 2000, als Fiorina bereits an der Spitze von HP stand, befand sich die Wirtschaft im freien Fall. Die strukturellen Veränderungen, die nun anstanden, machen den Buchtitel „harte Entscheidungen“ noch plausibler. Sie ging den Weg zurück zur Philosophie der Meritokratie. Tausende mussten entlassen werden, noch vor dem damals noch unsicheren Merger mit Compaq, hinter dem sie sich zudem nicht verstecken wollte. Bei den Entlassungen wurden die Manager von einer spezialisierten Firma unterstützt, um das Unvermeidliche rasch, aber mit Würde und grosszügigen Abfindungen zu verwirklichen. Dennoch wurde sie zur „Kettensägen Carly“ gestempelt.

Fiorina betont, dass Wandel keine hundert Prozent Zustimmung erfordere, nicht einmal eine Mehrheit, sondern lediglich eine kritische Masse. Ihre Einsichten zum Management sind so klar wie ihre Sprache und zeugen von ihrem Mut zum Wandel, was ihr vielleicht zuletzt beim Zusammenschluss von Hewlett-Packard und Compaq – der ursprünglich nicht ihre Idee war – mit den Kopf kostete.

Dieser Artikel beruht auf der englischen Ausgabe: Carly Fiorina: Tough Choices: A Memoir. Nicholas Brealey Publishing, London, 2006,  319 p. Bestellen bei Amazon.co.uk oder Amazon.com. Deutsche Ausgabe: Carly Fiorina: Mit harten Bandagen. Die Autobiografie. Campus Verlag, 2006, 440 S. 24.90. Bestellen bei Amazon.de. Alle Aktionen bei Amazon.de.

Diese Buchkritik / Rezension beruht auf der englischen Ausgabe: Carly Fiorina: Tough Choices: A Memoir. Nicholas Brealey Publishing, London, 2006,  319 p. Bestellen bei Amazon.co.uk oder Amazon.com. Deutsche Ausgabe: Carly Fiorina: Mit harten Bandagen. Die Autobiografie. Campus Verlag, 2006, 440 S. 24.90. Bestellen bei Amazon.de.

Artikel vom 13. Februar 2007