Das vorläufige Endergebnis der Landtagswahl in Brandenburg

Sep 02, 2019 at 01:51 700

Die wirtschaftliche Lage spielte keine Rolle

In Brandenburg wurden am 1. September 2019 genau 2 088 602 Wähler an die Urnen gerufen. Die Wahlbeteiligung lag laut dem vorläufigen Endergebnis bei 61,3%. Das ist ein bedeutender Zuwachs im Vergleich mit der letzten Landtagswahl vor fünf Jahren, als nur 47,9% der Brandenburger wählten.

Die wirtschaftliche Lage spielte dabei keine wichtige Rolle. Laut Umfragen von Infratest dimap bezeichneten 1999 nur 25% der Befragten die wirtschaftliche Lage als gut und 74% als schlecht. 2004 lagen diese Zahlen bei 7% und 92%, 2009 bei 29% und 70%, 2014 bei 66% und 32%. Im August 2019 bezeichneten 58% der Brandenburger die wirtschaftliche Lage als gut und nur 38% als schlecht.

Bei der Frage, ob sich die Lebensumstände verschlechtert hätten, antworteten im August 2019 nur 24% der AfD Wähler mit ja. Bei allen Parteien lag die Zahl im Durchschnitt bei 12%, die Angaben, ihre Situation habe sich verschlechtert. Hinter der AfD kamen die Wähler der Linken mit 11% auf den zweitschlechtesten Wert, lagen aber bereits unter dem Durchschnitt aller Wähler.

Die Umfragen von Infratest dimap zeigen, dass das Wahlresultat andere Ursachen hatte. Die AfD-Wähler sind zu 87% unzufrieden mit der Demokratie in Deutschland, während dies bei allen Wählern nur bei 48% der Fall ist. Am zweitschlechtesten schneidet die Demokratie bei den Anhängern der Linken ab, die 50:50 geteilt sind. Die Wähler der Grünen hingegen sind vom Klimawandel beunruhigt. 96% haben Sorgen, dass dieser unsere Lebensgrundlagen zerstört. Bei der AfD liegt der Wert nur – aber immerhin noch – bei 42%. Bei der AfD haben 88% der Anhänger Sorge, dass die Kriminalität massiv zunimmt. Bei CDU-Wählern liegt der Wert bei 58%. Bei der SPD ist es ein starke Minderheit von 49%. Bei den Grünen-Anhängern sehen nur 24% die Gefahr eines Anstieges der Kriminalität.

Nach der Wende sei den Menschen, die einst in der DDR lebten, zuviel Wandel zugemutet worden, während dem im Westen sich nichts änderte, ist ein oft gehörtes Argument. Jetzt schon wieder Umwälzungen wegen Zuwanderung, Digitalisierung, Umwelt und Globalisierung, das sei zuviel. AfD-Wähler sind lauf Infratest dimap zu 80% der Meinung, dass sich das Leben zu stark ändern werde. Zukunftsängste sind bei ihnen bei weitem am stärksten vorhanden. Bei den Zweitplatzierten von der Linken befürchtet allerdings bereits nur eine Minderheit von 46%, dass sich ihr Leben zu stark ändern werde, während dem 54% dies nicht so sehen.

Die Meinung, dass der Einfluss des Islam zu stark werde, haben in Brandenburg 92% der AfD-Wähler und 55% der CDU-Wähler. Bei FDP-Wählern ist nur eine Minderheit von 46% dieser Meinung, während dem 54% dies nicht so sehen. Unter SPD-Wählern sind 41% besorgt, der Einfluss des Islam werde zu stark, bei Linken-Wählern 36% und bei Grünen-Wählern 22%.

Das Gesamtergebnis der Landtagswahl 2019 in Brandenburg zeigt nicht das ganze Bild. Ein Blick auf die Landkarte beweist, dass das Land zweigeteilt ist. Die SPD hat im Westen Brandenburgs fast alle Direktmandate gewonnen, die AfD hingegen hat fast alle Direktmandate im Osten.

Das vorläufige amtliche Endergebnis: Die SPD blieb mit 26,2% und 25 Sitzen zwar die stärkste Kraft in Brandenburg, doch verliert sie gegenüber der letzten Landtagswahl 5,7%. Noch dramatischer sieht der Abstieg in einer langfristigen Betrachtung aus, denn Ministerpräsident Stolpe gewann 1994 mit 54,1% die absolute Mehrheit der Stimmen für die SPD. Das war zwar ein einmaliges Resultat, aber es zeigt, dass die SPD selbst in Brandenburg, wo sie seit der Wende an der Macht ist, in argen Nöten ist. Sie fuhr 2019 das schlechteste Wahlresultat ihrer Geschichte ein.

Weitere Verlierer: Die CDU kommt laut dem vorläufigen Endresultat 2019 auf 15,6% (-7,4%) und neu 15 Sitze, die Linke auf 10,7% (-7,9) und 10 Sitze. Zu den Verlierern gehört ebenfalls die FDP mit 4,1%, was zwar ein Plus von 2,6% bedeutete, doch nicht für den Einzug in den Brandenburger Landtag reicht. BVB/Freie Wähler legen hingegen 2,3% zu und kommen mit 5% in den Landtag, wo sie mit 5 Sitzen vertreten sein werden. Die Grünen verbuchen mit 10,8% gar ein Plus von 4,6% im Bundesland der Co-Vorsitzenden Annalena Baerbock und kommen nun auf 10 Sitze im Landtag. Der grosse Gewinner heisst AfD. Die Rechtspopulisten legen gegenüber 2014 um 11,3% zu und kommen neu auf 23,5% der Stimmen und 23 Sitze.

Damit ist nun in Brandenburg eine Dreierkoalition für die Regierungsbildung notwendig. Die rot-rote Linksregierung wurde abgewählt, obwohl Ministerpräsident Woidke lauf Infratest dimap von 59% aller Wähler als guter Ministerpräsident bezeichnet wird. Die SPD-Wähler sind gar zu 96% mit Woidke zufrieden, Linke-Wähler immerhin noch zu 76%. Doch der populäre Ministerpräsident konnte die Koalition nicht retten. 46% aller Wähler gaben der nun abgewählten gute, 51% schlechte Noten.

Am Wahlabend bekundete Ministerpräsident Woidke sofort die Absicht, eine neue Regierung zu bilden. Es dürfte auf Rot-Grün-Rot hinauslaufen. Nicht nur haben diese drei Parteien die grössten Schnittmengen, sondern vor allem finden 63% der SPD-Wähler, 75% der Grünen-Wähler und 72% der Linke-Wähler in Brandenburg, dass Rot-Grün-Rot die beste Option für ihr Land ist.

Dietmar Woidke auf dem SPD Bundesparteitag am 19. März 2017 in Berlin. Foto Copyright: Olaf Kosinsky (info@kosinsky.eu)

Artikel vom 2.9.2019 um 01:51 Berliner Zeit. Photo von Woidke am 3.9.2019 um 11:04 Berliner Zeit hinzugefügt.