David Zinman

Jul 17, 2014 at 00:00 329

Biographie von David Zinman –  der Chefdirigent und künstlerische Leiter des Tonhalle Orchesters Zürich tritt ab

19 Jahre hat er das Tonhalle Orchester Zürich geprägt. Nun tritt er ab. Am 11. Juli 2014 dirigierte er sein letztes Konzert vor dem Zürcher Heimpublikum. David Zinman geht. Eine Ära, die Glanz in die Tonhalle brachte, endet.

Ein Komponist stand am Anfang seiner Zeit als Chefdirigent in der Limmatstadt im Vordergrund, begleitete ihn durch alle Jahre hindurch und bildete zum Schluss wieder das Zentrum: Ludwig van Beethoven.

Der Erfolg kam mit einer preiswerten Gesamtaufnahme von Beethovens Sinfonien in entschlackter Form, die sich innerhalb von fünf Jahren über eine Million Mal verkaufte und den Preis der Deutschen Schallplattenkritik 1999 gewann (die 5-CD-Box bestellen bei Amazon.de, Amazon.com (wir erhalten eine Kommission; akzeptieren Sie alle Cookies, damit Sie direkt zur CD-Box kommen, ansonsten landen Sie auf der Hauptseite bei Amazon).

Die Einspielung der Sinfonien beruhte auf der kritischen Beethoven-Ausgabe von Jonathan Del Mar, als diese noch gar nicht gedruckt war (später erschienen bei Bärenreiter). Zudem respektierte David Zinman die von Ludwig van Beethoven selbst vorgegeben Tempi und bezog Elemente der historischen Aufführungspraxis in seine Interpretation mit ein. Bereits als Chefdirigent des Baltimore Symphony Orchestra hatte er ja eine neue Sicht auf Beethoven vertreten.

Mit einer Neuauflage des Beethovenzyklus beendete David Zinman 2014 seine grossartige, 19jährige Zeit an der Spitze des Tonhalle Orchesters Zürich. Mario João Pires, Christian Zacharias, Radu Lupu, András Schiff und Mitsuko Uchida hiessen die Solisten in den Beethoven-Klavierkonzerten im Mai und Juni 2014. Schade nur, dass der grösste lebende Pianist, Alfred Brendel, ein jahrzehntelanger Freund von David Zinman, bereits 2008 seinen Abschied vom Konzertsaal genommen hat. Immerhin konnten ihn der nun abtretende Chefdirigent und das Tonhalle Orchester auf seiner Farewell-Tournee 2008 in verschiedene Musikmetropolen begleiten.

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Ein weiterer Höhepunkt von David Zinmans Schaffen in Zürich war die Gesamteinspielung von Gustav Mahlers Sinfonien (Amazon.de, Amazon.com, Amazon.fr). Beim Antrittskonzert vom 28. September 1995 dirigierte er Gustav Mahlers Dritte, beim Abschiedskonzert am 11. Juli 2014 in der ausverkauften Tonhalle Gustav Mahlers Zweite, die „Auferstehungssinfonie“. Die Wahl des Stückes war als Fingerzeig an das Orchester und den neuen Dirigenten gedacht, dass alles einmal vergehen muss, doch das es danach weitergeht, die Auferstehung folgt. Unter dem sachlichen David Zinman klingt Mahlers zweite Sinfonie weder überladen noch übermässig gefühlsbetont, sondern transparent und schlank.

David Zinman sagte zu seiner Leistung in Zürich, er habe an den Grundlagen bestehend aus präzisem Rhythmus, sauberer Intonation und gutem Zusammenspiel gearbeitet. Das habe sich über zwei Jahrzehnte ausgezahlt. Zu seinem Metier meinte er, der Dirigent gebe durch seine Gesten dem Orchester Tempo, Dynamik und Hinweise zu den Gefühlen vor. Das Resultat kann sich in der Tat sehen und vor allem hören lassen!

Biografie von David Zinman

David Zinman wurde am 9. Juli 1936 in New York City geboren. Seine Eltern waren Amerikaner mit Wurzeln in Russland und Polen, die ihm eine Geige schenkten. Der Junge wuchs in der Bronx auf und studierte zuerst Violine am Oberlin College in Ohio und danach Musiktheorie und Komposition an der Universität von Minnesota, wo er 1963 einen M.A. erwarb.

1958 nahm David Zinman an den Sommerkursen in Tanglewood teil. Er war einer von acht Schülern in einer Klasse, die Eleazar de Carvalhao, ein brasilianischen Schüler von Sergei Koussevitzky, leitete. Mit dabei waren Claudio Abbado und Zubin Mehta, die den ersten und den zweiten Preis für angehende Dirigenten gewannen. Für David Zinman bedeutete Tanglewood trotz dem verpassten Spitzenplatz den Einstieg ins professionelle Geschäft. Über das dortige „Heimorchester“, das Boston Symphony Orchestra (BSO), dem einst Koussevitzky vorgestanden war, kam der junge Mann in Kontakt mit Pierre Monteux, dem Chefdirigenten das BSO, der an ihn glaubte und ihn zu seinem Assistenten machte. David Zinman betont, dass Pierre Monteux ihn künstlerisch tief geprägt habe. Von ihm habe er seine Neigung zum hellen Klang und zur Genauigkeit dem Notentext gegenüber, die Betonung der rhythmischen Genauigkeit und der Transparenz des Orchestersatzes.

Mit Pierre Monteux arbeitete David Zinman von 1958 bis zum Tod des Dirigenten 1964. Von 1965 bis 1977 leitete er das 1955 gegründete Nederlands Kamerorkest, von 1974 bis 1985 das Rochester Philharmonic Orchestra, von 1979 bis 1982 das Rotterdams Philharmonisch Orkest und von 1985 bis 1998 das Baltimore Symphony Orchestra. Von 1998 bis 2010 war David Zinman zudem der Musikdirektor des Aspen Music Festival.

David Zinman dirigierte mehrfach in Bern, Basel und Zürich, wo er 1983 erstmals gastierte, lange bevor er zum Chefdirigenten des Tonhalle Orchesters ernannt wurde. Laut einem Interview hörte er von Isaac Stern, dass Zürich auf der Suche nach einem neuen Chefdirigenten sei. Über den befreundeten damaligen Präsidenten der Tonhalle-Gesellschaft sei es zu einer Einladung gekommen, was später zum langjährigen Engagement führte, das 1995 begann und 2014 endet.

Das 1868 gegründete Tonhalle Orchester ist das älteste Sinfonieorchester der Schweiz. Als Chefdirigent und künstlerischer Leiter widmete sich David Zinman in Zürich vor allem den Sinfonien von Ludwig van Beethoven, Gustav Mahler, Johannes Brahms, Richard Strauss, Robert Schumann und Franz Schubert. Die meisten Einspielungen sind hörenswert.

Wie erwähnt begann auf CD alles mit Beethoven, weil das Arte Nova Musiklabel (damals BMG, später Sony) auf der Suche nach einem Orchester war, das sämtliche Sinfonien von Beethoven einzuspielen bereit war. Es wurde ein Millionenerfolg. Eine Sensation im Klassikbereich.

David Zinman hat regelmässig mit grossen Interpreten wie Alfred Brendel, Yo-Yo Ma, Yefim Bronfman und Julia Fischer zusammengearbeitet. Das ist auf CD und anderen Tonträgern dokumentiert. Die bandbreite der Musik des Tonhalle Orchesters unter der Leitung von David Zinman wird uns daher nach dem Abgangs des Maestros weiterhin erhalten bleiben.

David Zinman gehört zu den weltweit führenden Dirigenten. Er hat das Tonhalle Orchester Zürich vom Mittelmaas in den Olymp der rund zwölf besten Sinfonieorchester geführt. Der Dirigent war weise genug, auf dem Höhepunkt abzutreten.

Neuer Chefdirigent und musikalischer Leiter des Tonhalle Orchesters Zürich mit Beginn der Saison 2014/15 für die folgenden vier Jahre wird Lionel Bringuier, den ich leider (noch) nicht kenne und noch nie live gesehen und gehört habe. Möge er das Orchester zu neuen Höhenflügen leiten!

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Der Dirigent David Zinman. Foto Copyright Tom Haller / Tonhalle Orchester Zürich.

Die CD Wagner in Switzerland wurde 2013 bei Sony RCA Red Seal in Zusammenarbeit mit Radio SRF veröffentlicht. Die CD enthält Live-Aufnahmen aus dem Jahr 2012 mit dem Tonhalle-Orchesters Zürich unter der Leitung des herausragenden Dirigenten David Zinman. In der Tonhalle Zürich spielten sie aus dem Fliegenden Holländer die Ouvertüre und „Die Frist ist um“; aus dem Rheingold „Abendlich strahlt der Sonne Auge“; aus der Walküre den Walkürenritt und „Leb wohl, du kühnes herzliches Kind“; aus der Götterdämmerung den Sonnenaufgang und Siegfrieds Rheinfahrt. Den Holländer und den Wotan – zwei seiner Paraderollen – singt der lettische Bassbariton Egils Silins. Dies sind knapp 68 Minuten herausragender Musik aus der Schweiz! Die CD Wagner in Switzerland mit Infos und Illustrationen auf 84 Seiten bestellen bei Amazon.de (wir erhalten eine Kommission).

Der Dirigent David Zinman. Foto Copyright Tom Haller / Tonhalle Orchester Zürich.

Ein Blick an die Decke der Tonhalle. Photo Copyright: Frederic Meyer / Tonhalle Orchester Zürich.

Das Tonhalle Orchester im Jahr 2021. Photo Copyright: Gaëtan Bally / Tonhalle Orchester Zürich.

Hier noch ein französischer Artikel zur Geschichte des Tonhalle Orchesters.

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