Kai Wegner und Franziska Giffey haben nach den Februar-Wahlen in Berlin heute, am 3. April 2023, ihren 135-seitigen Koalitionsvertrag „Das Beste für Berlin“ vorgestellt, der in 25 Tagen Koalitionsverhandlungen erarbeitet wurde.
Kai Wegner betonte, die Verhandlungen hätte auf Augenhöhe stattgefunden und seien lösungsorientiert gewesen. Für ihn ist Berlin die Metropole mit den grössten Chancen. Die Spitzen von CDU und SPD offerieren keine Wunderlösungen, sie hätten hingegen viele kleine Hebel gefunden.
Kai Wegner betonte: «Berlin ist eine internationale, eine weltoffene, eine bunte, eine vielfältige Metropole. Und das muss so bleiben. Das muss geschützt werden. Denn in dieser Stadt soll jeder nach seiner Façon glücklich werden. Egal, woher er kommt, egal was er glaubt, egal, wen er liebt.»
Der Koalitionsvertrag biete Modernisierung und Erneuerung in 24 Themenbereichen, von denen Kai Wegner die Mobilität zuerst hervorhob. Die Grosse Koalition will den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) ausbauen, die Taktzeiten deutlich verbessern. CDU und SPD setzten nicht auf Verbote, sondern auf Angebote. Die Ladestruktur für die Elektromobilität soll vergrössert werden. Die Polizei soll mit mehr Mitteln ausgestattet werden, um die Stadt sicherer zu machen. Daneben soll Berlin auch sauberer werden.
Kai Wegner betonte, für die CDU sei Bildung wichtig. Es gehe und mehr Qualität, um beste Chancen für alle Kinder, auch schon bevor die Kinder in die Schule kommen. Bezahlbares Bauen und Wohnen ist ein weiteres Kernanliegen der Grossen Koalition. Deshalb sollen Genehmigungsverfahren entschlackt werden.
Laut Kai Wagner braucht es für alles eine besser funktionierende Verwaltung. Die Digitalisierung solle vorangetrieben werden. Dazu brauche es klare Zuständigkeiten zwischen Land und Bezirken. Die Löhne in der Verwaltung soll in den nächsten fünf Jahren in einem Stufenmodell auf Bundesniveau angehoben werden.
Danach sprach Franziska Giffey. Sie dankte allen Verhandlern, den Hauptverhandler und den 13 Facharbeitsgruppen. Das Wahlergebnis habe gezeigt, das eine Veränderung der Koalition nötig sei. „Das Beste für Berlin“ sei dabei (ihr) Leitmotiv gewesen. Franzisko Giffey betonte, es hätte auch eine andere Koalition gebildet werden können.
Hier gilt es anzumerken, dass bei der Februarwahl Rot-Grün-Rot abgestraft wurde, jedoch eine klare Mehrheit der Sitze behielt, und daher mit Franzska Giffey als Oberster Bürgermeisterin hätte weiter regieren können. Laut infratest dimap fanden damals die Wähler der SPD zu 54%, Rot-Grün-Rot sei eine gute Koalition; nur 32% sagten dies über eine grosse Koalition von CDU und SPD. Die Mitglieder der SPD können bis am 21. April 2023 über die Annahme des Koalitionsvertrags entscheiden. Wird die Basis der SPD dem 135-seitigen Koalitionsvertrag „Das Beste für Berlin“ zustimmen? Bei der CDU, die aus der Opposition kommt, gilt die Zustimmung als Formalität. Sie kann ja mit Kai Wegner – entgegen der allgemeinen Erwartung vor der Wahl – nun neu den Obersten Bürgermeister Berlins stellen.
Zurück zu Franzikska Giffeys Präsentation des Koalitionsvertrages: Sie hob hervor, CDU und SPD hätten darin über 1000 Einzelvorhaben vereinbart. Der Vertrag habe die soziale Stadt im Blick. Bei allen vereinbarten Punkten gehe es um Bürgernähe, Pragmatismus und Lösungsorientierung. Wie Kai Wegner gab sie ein Bekenntnis zu einer weltoffenen Stadt ab. Sie erwähnte zudem die Wettbewerbsfähigkeit im Zusammenhang mit dem Gebäude, in dem der Vertrag präsentiert wurd.
Zum Thema Klimaschutz merkte Franziska Giffey die Vorreiterrolle Berlins an. Die Stadt stelle ein „Sondervermögen für Klimaschutz, Resilienz und Transformation“ bereit. Berlin solle eine klimaneutrale Stadt werden. Daher investiere die Grosse Koalition in die energetische Gebäudesanierung, die Erzeugung erneuerbarer Energien, die Transformation der Wirtschaft und in klimaneutrale Mobilität.
Im Koalitionsvertrag steht dazu unter anderem: „Berlin wird ein Sondervermögen „Klimaschutz, Resilienz und Transformation“ mit einem Volumen von zunächst fünf Milliarden Euro schaffen. Darüber hinaus ist die Koalition bereit, Ende 2024 nach einer Vollzugsevaluation weitere bis zu fünf Milliarden Euro diesem Sondervermögen zuzuführen.“
Zum Thema klimaneutrale Mobilität hob Franziska Geffey die Bedeutung eines bezahlbaren ÖPNV hervor, ebenso den Ausbau von Strecken- und Schienennetzen. Sie erwähnte das 9-Euro-Sozialticket sowie ein 29-Euro-Ticket in Berlin in Ergänzung zum bundesweiten 49-Euro-Ticket der Ampel-Koalition auf Bundesebene.
Zum Thema bezahlbares Wohnen führte Franziska Giffey aus, dass Berlin nun 3,8 Millionen Einwohner habe, der Wohnungsleerstand jedoch unter 1% liege. Daher brauche es den Neubau von Wohnungen. Wohnungsbauprozesse sollen beschleunigt werden. In diesem Zusammenhang erwähnte sie das „Schneller-Bauen-Gesetz“ und die Wohnungsbauförderung Berlin. Die Bauordnung solle das Bauen begünstigen und nicht behindern. Die Grosse Koalition wolle den Bestand der landeseigenen Wohnungen erhöhen. Daher gebe es ein Ankaufsprogramm. Es gebe zur Zeit 400,000 landeseigene Wohnungen, 20% aller Wohnungen. Dieser Anteil solle erhöht werden durch Neubau und den Ankauf von Wohnungen. Zudem erwähnte sie dringend notwendige Schulsanierungen.
Rot-Grün-Rot war eine Katastrophe. So konnte es nicht weitergehen. Franziska Giffey hatte schon lange Mühe mit ihren Koalitionspartnern, insbesondere bezüglich der Wohnungs- und Baupolitik. Wenn eine Politikerin freiwillig auf das höchste Amt verzichtet, dann war Feuer im Dach. Doch Franziska Giffey steht auf der rechten Seite innerhalb der linken Berliner SPD. Einige Parteikader haben ein Interesse an einer Grossen Koalition, denn bei nur zwei statt drei Parteien gibt es mehr Posten zu verteilen. Wird die Partei Franziska Giffey folgen? Die SPD-Basis tendierte wie oben erwähnt eigentlich zum „Weiter So“. Die Partei könnte bei einer Zustimmung noch mehr zerzaust werden. Bei einer Ablehnung ebenso. Stimmen die SPD-Mitglieder bis am 21. April 2023 zu, werden wir in dreieinhalb Jahren wissen, ob die Grosse Koalition ein Segen für Berlin – und für die SPD – ist.
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Das Foto oben zeigt Kai Wegner (*1972), den zukünftigen Regierenden Bürgermeister Berlins, sofern CDU und SPD dem Koalitionsvertrag zustimmen. Foto von Sven Teschke aus dem Jahr 2014 / Lizenz: Creative Commons CC-by-sa-3.0 via Wikipedia.
Artikel vom 3. April 2023 um 13:58 Berliner Zeit. Zuletzt ergäntzt um 15:42.