Franziska Giffey ist die erste Bürgermeisterin der Stadt Berlin

Dez 21, 2021 at 20:59 861

1947/48 regierte mit der SPD-Politikerin Louise Schroeder bereits einmal eine Frau die Stadt Berlin, allerdings „nur“ kommissarisch als Oberbürgermeisterin. Franziska Giffey ist die erste Regierende Bürgermeisterin der Stadt Berlin. Dieses Amt besteht seit 1951.

Als Spitzenkandidatin bei der Abgeordnetenhauswahl fuhr Franziska Giffey zwar mit 21,4% (-0,2%) das historisch schlechteste Ergebnis für die Berliner SPD ein. Doch die Sozialdemokraten landeten noch vor den Grünen mit 18,9% (+3,7%). Die oppositionelle CDU kam auf 18,1% (+0,5%). Die Linke schaffte es nur noch auf 14% (1,6%) und landete damit neu hinter dem bisherigen, kleinsten Koalitionspartner, den Grünen. Die oppostionelle AfD erlitt mit 8% (-6,2%) ein Wahldebakel. Die FDP legte leicht auf 7,2% zu (+0,5%). Alle anderen Partein blieben klar unter der 5%-Hürde.

Franziska Giffey zur Regierenden Bürgermeisterin von Berlin gewählt

Das Berliner Abgeordnetenhaus hat ingesamt 147 Sitze. Rot-Grün-Rot kontrolliert insgesamt 92 Mandate. Bei der heutigen Wahl waren krankheitsbeding nur 139 Abgeordnete anwesend. Laut Presseberichten waren darunter 87 von Rot-Grün-Rot. Für Franziska Giffey als Regierende Bürgermeisterin votierten 84 Abgeordnete, dagegen 52.

Die SPD kontrolliert im Berliner Abgeordnetenhaus 36 Mandate, die Grünen haben 32, die Linke hat 24 Sitze. Die Opposition setzt sich wie folgt zusammen: CDU 30 Abgeordnete, AfD 13, FDP 12.

Kurzbiographie von Franziska Giffey

Franziska Giffey wurde 1978 als Franziska Süllke in Frankfurt an der Oder geboren. Sie ist die Tochter einer Buchhalterin und eines Kfz-Meisters. Sie ist seit 2008 mit dem Tierarzt Karsten Giffey verheiratet und hat mit ihm einen 2009 geborenen Sohn.

Franziska Giffey trat 2007 der SPD bei. Sie war unter anderem von April 2015 bis März 2018 Bezirksbürgermeisterin von Berlin-Neukölln sowie von März 2018 bis Mai 2021 Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Mit ihrer Dissertation zum Thema Europas Weg zum Bürger – Die Politik der Europäischen Kommission zur Beteiligung der Zivilgesellschaft wurde sie 2010 an der Freien Universität Berlin zur Dr. rer. pol. promoviert.

Doch nach Plagiatsvorwürfen kam eine Kommission zum Schluss: „Der Doktorgrad wurde durch eine mindestens bedingt vorsätzliche Täuschung erheblichen Ausmaßes erworben. Die Dissertation genügt damit nicht den Anforderungen an die Gute Wissenschaftliche Praxis.“ Im Juni 2021 wurde Franziska Giffey deshalb der Doktortitel entzogen. Infolge der Plagiatsaffäre um ihre Dissertation trat sie von ihrem Ministeramt zurück.

Im August 2021 kamen Vorwürfe hinzu, Franziska Giffey es gebe in ihrer 2005 an der Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege Berlin und an der Technischen Fachhochschule Wildau eingereichten Masterarbeit ebenfalls zahlreiche Plagiate. Die Vorwürfe wurden von den Schulen nicht geprüft, das sie zu weit zurücklagen.

Franziska Giffey war da bereits seit November 2020 Vorsitzende der SPD Berlin. Diesen Job behielt sie nicht nur, sondern sie wurde zudem die Spitzenkandidatin der SPD bei der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus vom 26. September 2021. Warum? Franziska Giffey ist populär. Sie kann gut mit Menschen. Die SPD ist nicht an politischen Talenten gesegnet. Ihrem Vorgänger, Bürgermeister Michael Müller, fehlte es an Charisma und Durchschlagskraft. Da fand sich keine Mehrheit in der Partei, die bereit war, diese aufstrebende Politikerin wegen einer oder zwei Plagiatsaffären abzusägen.

Konflikte zwischen Rot-Grün-Rot sind vorprogrammiert

Stolze 11 Vertreter von Rot-Grün-Rot unterzeichneten noch vor der Wahl von Franziska Giffey zur Regierenden Bürgermeisterin das Regierungsprogramm. Als letzte Partei hatte die Linke am 17. Dezember mit 74,91% für den gemeinsamen Koalitionsvertrag von Rot-Grün-Rot gestimmt.

Es bleibt abzuwarten, wie sich Franziska Giffey in den kommenden fünf Jahren schlägt. Die Stadt Berlin wurde in den letzten Jahrzehnten schlecht regiert. In den Jahren der Teilung lebte sie von Subventionen. Unternehmen zogen weg, zuwenig neue siedelten sich an. Seit der Wiedervereinigung gab es zu wenige Fortschritte. Kann die neue Regierende Bürgermeisterin das Ruder herumreissen?

Franziska Giffey erwähnte heute im Abgeordnetenhaus die Corona-Pandemie, den Klimawandel und die Verkehrswende als Herausforderungen für die Stadt. Für Schlagzeilen sorgten zuletzt vor allem Mietendeckel und Enteignungen von grossen, privaten Wohnungsunternehmen, um die Wohnungsnot in Berlin zu lindern. Zu einer Entspannung der Situation am Wohnungsmarkt ist es dadurch natürlich nicht gekommen.

Die Linke hat bereits formuliert, dass eine Investitionsoffensive, die Umsetzung des Volksentscheids zur Enteignung großer Wohnungskonzerne und die Überwindung der Wohnungslosigkeit bis 2030 zu verwirklichen seien. Von Franziska Giffey ist bekannt, dass sie vom Volksentscheid „Deutsche Wohnen Co. enteignen“ nicht begeistert war und eigentlich eher eine andere als die bisherige Koalition vorgezogen hätte. Immerhin: Das Ressort Stadtentwicklung und Wohnen liegt neu nicht mehr in den Händen von Die Linke, sondern wird nun von der SPD verwaltet werden.

Die Digitalisierung in Berlin könnte besser sein, die Infrastruktur muss aufgepäppelt, Schulen müssen renoviert, Lehrer gesucht, Bürokratie abgebaut bzw. auf Vordermann gebracht werden. Doch das Bundesland ist finanzschwach. Das Spitzentrio Franziska Giffey (SPD), Bettina Jarasch (Grüne) und Klaus Lederer (Linke) ist um die anstehenden Aufgaben nicht zu beneiden.

Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne. Will Franziska Giffey in Berlin erfolgreich sein, muss sie in der Tat zaubern.

Nebenbei bemerkt: In allen Berliner Clubs, in denen ich in den Jahren vor Corona tanzte, wurde geraucht, obwohl das eigentlich verboten ist. Zudem war die Lüftung überall mangelhaft. Es geht um die Gesundheit. In Riga, Prag, Bukarest, Chisinau, Lviv, Odessa, etc. können sie es besser. Und das ist angeblich der „Wilde Osten“.

Empfohlene Lektüre zur Stadt Berlin: Jens Bisky: Berlin: Biographie einer großen Stadt, Rowohlt, 2019, 976. Das Buch bzw. Kindle EBook bestellen bei Amazon.de.

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Franziska Giffey. Photo: Sandro Halank, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0.

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Artikel vom 21. Dezember 2021 um 20:59 deutscher Zeit. Um 20:52 Satz zum Thema „zaubern“ hinzugefügt.