Die Fünf-Sterne-Bewegung und die Lega wollen Italien regieren

Mai 27, 2018 at 18:19 665

Die populistische Fünf-Sterne-Bewegung und die rechtspopulistische Lega wollen zusammen regieren

27. Mai 2018: Giuseppe Conte hat heute nach einem Gespräch mit Präsident Mattarella sein Mandat zurückgegeben, die nächste Regierung Italiens zu bilden. Zudem bleibt nach italienischen Medienberichten das Veto von Präsident Mattarella gegen den inbesondere von Lega-Chef Salvini gewollten Minister für Wirtschaft und Finanzen, Paolo Savona, bestehen; Savona hat in den letzten Jahren den Austritt Italiens aus der Eurozone gefordert.

Hinzugefügt am 23. Mai 2018 um 22:13 Römer Zeit: Präsident Mattarella hat heute abend Giuseppe Conte als Premierminister bestätigt.

Artikel vom 22. Mai 2018 um 16:54 Römer Zeit: Der Fünf-Sterne-Chef Luigi Di Maio und der Lega-Chef Matteo Salvini haben sich auf ein 57-seitiges Regierungsprogramm mit 30 Punkten geeinigt. 94% der an einer Abstimmung darüber teilnehmenden Anhänger der Fünf Sterne-Bewegung sowie 91% der teilnehmenden Lega-Mitglieder stimmten dem „Vertrag für eine Regierung des Wandels“ zu.

Bereits am Sonntag, dem 20. Mai, verkündete der Lega Chef Salvini, er habe sich mit Di Maio bereits über die Kabinettsliste und den Regierungschef geeinigt. Namen wollte er noch keine nennen, doch weder er noch Di Maio würden Premierminister werden. Am Montag, dem 21.5. gingen die zwei Parteichefs zum italienischen Staatspräsidenten Sergio Mattarella das Regierungsprogramm vorstellen und die Namen der Regierungsmitglieder mitteilen. Giuseppe Conte (*1964) soll neuer Premierminister werden. Der Politineuling ist Anwalt sowie Professor für Verwaltungsrecht in Florenz und Rom. Er wird in Medienberichten als ausgeglichen und ruhig beschrieben. Er sei kein EU- und Euro-Skeptiker, wird berichtet. Allerdings gibt es bereits eine Kontroverse um sein CV, bei dem es Ungereimtheiten zu geben scheint. Noch hat Präsident Mattarella den Populisten und ihrem möglichen Regierungschef kein grünes Licht gegeben.

Einführung einer Flat Tax bei gleichzeitiger Erhöhung der Sozialausgaben

Der Koalitionsvertrag (Contratto per il governo del cambiamento) der Fünf-Sterne-Bewegung und der rechtspopulistischen Lega sieht eine radikale Vereinfachung des Steuersystems vor. Dazu gehört eine Flat-Tax von 15% für Unternehmen und physische Personen mit einem Einkommen bis zu 80.0000 Euro pro Jahr bzw. von 20% für Jahreseinkommen, die darüber liegen.

In der Tat ist die Steuer- und Abgabenlast in Italien viel zu hoch. Das führt nur zu Steuerhinterziehung und Schwarzarbeit. Der Staatssektor ist ineffizient. Die Verwaltung muss modernisiert und bürgerfreundlicher werden. Die Korruption muss entschiedener bekämpft werden.

Doch Steuer- und Abgabensenkungen bei gleichzeitig steigenden sozialen Ausgaben, so für ein von den Fünf-Sternen gewünschtes Mindesteinkommen sowie für die teilweise Rücknahme der Rentenreform – welche die damals zuständige Ministerin Elsa Fornero einst unter Tränen verkündete – und andere Wohltaten lassen EU-Bedenken bezüglich der Nachhaltigkeit der zukünftigen Regierungspolitik steigen. Der französische Präsident Emmanuel Macron mahnte deshalb zurecht die Einhaltung der Maastrichtkriterien an. Der CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sprach von einer „Schulden-Koalition“.

In der Tat liegt die Staatsschuld Italiens nach wie vor bei über 130% des BSP; die Maastricht-Kriterien sehen die maximal vertretbare Schuldenlast eines Staates bei 60% des BSP.

Italiens exorbitante Schulden sind nur tragbar, weil die EZB mit ihrer expansiven Geldpolitik und dem Aufkauf von Staatsschulden die Zinsen auf ein künstlich niedriges Niveau gedrückt hat, das die dahinter liegenden Risiken in keiner Weise mehr abbildet. Zinsen müssen Risiken wiedergeben. Dies ist weder bei Staaten noch bei Unternehmen zur Zeit der Fall. Die Niedrigzinspolitik kann nicht auf ewig so weiter gehen. Steigen die Zinsen wieder, werden einige Staaten und Unternehmen in arge Nöte geraten. Italien hat die Zeit niedriger Zinsen nicht wie Deutschland genutzt, um Schulden abzubauen, weil es dazu gar nicht in der Lage war.

Noch immer stehen in Italien Strukturreformen an. Die Arbeitslosenquote liegt bei rund 11%. Wie das sich ändern soll, ist nach der Lektüre des Koalitionsvertrags nach wie vor nicht klar. Gleichzeitig scheint die Zeit günstiger Öl- und Gaspreise vorbei zu sein, was nicht nur Italiens Wirtschaft zu spüren bekommen wird.

Die neue Regierung wird von einer knappen Mehrheit begrüsst

Dennoch, laut einer am Wochenede veröffentlichten Umfrage des Instituts Demos für die Tageszeitung La Repubblica begrüssen rund 60% der Italiener die Bildung der Regierung bestehend aus den Populisten von der Fünf-Sterne-Bewegung und der Lega. Nur ein Viertel wünscht sich Neuwahlen.

Die Italienischen Wähler honorieren das zupackende Engagement von Matteo Salvini. Die Zustimmung für seine Lega ist in der neuesten Umfrage von Demos für La Repubblica nun auf 25,5% gestiegen ist, während dem die Fünf-Sterne-Bewegung immerhin mit 32,1% in etwa wie bei der letzten Wahl abschneidet. Berlusconis Forza Italia hingegen ist auf nur noch 9,8% gefallen. Die oppositionelle Demokratische Partei liegt noch bei 19%.

Die neue Regierung von Lega und Fünf-Sterne-Bewegung muss rasch zeigen, dass sie wie im Koalitionsvertrag angekündigt, strukturelle und nachhaltige Veränderungen zum Wohl der Wähler und der italienischen Wirtschaft durchzusetzen vermag. Im Moment überwiegen die Zweifel angesichts der zwei in vielen Aspekten gegensätzlichen Regierungspartnern. Andererseits hat sich in den letzten 30 Jahren in Italien nicht viel bewegt. Die zwei Populisten Salvini und Di Maio bekommen nun ihre Chance. Sie vertreten rund die Hälfte der Wähler. Es bleibt zu hoffen, dass sie im Gleichschritt in die richtige Richtung marschieren und Italien nicht versenken und damit eine Weltwirtschaftskrise auslösen.