Die Geschichte der Rolling Stones

Nov 04, 2005 at 14:41 3566

Bandgeschichte und Biografien von Mick Jagger, Keith Richards, Charlie Watts, Ron Wood, Brian Jones, Bill Wyman

Die vier älteren Herren sind längst zu lebenden Legenden avanciert. Noch immer zählen sie zu den besten Live-Acts der Branche. Natürlich, von The Rolling Stones ist die Rede. Zu Beginn spielten sie als sonntägliche Hausband im Crawdaddy Club des gebürtigen Weissrussen Giorgio Gomelsky im Londoner Stadtteil Richmond. Dorthin zog es am 23. April 1963 nicht nur Scharen von Touristen, sondern auch Andrew Loog-Oldham, der die vier Briten gross rausbrachte.

Der am 26. Juli 1943 in Dartford, Kent, geborene Michael Philipp Jagger ist der Sohn eines Physiklehrers. Im Kindergarten der Maypole Country Primary School traf er auf den am 18. Dezember 1943 am selben Ort geborenen Keith Richard (erst 1977 hängte er seinem Familiennamen ein „s“ an). Keiths Vater leitete vor dem Zweiten Weltkrieg eine Tanzkapelle. Sein Grossvater war Geiger. Da störte es niemanden, als Keith mit fünfzehn Jahren zur Gitarre griff. Das Duo Jagger-Richards sollte sich erst 1960 in London per Zufall wieder treffen und die beste weisse Rockband aller Zeiten gründen.

Mick Jagger spielte zuerst in der Gruppe Little Boy Blue And The Blue Boys, zusammen mit Dick Taylor, Bob Beckwith und Allen Etherington, denen sich bald auch Keith Richards anschloss. Zu jener Zeit suchte Brian Jones, am 28. Februar 1942 als Sohn einer Klavierlehrerin und eines Flugzeugingenieurs in Cheltenham geboren, nach einer Band. Mit siebzehn Jahren war der schulische Problemfall bereits Vater zweier unehelicher Kinder. Bis zu seinem frühen Tod sollten noch vier weitere hinzukommen. Jones spielte Altsaxophon und Klarinette in unkonventionellen Jazzbands. Als Alexis Corner in der Stadt auftrat, erwischte ihn das Blues-Fieber. Nach einer Zeit in Skandinavien zog es ihn kurz in die Gitarrenband Ramrods, ehe er sich 1962 mit der Mutter seines zweiten Kindes, Pat Andrews, nach London aufmachte, wo er wann immer möglich mit Alexis Korner’s Blues Incorporated jammte. Jeden Sonnabend trat die Korner-Band im Ealing Blues Club auf. Dort trat Brian Jones eines Abends unter dem Pseudonym Elmo Lewis zusammen mit dem Sänger P. P. Bond auf, der später als Paul Jones Frontmann bei Manfred Mann wurde. Das Duo spielte Songs von Elmore James und Muddy Waters. An der anschliessenden Session beteiligten sich auch die Blue Boys.

Einige Wochen später spielten im Ealing Blues Club Jagger, Richards, Cyril Davies und der Schlagzeuger Charlie Watts Songs von Chuck Berry. Das Echo war bescheiden, doch das Fundament der Rolling Stones war gelegt. Wiederum einige Wochen später trafen sich Jagger, Richards, Jones, Taylor, der Pianist Ian Stewart und der Gitarrist Geoff Bradford zu proben. Die Position des Schlagzeugers blieb vorerst unbesetzt. Zuerst spielten sie ausschliesslich R&B. Als Richards mehr Rock ’n‘ Roll-Akzente setzen wollte, verliess der Blues-Purist Bradford die Gruppe, die vorerst keine Engagements kriegte und hungerte.

Im Frühjahr 1962 entstand mit einfachsten Mitteln ein Demoband mit drei Songs, darunter Bo Diddleys „You Can’t Judge A Book“. Doch die Plattenindustrie fand kein Interesse daran. Die Band machte trotzdem weiter und diskutierte erstmals „The Rolling Stones“ als Bandnamen. Anstoss dazu gab ein Song von Muddy Waters. Mit Tony Chapman fanden sie einen neuen Schlagzeuger. Am 12. Juli 1962 traten sie im Jazzclub der BBC erstmals als Rolling Stones auf. Traditionalisten stiessen sie allerdings mit ihrem lauten, vulgären, rebellischen und daher eigenständigen Sound auf.

Dick Taylor verliess bald darauf die Band und wurde später Bassist bei den Pretty Things. Der am 24. Oktober 1936 als William Perks geborene ehemalige RAF-Bedienstete Bill Wyman ersetzte ihn. Das Spiel am Bass lernte er während seiner Militärzeit, die er vorwiegend in Deutschland verbrachte. Seit dem Oktober 1959 war er mit Diane verheiratet. In jenem Jahr gründete er die Tanzkapelle Cliftons. Zu den Rolling Stones kam er über eine Anzeige in der Zeitschrift Melody Maker.

Schlagzeuger Chapman arbeitete als Aussendienstmitarbeiter und kam zu selten in den Übungsraum. Als Ersatz kam der am 2. Juni 1941 geborene Charlie Watts in die Band. Dieser musste aber lange umworben werden, da er sein sicheres Einkommen als Werbedesigner zuerst nicht riskieren wollte.

Charlie Watts hatte mit vierzehn Jahren mit dem Schlagzeugspiel begonnen. Der Jazzfan konzentrierte sich aber vorerst auf seine Studium an der Tyler’s Croft Secondary Modern School of Art. Anschliessend liess er sich an der Harrow School of Art zum Grafiker ausbilden. Watts stiess über Alexis Corner und Blues Incorporated zu The Rolling Stones. Watts gehört zu den ruhigen Stones. Zum Ärger seiner Bandkollegen, die die Ungebundenheit als Voraussetzung für eine Leben als Rock ’n‘ Roller ansahen, heiratete er am 14. Oktober 1964 seine Jugendliebe Shirley Ann Shepard.

Ende Januar 1963 war die Band mit Jagger, Richards, Jones, Watts und Wyman komplett. Ian Stewart genoss nur noch den Status eines assoziierten Bandmitglieds. Loog-Oldman mochte ihn nicht und ekelte ihn aus der Band raus. Er spielte allerdings weiterhin auf zahlreichen Alben und Tourneen mit, ehe er am 13. Dezember 1985 an Herzversagen starb.

Die Rolling Stones brauchten acht Wochen, um der Dave Wood Rhythm & Blues Band den lukrativen Job im eingangs erwähnten Crawdaddy abzujagen. Am 23. April 1963 kam der erst 19jährige Andrew Loog-Oldham in den Club, zusammen mit seinem damaligen Chef Eric Easton. Der junge überzeugte den alten Manager. Innerhalb von lediglich 24 Stunden wurde der Vertrag für eine langjährige Zusammenarbeit mit den Stones aufgesetzt.

Loog-Oldham stilisierte die Rolling Stones zu bösen Buben, zu Symbolen der Dekadenz, die er den sauberen Beatles gegenüberstellte. Zudem brachte er die anzügliche Band mit Dick Rowe von Decca Records zusammen, der ein Jahr zuvor den verhängnisvollen Fehler gemachte hatte, den Beatles einen Plattenvertrag zu geben.

Die Rolling Stones nahmen als ersten Song „Come On“ auf, einen unbekannten Titel von Chuck Berry. Für die B-Seite wählten sie „I Want to Be Loved“ von Willie Dixon. Die Single erschien am 7. Juni 1963 und schaffte es immerhin bis auf Platz 20 in den britischen Charts und verhalf der Band zu einem Auftritt in der Thank Your Lucky Stars Fernsehshow, der jedoch zu negativen Reaktionen angesichts der anzüglichen Posen und der beträchtlichen Phonstärken führten. Die Stones hatten das gewollte Image, das sich bei ihren ersten Konzerten noch verstärkte, weil jugendliche Fans regelmässig randalierten. Die ungewaschenen Langhaarigen wurden zum Feindbild der konservativen Presse.

Die zweite Single der Stones, „Poison Ivy“, wurde kaum beachtet, umso mehr jedoch ihre Auftritte im Vorprogramm der Everly Brothers und Bo Diddleys. Sie brauchten unbedingt einen Hit. Loog-Oldham wandte sich an das Erfolgsduo Lennon-McCartney, die ihm „I Wanna Be Your Man“ lieferten. Er erschien Anfang November 1963 und bescherte den Rolling Stones den ersten Top10-Hit, #9 in Grossbritannien. Die B-Seite, „Stones“, führte zu einigen Kontroversen, weil der die Komposition von Jagger/Richards, damals noch unter den Pseudonymen Nanker/Phelge veröffentlicht, der Plattenfirma als offensichtliche Drogenanspielung zuerst zu heiss war.

The Rolling Stones. New Shoot Part 2. June 1, 2005. Photo © Mark Seliger. Musiknoten der Rolling Stones bei Amazon.de.

Im Januar 1964 erschien die EP „Rolling Stones“ (GB#15), vier Wochen später folgte „Not Fade Away“ (GB#3, US#52). Danach erschienen „It’s All Over Now“ (GB#2, D#14), die EP „Five by Five“ (GB#7), der Blues „Little Red Rooster“ (GB#1, D 14), „Tell Me“ (US#26, D#24) sowie „Time Is On My Side“ (US#6, D#28). Die Rolling Stones waren nun eine feste Grösse im Musikgeschäft. Die Hysterie, die zuvor Elvis und die Beatles begleitet hatte, wurde auch ein Markenzeichen der Stones-Fans. Bei Auftritten der „härtesten Rockband der Welt“ kam es allerdings zudem regelmässig zu Krawallen.

Das erste Album der Band, The Rolling Stones (GB#1, US#5, D#2), bestand hautsächlich aus aggressiv überarbeiteten Oldies von Jimmy Reed („Honest I Do“), Rufus Thomas („Walking The Dog“) oder Chuck Berry („Carol“).

1964 tourten die Stones die USA, zusammen mit den Chiffons, Bobby Vee und Bobby Goldsboro. Danach nahmen sie an einer Session in Chicago mit ihren Vorbildern Chuck Berry, Muddy Waters und Willi Dixon in den Chess Studios teil. Im Oktober unternahm Brian Jones einen Selbstmordversuch, und im Dezember veröffentlichte Charlie Watts seine bilderreiche Würdigung an Charlie Parker („Ode to the High-Flying Bird“). Als erste offizielle Biografie erschien zudem das Taschenbuch Our Own Story. Zu dieser Zeit tauchte Marianne Faithfull, Edelgroupie, Muse und Liebhaber von Brian Jones, danach Keith Richards und schliesslich Mick Jagger, im Umfeld der Stones auf. Für sie komponierten die Stones später „As Tears Go By“ (US#6) und „Sister Morphine“.

1965 erschien die zweite Langspielplatte der Band, Rolling Stones No. 2 (GB#1, D#1), ein Tributalbum an die Soulmusik eines Solomon Burke oder Otis Redding. Das Songschreiber-Duo Jagger/Richards lieferte mit „What A Shame“, „Grown Up Wrong“ und „Off The Hook“ Kostproben ihres Könnens. Mit dem Song „The Last Time“ stürmten sie im Februar die Hitparaden (GB#, US#10, D#1). Im Juni 1965 erschien die EP „Got Live If You Want It“ (GB#7), 1967 durch andere Aufnahmen ergänzt auch als LP erschienen. Überhaupt war in jenen Jahren die Produktion der Stones etwas unübersichtlich, den in Europa und Nordamerika erscheinen mehrere Alben, teilweise mit den gleichen, dann wieder mit leicht verschiedenem Material, so allein für den amerikansichen Markt 12 x 5 (US#3) und The Rolling Stones Now (US#5).

„The Last Time“ läutete „die stürmischste Phase des Rolling Stones-Fiebers ein. Schlag auf Schlag erschienen nun Kompositionen von Jagger/Richards, die das Lebensgefühl, die Aggression und Frustration, die Verachtung und Hoffnung einer Generation formulierten.“ (Graf und Rausch: Rockmusiklexikon). Zu den Liedern dieser Zeit gehörten „Satisfaction“ (GB#1, US#1, D#1) vom 20. August 1965 sowie „Get Off Of My Cloud“ (GB#1, US#2, D#1), „19th Nervous Breakdown“ (GB#1, US#2, D#1), „As Tears Go By“ (US#6), „Paint It Black“ (GB#1, US#1, D#2), „Mother’s Little Helper“ (US#4, D#9) und „Have You Seen Your Mother, Baby, Standing In The Shadow“ (GB#5, US#3, D#9).

Im Zentrum standen die Bühnenpräsenz und der vokalistische Sex von Mick Jagger sowie die harten Gitarrenriffs von Keith Richards. Brian Jones hingegen, bis dahin die dritte künstlerische Kraft der Stones, verlor an Profil und konnte sich auf den Alben Out Of Our Heads (GB#2, US#1, D#2) und Aftermath (GB#1, US#1, D#1) nicht mehr durchsetzen. Er sorgte fortan vor allem durch seine Drogenprobleme für aufsehen, als zweiter Gitarrist der Stones hingegen blieb er blass. Neben der Anti-Establishment-Haltung – obwohl sie nun selbst dazu gehörten – untermauerte die Gruppe mit Aftermath ihr Macho-Image. Sexismus, Antifeminismus, Verachtung für Frauen, Sex und Gewalt prägten viele ihrer Lieder wie „Stupid Girl“, „High and Dry“ oder „Doncha Brother Me“.

1965 erhielten die Stones neben Loog-Oldham, der sich um die künstlerischen Aspekte kümmerte, einen gerissenen Manager für die wirtschaftlichen Belange, Allen Klein, der sein Versprechen wahr und die Stones zu Multimillionären machte.

Künstlerisch suchte die Band nach neuen Ausdrucksmöglichkeiten. Die Experimentierphase begann mit dem erwähnten „Paint It Black“. In diesem Song übernahm Brian Jones auf der Sitar die Melodieführung. Zudem waren sie nun von den Friedensbotschaften der Hippies beeinflusst, predigten den Genuss von Sex und Drogen und zwängten sich in zwitterhafte Kleider, insbesondere Jagger betonte das Androgyne.

Die Stones tourten mit Ike & Tina Turner und den Yardbirds und landeten mit „Let’s Spend The Night Together“ einen weiteren Hit. 1967 überraschten die Stones Fans und Kritiker mit der LP Between The Buttons (GB#3, US#2, D#2), die unter dem Einfluss von Loog-Oldham entstand und den „Wall of Sound“ von Phil Specter zu kopieren suchte.

Im Februar 1967 durchsuchten fünfzehn Polizeibeamte des Rauschgiftdezernats die inzwischen komfortablen Wohnsitze von Mick Jagger und Keith Richards nach Drogen. Mehrere Substanzen wurden beschlagnahmt. Es kam zu Bewährungsstrafen wegen Drogenbesitz von drei bzw. zwölf Monaten. Charlie Watts und Wyman hingegen fielen nicht unangenehm auf, sondern pflegten ihr Familienleben.

 

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1967 trat Brian Jones als Regisseur in Erscheinung. Sein Film A Degree of Murder mit seiner damaligen Verlobten Anita Pallenberg in der Hauptrolle wurde gar am Filmfestival in Cannes gezeigt, ohne jedoch cineastische Wellen zu schlagen. Kurz darauf traten die Stones eine dreiwöchige Europatournee an, bei der es immer wieder zu Tätlichkeiten kam. Beim ersten Auftritt einer westlichen Rockband hinter dem Eisernen Vorhang kam es am 13. April 1967 im Warschauer Kulturpalast ebenfalls zu Ausschreitungen. Die Polizei musste mit Schlagstöcken gegen wild gewordene Fans der Rolling Stones einschreiten.

In England kam es zu einer Serie von Rauschmittel-Prozessen gegen Jagger, Jones und Richards. Jagger musste 1967 gar eine Nacht im Gefängnis verbringen. In den folgenden Jahren mussten diese drei Stones immer wieder Hausdurchsuchungen, Gepäckkontrollen und Verhaftungen erleben. Jones hielt dem wachsenden Druck und Rummel nicht stand. Am 6. Juli 1967 erlitt er einen Zusammenbruch und wurde ins Spital eingeliefert. Ende Juli 1967 endeten diese Prozesse jedoch, da das Londoner Appellationsgericht die Urteile gegen Richards aufhob und gegen Jagger auf Bewährung aussetzte. Sie wurden allerdings ermahnt, sich ihrer Verantwortung als Popidole bewusst zu sein.

Im August 1967 bedankten sich die Stones bei Fans und Medien mit dem Song „We Love You“ (GB#4, US#52, D#2). Die Bad Boys predigten nun eine Weile lang Frieden und Verständnis. Von ihrem Mentor Loog-Oldham trennten sie sich am 30. September 1967. Sie wirkten laut Graf und Rausch allerdings auf der folgenden LP noch ziemlich orientierungslos. Ihr Cosmic-Rock-Versuch Their Satanic Majesties Requests schaffte es allerdings weit nach oben in den Charts: GB#4, US#2, D#4. Doch lediglich „2000 Lightyears from Home“ (D#5) und „She’s a Rainbow“ (US#9, D#10) retteten scheinbar das Album, das ich abgesehen von den zwei Single-Hits nicht kenne.

Im Juni 1968 zeigte sich die Stones unter ihrem neuen Produzenten Jimmy Miller erholt. „Jumpin‘ Jack Flash“ (GB#1, US#2, D#1) fegte wie in alten Zeiten. Das Comeback war geglückt, doch Auseinandersetzungen um die Position von Brian Jones innerhalb der Band folgten. Dieser fühlte sich zuwenig berücksichtigt und arbeitete an einer Platte auf der Basis marokkanischer Volksmusik.

Am 5. Dezember 1968 erschien das neue Stones-Album Beggar’s Banquet (GB#3, US#3, D#8). Die Band zeigte sich von ihrer sozialkritischen Seite mit Songs wie „No Expectations“ (düstere Zukunftsvisionen), „Street Fighting Man“ (Studentenunruhen) und „Sympathy for the Devil“ (gegen Rassismus). An diesem starken Album hatte Brian Jones kaum noch Anteil. Der Drogenkonsum griff die Gesundheit des Asthmatiker Jones derart an, dass er mehrfach in Kliniken eingewiesen werden musste. Am 9. Juni 1969 erklärte er nach einem Krach den Austritt aus der Band.

Vier Tage später präsentierten die Rolling Stones den Gitarristen Mick Taylor als Jones-Nachfolger. Er prägte einige Jahre lang mit seinen einfühlsamen Soli den Sound der Band mit, so auf den Alben Let it Bleed, Sticky Fingers und Exile On Main Street, ohne jedoch von Fans und Medien als „echter Stone“ anerkannt zu werden.

Mick Jagger hatte damals sein Filmdebüt in Performance erfolgreich hinter sich gebracht und arbeitete an der Hauptrolle im Streifen Ned Kelly. Die Band plante derweil das Projekt Rock And Roll Circus und Gratiskonzert im Londoner Hyde Park. Zwei Tage davor, am 3. Juli 1969 wurde Brian Jones tot aus seinem Swimmingpool gefischt. Er starb an Leberversagen. Freunde und Kollegen widmeten ihm ein fünfstündiges Gratiskonzert im Hyde Park vor 250,000 Zuschauern, an dem u. a. die Gruppen „Family“ und „King Crimson“ beteiligt waren.

Der Fall Brian Jones wurde im April 1994 nochmals aufgerollt, da der als Handwerker im Haus von Jones beschäftigte Frank Thorogood kurz vor seinem Tod 1993 gestanden haben soll, Jones ermordet zu haben. An den 20. Todestag von Jones erinnerte im August 1989 der Sampler The Ghost of Brian.

Zwei Wochen nach dem Tod von Jones 1969 erschien die Single „Honky Tonk Women“ (GB#1, US#1, D#2) als Zückerchen für das im Dezember erscheinende Album Let It Bleed (GB#2, US#3, D#3), eine Mischung aus Blues, Country und konzertantem Pop. Das Highlight des Albums bildete das Lied „You Can’t Always Get What You Want“, das die Band mit dem Londoner Bachchor aufnahm.

The Rolling Stones. Mick Jagger und Keith Richards. Photo Copyright © Universal Music. Musiknoten der Rolling Stones bei Amazon.de.

Ende 1969 schlossen die Stones eine erfolgreiche US-Tournee in Altamont ab. Das als Gegenstück zu Woodstock gedachte Konzert, an dem auch Carlos Santana auftrat, geriet zum Fiasko, als Mitglieder der als Ordner angeheuerten Hell’s Angels unter den Augen der Band den jungen Farbigen Meredith Hunter erstachen. Um ein Chaos zu verhindern, spielten die Stones ihren Auftritt durch. Die Ereignisse wurden im Film Gimme Shelter festgehalten.

Mit der Live-LP Get Yer Ya-Ya’s Out (GB#2, US#5, D#6) lief der Plattenvertrag der Band aus. Seit langem unzufrieden mit Decca Records, boten sie den „Cocksocker Blues“ an, der auf Grund seiner Obszönität in den Archiven verschwand, wobei allerdings einige Raubkopien zu begehrten Sammlerobjekten wurden.

Langwierige Prozesse gegen Loog-Oldham und Allen Klein wegen unkorrekter Abrechnungen folgten. Die Stones gönnten sich eine Auszeit und gründeten ihr eigenes Label, Rolling Stones Records. Sie vergnügten sich im Jet Set, zu dem sie dank Jaggers neuer Freundin und späterer Ehefrau Bianca Perez Morena de Macias Zugang erhielten.

Im März 1971 übersiedelten die Stones aus steuerlichen Gründen nach Südfrankreich. Im folgenden Monat debütierten sie fulminant mit ihrem neuen Label (mit Geschäftsführer Marshall Chess) und dem Hit „Brown Sugar“ (GB#1, US#1, D#4). Das dazugehörige Album Sticky Fingers (GB#1, US#1, D#1) erschien im Mai. Die Platte war kompromisslos gerade, während dem die Band immer mehr in der High Society verschwand, in der sich insbesondere Jagger wohlfühlt. Die Abstände zwischen den Platten wurden länger, die Distanz zum Publikum auch. Dennoch gelang es ihnen immer wieder, die Jugendlichen anzusprechen, wie Graf und Rausch zurecht festhalten.

Am 12. Mai 1971 heiratete Mick mit grossem Pomp in Saint-Tropez seine Bianca aus Nicaragua. Bill Wyman nutzte derweil die Stones-Pause, um die Band Tucky Buzzard zu produzieren. Daneben spielte er mit Charlie Watts zusammen auf einer Platte von Howlin‘ Wolf. Mick Jagger seinerseits war im Studio Gast bei Aufnahmen von Dr. John und Carly Simon. Bevor die Band wieder zusammen ins Studio ging, wurde Mick Vater von Jade Jagger (1.10.1971) und Richards von Dandelion (17.4.1972).

Jagger, Wyman und Watts trafen sich mit Ry Cooder (bekannt durch seine Arbeit mit dem Buena Vista Social Club + zweiter Artikel) und dem Stones-Studiopianisten Nicky Hopkins zur Session „Jamming With Edwards“. Knapp drei Monate später erschien die Stones-Single „Tumbling Dice“ (GB#5, US#4, D#17), die den Auftakt zum facettenreichen Album Exile On Main Street (GB#1, US#1, D#2) bildete.

Zu Beginn der 1970er Jahre nahmen die Tourneen der Rolling Stones völlig neue Dimensionen an. Sie betrieben nun einen immensen Technik- und Schauaufwand, mit dem sie sich bis heute von der Masse absetzen und dabei dennoch rockig, roh und direkt wirken.

Ende 1972 flog das Ehepaar Jagger nach Nicaragua, um nach Verwandten zu suchen, denn die Heimat von Bianca war von einem schweren Erdbeben erschüttert worden. Drei Wochen danach organisierten die Stones ein Benefizkonzert in Los Angeles, das über $400,000 für die Erdbebenopfer einbrachte. Daneben stand Mick – bekannt für seine Affären auch davor und danach – eine Vaterschaftsklage der Sängerin Marsha Hunt ins Haus.

Ärger gab es zudem mit dem neuen Song „Starfucker“, den Jagger auf Druck der Plattenindustrie in „Star Star Star“ umtaufen musste. Er gehörte zur LP von 1973, Goat’s Head Soup (GB#1, US#1, D#2), aus der die Ballade „Angie“ (GB#1, US#1, D#2) herausragt. Die Platte wurde übrigens in den Musicland Studios in München aufgenommen.

Kurz danach widmete sich Bill Wyman seiner ersten Solosingle, „Monkey Grip“ (US#85), die im Mai 1974 rauskam und keine hohen Wellen schlug. Im August kam bereits die programmatische Single „It’s Only Rock ’n‘ Roll“ (GB#10, US#11, D#36) in die Läden. Das gleichnamige Album (GB#4, US#1, D#12) war von Taylors Gitarrenspiel geprägt und enthielt u. a. das überzeugende Lied „Time Waits For No One“.

In den folgenden zwei Jahren blieb es ruhig um die Stones. Es erschienen einige Sampler wie Made in the Shade (GB#15, US#9). Daneben gab es einen personellen Wechsel: Taylor verliess am 14. Dezember 1974 offiziell die Band und wurde durch Ron Wood ersetzt, der im Mai 1975 auf einer Pressekonferenz zu einer US-Tour vorgestellt wurde, nach der er eigentlich wieder hätte verabschiedet werden sollen. Erst am 19. Dezember 1975 wurde er als – wenn auch diskretes – Mitglied der Rolling Stones akzeptiert. Ron Wood debütierte auf dem Album Black & Blue (GB#2, US#1, D#15) vom April jenen Jahres, ein Konglomerat aus Rock, Funk, Soul und Reggae, aus dem der Hit „Fool To Cry“ (GB#4, US#23) herausstach. Anschliessend folgte eine weitere künstlerisch wie finanziell erfolgreiche Tournee.

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Danach füllten die Stones erneut die Klatschspalten. Keith Richards verursachte im Mai 1976 einen Autounfall. Die Polizei fand danach Drogen in seinem Auto. Knapp ein Monat danach starb sein sechs Wochen alter Sohn Tara in Genf an einer Lungenentzündung.

Die Eskapaden von Mick und Bianca Jagger füllten ganze Gazetten. Mick anerkannte Marsha Hunts Tochter Kara als sein Kind bei einer aussergerichtlichen Einigung mit Sängerin an. Daneben sorgte seine Affäre mit Margret Trudeau, der Frau des damaligen kanadischen Ministerpräsidenten, für Gesprächsstoff. Während dam veröffentlichte der stille Bill Wyman seine LP Stone Alone.

Musikalisch ging es mit einem schlaffen, enttäuschenden Mitschnitt von miserabler Aufnahmequalität weiter. Das Doppelalbum Love You Live (GB#6, US#12, D#22) von 1977 verkaufte sich trotzdem. Der Name Rolling Stones allein sorgt für guten Absatz.

Die Folgenden zwei Platten Some Girls (GB#3, US#1, D#6; CD bestellen bei Amazon.de oder Amazon.com) von 1978 mit dem Discohit „Miss You“ (GB#2, US#3, D#12) und Emotional Rescue (GB#1, US#1, D#2) von 1980 versuchten, Disco und Pop mit dem Stones-Sound zu vereinen. Sie wurden von der Kritik zerrissen, doch kamen sie beim Publikum und bei mir hervorragend an; spontan kommen mir zumindest Songs wie „Miss You“, „Beast of Burden“, „Just My Imagination“ und „Emotional Resue“ in den Sinn. Generell kann dazu angemerkt werden, dass manche Kritiker etwas steif sind und es mit dem Tanzen ohnehin nicht so haben.

Richard nannte sich seit November 1977 Richards und wurde Anfang 1978 in Kanada erneut wegen Drogenbesitz verhaftet und wurde zu zwei Benefizkonzerten verurteilt, die er im April 1979 ableistete. Zu Monate zuvor hatte er Chuck Berrys „Run Rudolph Run“ als Soloprojekt veröffentlicht. Danach formierte er mit Ron Wood, Stanley Clarke, Bobby Keyes, Ian McLagan und Ziggy Modeliste die Tourband New Barbarians, mit der er durch 20 US-Städte zog. Die Band stellte u. a. Songs von Ron Woods Soloalbum Gimme Some Neck vor. Mick zeigte sich derweil mit dem amerikanischen Top-Modell Jerry Hall, der Ex-Freundin von Bryan Ferry, in der Öffentlichkeit. Mick und Bianca Jagger wurden am 2. November 1979 geschieden.

Nach der Disco-Phase kehrten die Rolling Stones 1980 mit dem Album Tattoo You (GB#2, US#1, D#3) zum rohen Blues und Rock zurück. Lieder wie „Start Me Up (GB#4, US#2, D#36) zeigten ihre alten Stärken. Eine gigantische dreijährige Welttournee mit Shows von zweieinhalb Stunden Länge folgte. Als Ergebnis der Tour erschien im Sommer 1982 die von der Kritik ungnädig aufgenommene LP Still Life (GB#2, US#5, D#4) mit der Single „Going To A Go Go“ (GB#16, US#25). Der Live-Mitschnitt wurde zudem in Hal Ashbys Leinwand-Spektakel Let’s Spend The Night Together verwendet. Der Tourfilm hatte am 11. Februar 1983 Premiere.

1983 begann Mick Jagger laut übers Aufhören nachzudenken, lieferte als Gegenbeweis aber im November die Studioarbeit Undercover (GB#3, US#4, D#2) ab, die erneut bewusst spontan und ungeschliffen daher kam, so in „Undercover of the Night (GB#10, US#9, D#20) und „She Was Hot“ (GB#34, US#44, D#54). Am Album arbeiteten u. a. der Saxophonist David Sanborn und der Reggae-Schlagzeuger Sly Dunbar mit.

Keith Richards heiratete am 18. Dezember 1983 seine langjährige Freundin Patti Hansen und kümmerte sich um den Wiederaufbau seines 1973 abgebrannten Landsitzes Redlands. Der nach wie vor stille Charlie Watts betrieb mit seiner Frau eine Hundezucht und kam nur durch seine Tochter Seraphine ins Gerede, die wegen Drogenmissbrauch die Schule wechseln musste. Im November 1983 gab Watts mit seiner Band ein einwöchiges Gastspiel im Londoner Club Ronnie Scott’s. Währenddem lebte der ebenso ruhige Bill Wyman mit seiner schwedischen Freundin Astrid als letzter Stone weiterhin in Südfrankreich. Er beschäftigte sich intensiv mit Fotografie, hatte bereits 1981 den Soundtrack zu Green Ice komponiert, brachte eine weitere Solo-LP raus und initiierte 1985 die Supergruppe Willie & The Poor Boys mit Chris Rea, Andy Fairweather-Low, Paul Rodgers und Charlie Watts. Die Einnahmen der Blues-Swing-Boogie-Rock ’n‘ Roll-Band kamen einer Stiftung zur Erforschung der Multiplen Sklerose zugute. Richards und Wood dagegen traten einzig als Begleitmusiker von Bob Dylan an dessen Live-Aid-Gastspiel in Philadelphia vom 13. Juli 1985 in Erscheinung.

Mick Jagger arbeitete mit den Jacksons an deren Hit „State Of Shock“ mit und forcierte 1985 seine Solokarriere. Zunächst veröffentlichte er die Single „Just Another Night“ (GB#25, US#12, D#16). Im Mai folgte das Album She’s The Boss (GB#4, US#13, D#4) mit Gastmusikern wie Jeff Beck, Pet Townshend und Bill Laswell. Kurz darauf folgte sein Duett mit David Bowie „Dancing in The Street“. Die Coverversion des Klassikers von Martha Reeves & The Vandellas reichte nicht ans Original heran, dennoch stürmte die Single die Charts (GB#1, US#7, D#5). Am 28. August 1985 wurde Micks Sohn James Jagger geboren.

Der Tod an Herzversagen von Ian Stewart am 12. Dezember 1985 führte die Rolling Stones wieder zusammen, die am 23. Februar 1986 im Gedenken an Stewart im 100 Club in London ein Konzert gaben. Wenige Tage danach wurde die Band für ihr Lebenswerk mit einem Grammy geehrt.

Als Werbung für das nächste Album veröffentlichten die Stones 1986 ihre Version des Klassikers von Bob Earl „Harlem Shuffle“ (GB#9, US#5, D#11). Die LP Dirty Work (GB#6, US#4, D#2) entstand unter der Aufsicht von Steve Lillywhite und mit Hilfe von Musikern wie der Sängerin Patti Scialfa, der Lebensgefährtin von Bruce Springsteen, Bobby Womack, Jimmy Cliff und Tom Waits.

Doch der Streit zwischen Jagger und Richards schwelte weiter, da Richards seinem Kollegen vorwarf, die besten Kompositionen für seine Soloprojekte zu verwenden. 1986 trat Richards mit Chuck Berry auf, während dem Jagger mit Bowie und dem Song „Dancing in the Street“ beim Prince’s Trust Concert in London auftrat. Wyman und Wood gaben ein paar Tage später bei einem Konzert von Rod Stewart ein Gastspiel. Richards war in den Tamla Motown Studios in Detroit Produzent einer Coverversion von „Jumpin‘ Jack Flash“ von Aretha Franklin.

Im August 1986 fiel plötzlich die Regenbogenpresse über den bis dahin unbescholtenen Bill Wyman her. Das damals 16jährige Model Mandy Smith hatte in einem Zeitungsinterview erklärt, bereits seit zweieinhalb Jahren intime Beziehungen zum 49jährigen Bassisten pflegen. Wyman stand zu seiner Liebe, die sich darauf mehr schlecht als recht im Popgeschäft versuchte.

Mick brachte Ende August 1986 die Single „Ruthless People“ (US#51) raus, die er gemeinsam mit Dave Stewart von den Eurythmics und Darryl Hall von Hall & Oates für die Bette Middler-Komödie Die unglaubliche Entführung der Mrs. Stone geschrieben hatte. Nachdem Jagger in Los Angeles einen Fotografen verprügelt hatte, zog er im November ins holländische Hilversum, um an seinem zweiten Soloalbum zu arbeiten.

Keith Richards probte eine Woche lang in St. Louis mit Eric Clapton, Julian Lennon, Linda Ronstadt, Etta James und Chuck Berry für die Filmdokumentation zur Berrys Leben Hail! Hail! Rock ’n‘ Roll von Taylor Hackford. Derweil brachte Watts den laut Graf und Rausch „unbedeutenden“ Mitschnitt Live at Fullham Town Hall mit dem Charlie Watts Orchestra auf den Markt.

Jagger hingegen knüpfte im September 1987 mit seinem Soloalbum Primitive Cool (GB#22, US#41, D#8) erfolgreich an Sticky Fingers an. Als Singles erschienen „Let’s Work“ (GB#31, US#39, D#29), „Say You Will“ (D#31) und „Throwaway“ (US#67, D#39). Im März 1988 startete Mick in Osaka vor 11,000 Fans seine erste Solotournee.

Am 18. Mai 1988 trafen sich im Londoner Savoy Hotel nach zweijähriger Funkstille erstmals wieder alle Stones, um die gemeinsame Zukunft zu bereden. Danach verfolgten die Bandmitglieder zwar zuerst noch eigene Projekte, doch ein Konsens war gefunden worden.

Keith Richards und Ron Wood traten mit Elvis Costello im Februar 1988 an einer Benefizveranstaltung für ein Krankenhaus auf. Im Oktober wagte es Richards erstmals, mit Talk Is Cheap (GB#37, US#24, D#20) ein Soloalbum vorzulegen, das er ab November auf einer US-Tour mit der Begleitband X-Pensive Winos vorstellte.

Im Januar 1989 endlich trafen sich Jagger und Richards in Barbados, um neue Songs zu schreiben. Im März begannen die Aufnahmen in den Studios von Eddy Grant. Gleichzeitig unterschrieben sie mit dem kanadischen Konzertveranstalter Michael Cohl einen Vertrag, der den Rolling Stones für 50 Auftritte in Nordamerika $570 Millionen garantierte. Acht Wochen später waren die Aufnahmen abgeschlossen.

Im Mai 1989 eröffnete Wyman im Londoner Nobelviertel Kensington das Restaurant Sticky Fingers. Im Juni heiratete er die mittlerweile 19jährige Mandy Smith in Bury St. Edmunds, Suffolk. Trauzeuge war sein 28jähriger Sohn Stephen Wyman.

Das neue Album der Rolling Stones, Steel Wheels (GB2, US#3, D#2) erschien im September 1989. Bereits am 11. Juli hatten die Stones auf Gleis 42 in der New Yorker Grand Central Station 500 geladenen Gästen Einzelheiten zum neuen Album und zur bevorstehenden Tour mitgeteilt. Als Singles erschienen „Mixed Emotions“ (GB#36, US#5, D#20) und „Rock and a Hard Place“ (GB#63, US#23, D#79). Die Tournee begann am 31. August im mit 55,000 Fans ausverkauften Veterans Stadium in Philadelphia. Später spielten sie im Dome in Tokio hintereinander zehn ausverkaufte Konzerte. Die Leser des Magazins Rolling Stone wählten die Gruppe Rolling Stones folgerichtig als „Beste Band 1989“ und „Künstler des Jahres“, die „Das Comeback des Jahres“, allerdings mit dem „schlechtesten Cover des Jahres“ geliefert hatten.

Richards und Wood veröffentlichten 1989 die live Platte der New Barbarians, Two Stones Alone. Im November brach sich Wood beide Beine beim Versuch, Verkehrsteilnehmer der britischen Autobahn M4 auf sein stehengebliebenes Fahrzeug aufmerksam zu machen. Im 21. des selben Monats heirateten Mick Jagger und Jerry Hall während eines Bali-Urlaubs. Am darauffolgenden Tag erklärte Bill Wymans Anwalt öffentlich das Ende der 17-monatigen Ehe des Stone mit Mandy Smith.

Im April 1989 erschien der Mitschnitt der Welttournee unter dem Titel Flashpoint, das von Kritikern als besten Live-Album der Stones bezeichnet wurde und einen tollen Gastauftritt von Eric Clapton enthielt. Mit „Highwire“ (GB#29, US#57, D#27) enthielt das Live-Album zudem einen neuen Song.

Im Mai 1990 erschien das Album From One Charlie des Charlie Watts Quintetts, das wie bereits das 1992er Album At Tribute to Charlie Parker dem amerikanischen Jazzgiganten Charlie Parker gewidmet war. Keith Richards seinerseits veröffentlichte im Februar 1992 Live at the Hollywood Palladium, Aufnahmen von 1988, sowie im Oktober Main Offender, ein weiteres Soloalbum.

Nach zwei Jahren der Funkstille mehrten sich erneut die Gerüchte über eine Trennung der „besten Rockband“. Wyman hatte bereits seit 1991 über den Abschied nachgedacht und setzte ihn nach 30 Jahren Bandzugehörigkeit im Januar 1993 in die Tat um. Er war inzwischen mit Suzanne verheiratet und wurde im Herbst 1994 Vater der Tochter Katherine Noelle.

Als im Februar Jaggers ausgezeichnete Soloplatte Wandering Spirit erschien, die ganz nach Stones klang, schien das Ende der Band gekommen. Doch am 13. Juni 1994 überraschten die Rolling Stones die Rockwelt mit der urwüchsigen Single „Love Is Strong“, die zur LP Voodoo Lounge (GB#1) gehörte, die nach fünfjähriger Studioabstinenz die Hitparade stürmte. Der am 11. Dezember 1961 in Chicago geborene Bassist Darryl Jones ersetzte nun Wyman und wurde auch auf die im Herbst angetretene Welttournee mitgenommen, ohne jedoch ein festes Mitglied der Band zu werden. Im Herbst 1994 verstarb der langjährige Stones-Studiopianist Nicky Hopkins. 1995 ging die Band auf US-Tournee.

Im letzten Jahrzehnt machten sich die Stones, abgesehen von Konzerttourneen, rar. 1997 erschien das Studioalbum Bridges To Babylon. 2002 folgte eine weitere Monstertour sowie die herausragende Kompilation Forty Licks (Amazon.de, Amazon.com, Amazon.co.uk, Amazon.fr).

Fans mussten acht lange Jahre warten, ehe The Rolling Stones wieder ins Studio gingen, diesmal um sechzehn Songs aufzunehmen. A Bigger Bang erschien im September 2005 (CD bei Amazon.de, Amazon.fr, Amazon.co.uk, Amazon.com.). Unter den herausragenden Stücken zu vermerken sind „It Won’t Take Long“, „Rain Fall Down“, die Ballade „Streets of Love“ sowie der Höhepunkt des Albums, „Laughing Early Died“, eine der besten Kompositionen in der über 40jährigen Bandgeschichte. Da kann man über die „Leichen“, wie so oft mit Gesang von Keith Richards, hinwegsehen. Die Rolling Stones sind bereits wieder auf Tournee. Wer weiss, ob es diesmal nicht doch die letzte ist. Nicht verpassen, denn die älteste ist nach wie vor auch die beste Live-Rockband der Welt.

The Rolling Stones: A Bigger Bang. Virgin/EMI, 2005. CD bestellen bei Amazon.de, Amazon.fr, Amazon.co.uk, Amazon.com. Unter den sechzehn Songs sind neben verschiedenen Totgeburten einige Perlen: „It Won’t Take Long“ und „Rain Fall Down“ sind gute, rockige Stones-Kost. Die Ballade „Streets of Love“ ist brillant und wird wohl in den Kanon der Greatest Hits der Band aufgenommen werden. Den Höhepunkt des Albums bildet jedoch die Ballade „Laughing Early Died“, die zu den besten Kompositionen der über 40jährigen Geschichte der Rolling Stones gehört. Der langsame Spannungsaufbau, insbesondere nach zwei und drei Minuten für das nach vier Minuten einsetzende Finale ist sensationell.

Artikel vom 1. und 4. Oktober 2005 zu einem Artikel zusammengefügt.