Die Merkeldämmerung – ein Trauerspiel

Nov 03, 2018 at 14:55 894

Dass Kanzlerin Merkel am 25. September 2018 ihren langjährigen Vertrauten Volker Kauder als Fraktionschef der CDU/CSU nicht durchsetzen konnte, war ein klares Zeichen dafür, dass Feuer im Dach und das Ende der Ära Merkel noch klarer absehbar war. Der nur Politik-Junkies bekannte Hinterbänkler und Finanzfachmann Ralph Brinkhaus setzte sich mit 125 von 237 gültigen Stimmen überraschend in der ersten Kampfwahl für den Unionsvorsitz seit 13 Jahren durch. Die Abwahl von Kauder ist kein Verlust für Deutschland, war jedoch ein klarer Affront gegen Merkel, die sich wie CSU-Chef Seehofer für ihn eingesetzt hatte.

Die Landtagswahlen in Bayern und Hessen im Oktober zeigten, dass der Wähler die Faxen dicke vom ewigen Unionsstreit hat und der Stern der Mitte-Rechts-Volksparteien weiter im Sinken begriffen ist.

Trotzdem würden die Deutschen nach wie vor Merkel zur Kanzlerin wählen, wenn diese denn in einer Direktwahl vom Volk gewählt würde. Die Sinne des Wählers scheinen nach wie vor vernebelt zu sein. Der Leistungsausweis der Kanzlerin ist dürftig. Einzig der Abbau der Staatsschulden stellt einen Lichtblick dar, der allerdings vor allem durch die EZB und ihre Politik der Niedrigzinspolitik auf Staatsschulden ermöglicht wurde. Doch immerhin. Die grosse Koalition hätte das Geld mit Wählergeschenken in Form höherer Sozialausgaben auch gänzlich verjubeln können. Der Abbau der Staatsschulden macht jedoch die Ära Merkel noch nicht zu einer Erfolgsgeschichte.

Als am 29. Oktober 2018 Kanzlerin Merkel ankündigte, nach 18 Jahren (!) auf den CDU-Vorsitz zu verzichten, den sie zuvor unbedingt weiter hatte behalten wollen, drängten sich sofort drei mögliche Nachfolger in den Vordergrund: CDU-Generalsekretärin und Merkel-Favoritin Annegret Kramp-Karrenbauer (*1962), Gesundheitsminister Jens Spahn (*1980) und der ehemalige CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Friedrich Merz (*1955).

Kramp-Karrenbauer konnte von 2011 bis 2018 als Ministerpräsidentin im Saarland dort zwar die CDU als führende Kraft klar an der Macht halten, doch von einer Transformation des kleinen Bundeslandes mit rund einer Million Einwohnern ist nichts bekannt. Ausser dem Machterhalt kann nicht von einem positiven Leistungsausweis gesprochen werden.

Jens Spahn macht zwar schon seit vielen Jahren viel Wind und klar, dass er sich gerne eines Tages als Kanzler sehen würde, doch geleistet hat er noch nichts. Nach seiner Kandidatur für den Parteivorsitz machte er klar, „der Elefant im Raum aber ist die Frage der Migration“. Gleichzeitig beklagte er die Beliebigkeit der Union, die nichts mehr mit Pragmatismus zu tun habe.

Friedrich Merz hätte einst als Fraktionsvorsitzender und auch danach noch, bis heute, gerne und zurecht eine wirtschaftsliberalere Bundespolitik gesehen. Er setzte sich für eine Steuerreform mit nur noch drei Steuersätzen von 12%, 24% und 36% ein. Daneben brachte er im Jahr 2000 den Begriff „deutsche Leitkultur“ in die öffentliche Diskussion ein, womit er auf Zuspruch der Konservativen in der CDU und darüber hinaus zählen konnte. Doch Merkel sägte ihn einst als Fraktionsvorsitzenden ab, weil er kein Team-Player und ein Rivale mit einer anderen Agenda war. Merz kehrte der Politik den Rücken und wurde unter anderem Aufsichtsratschef des weltweit grössten Vermögensverwalters (Blackrock). Hat er als inzwischen politischer Aussenseiter eine Chance auf den CDU-Vorsitz?

Die Merkeldämmerung – ein Trauerspiel in vielen Akten – geht weiter, denn Angela Merkel hat klargemacht, dass sie zwar den Parteivorsitz abgeben, doch bis 2021 Kanzlerin bleiben will. Ihr Autoritätsverlust ist jedoch längst so weit gediehen, dass ein früherer Abgang wahrscheinlich scheint.

Merkel selbst zeigte einst „Cojones“ und führte so das Ende der Ära Kohl herbei. Die drei Bewerber für den Parteivorsitz sind (im Moment noch) vorsichtiger.

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Angela Merkel bei der Unterzeichnung des Koalitionsvertrages am 12. März 2018. Foto: Sandro Halank, Wikipedia Commons.

Artikel vom 3. November 2018 um 14:55 Berliner Zeit