Die Fünf-Sterne-Bewegung (M5S) und die sozialdemokratische Demokratische Partei (PD) haben mit ihrer Koalition vor allem eines gewonnen: Zeit. Doch jetzt müssen sie liefern, sonst wird ihnen der ehemalige Innenminster Salvini von der rechtspopulistischen Lega, der nun der neue Oppositionsführer ist, in Umfragen weiter davonlaufen.
Der alte und neue Regierungschef Giuseppe Conte hat sein neues Kabinett mit 21 Ministerin präsentiert. Er selbst ist das 22 Regierungsmitglied. Er gehört keiner Partei an, steht jedoch M5S nahe, weshalb er vom M5S-Chef Luigi di Maio einst als Regierungschef vorgeschlagen wurde.
Das Kabinett Conte II besteht aus 10 Mitgliedern von M5S, 9 Ministern des PD, einem Minister der Anfang Dezember 2017 gegründeten Linkspartei Liberi e Uguali (LeU) sowie einer unabhängigen Fachfrau, der Innenministerin Luciana Lamborgese. Ebenfalls unabhängig, jedoch vom M5S vorgeschlagen, ist Umweltminister Sergio Costa, weshalb er oben den 10 M5S-Ministerin zugerechnet wird.
Roberto Speranza von LeU wird neuer Gesundheitsminister. Zum wichtigsten Mann im neuen Kabinett könnte Finanzminister Roberto Gualtieri (*1966) aufsteigen. Er verfügt zwar wie zu viele in der neuen Regierung Conte über keine Regierungserfahrung, doch der Europapolitiker aus den Rängen des PD präsidierte von 2014 bis 2019 den Ausschuss für Wirtschaft und Währung des Europäischen Parlaments (ECON). Allerdings hat er nicht Finanzen und Wirtschaft, sondern Geschichte und Philosophie studiert, promovierte in Zeitgeschichte und forschte danach zu Antonio Gramsci. Dennoch wird ihm in der EU mehr vertraut als der Vorgängerregierung aus M5S und Lega. Die Linkspopulisten des M5S standen für mehr Geld ausgeben für Soziales, die Lega für eine Flat Tax und andere Steuersenkungen. Da Italiens Staatsschulden nach wie vor bei über 130% des BIP, die Arbeitslosigkeit bei über 10% und die Wachstumsaussichten gering sind, der Reformbedarf jedoch noch wie vor gross ist, war das Entsetzen über die Wirtschafts- und Finanzpolitik von Italiens links-rechts-populistischer Regierung in Brüssel gross.
Wird es nun besser mit der neuen Regierung Conte? Abwarten. Die Fünf-Sterne-Bewegung ist nach wie vor linkspopulistisch, die Demokratische Partei zeigt in der Ära nach Ministerpräsident Matteo Renzi weniger Reformeifer als unter dem „Verschrotter“, der durch Selbstüberschätzung selbst verschrottet wurde.
Der unerfahrene Fünf-Sterne Parteichef Luigi di Maio, der vom Lega-Chef Matteo Salvini in der Vorgängerregierung an die Wand gespielt worden war, übernimmt im neuen Kabinett das Aussenministerium. Er spricht nur italienisch, hat sein Studium nicht abgeschlosssen und hat sich bisher nicht als grosser Diplomat hervorgetan. Mal schauen, was er im Aussenamt leistet.
Die neue Regierung muss noch vom Parlament bestätigt werden. In der Kammer verfügen M5S und PD schon alleine über eine Mehrheit, im Senat mit Hilfe von LeU, anderen Kleinparteien sowie einigen Unabhängigen, die ebenfalls für die neue Regierung Conte stimmen wollen, ebenfalls. Die Bestätigung der neuen Regierung Conte sollte daher kein Problem darstellen.
Erstaunlich, dass der gewiefte Taktier Matteo Salvini die Mehrheitsverhältnisse in den beiden Parlamentskammern nicht bedacht hatte, als er auf Grund hervorragender Umfrageergebnisse für seine Lega die links-rechts-populistische Regierung für beendet erklärte und Neuwahlen forderte. Sogar der alte Mann des M5S, der Komiker Bebbe Grillo, forderte in einer (von vielen Kehrtwendungen) eine Allianz von M5S und PD, um einen Wahlsieg von Salvini zu verhindern.
Nun muss die neue Regierung Conte, die noch kein kohärentes Programm präsentiert hat, liefern, sonst kommt Matteo Salvini bei der nächsten Wahl an die Macht.
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Photo: Der neue Finanzminister Roberto Gualtieri im Jahr 2014. Foto: Foto-AG Gymnasium Melle (Wikimedia Commons).
Artikel vom 5. September 2019 um 01:17 Römer Zeit. Korrigiert und ergänzt um 10:48 Römer Zeit.