Kanzler Scholz muss sofort die Gas- und Ölimporte aus Russland stoppen

Mrz 13, 2022 at 22:26 1524

Protestierende bei Antikriegsprotesten in Berlin zeigten heute eine klare Botschaft: Lieber einen kalten Arsch als Putins Gas. Die englische Originalversion reimt sich: „Rather a cold ass than Putin’s gas.“ Doch Bundeskanzler Scholz zeigt sich nach seiner mutigen Rede im Bundestag vom 27. Februar 2022 wieder als Zauderer. Deutschland, Italien, Österreich und Ungarn waren die vier EU-Länder, die in den letzten Tagen einen sofortigen Importstopp für Öl und Gas aus Russland nicht mittragen wollten, da sie sich zu stark davon abhängig glauben; so bezieht Deutschland rund 55% seines Gases aus Russland.

Allerdings sind zumindest für Deutschland Einschätzungen bekannt, die klar sagen, dass das Land mit den vorhandenen Vorräten durch diesen Winter kommen würde. Das Problem stellte sich erst im Oktober, wenn es wieder kalt wird. So fliessen weiterhin täglich 600 bis 700 Millionen Euro an Putin, die dieser für seinen Krieg einsetzt, denn rund 50% von Russlands Staatseinnahmen stammen aus dem Export von Öl, Gas und Kohle. Bundeskanzler Olaf Scholz muss deshalb sofort alle Gas- und Ölimporte aus Russland stoppen, ansonsten wird er von Putin nicht ernst genommen.

Die westlichen Demokratien und insbesondere zu viele ihrer Führer sind geradezu dekadent, nicht bereit, für die eigene Bevölkerung einschneidende Massnahmen zu treffen. Eine Umfrage von Januar 2022 vor Putins Eskalation des Krieges gegen die Ukraine, die seit 2014 andauert, zeigte, dass einzig in Polen (65%) eine Mehrheit der Bevölkerung dafür bereit war, dass das eigene Land etwas im Kampf gegen Putins Krieg gegen die Ukraine tut. In anderen EU-Ländern gab es zwar ebenfalls klare Mehrheiten gegen Putins Krieg, doch die NATO bzw. die EU sollten das Problem lösen, nur Minderheiten um die 40% waren für Taten des eigenen Landes, um die Ukraine zu verteidigen. Nach am 11. März zeigte eine Umfrage des ZDF Politbarometer, dass 63% der Deutschen gegen die Lieferung von schweren Waffen wie Panzer und Helikopter an die Ukraine sind, nur 31% dafür.

Putins Soldaten haben laut der Washington Post alleine bis jetzt schon neun Angriffe auf Spitäler in der Ukraine ausgeführt. Der russische Diktator scheint wie in Grosny und später in Aleppo und anderswo bereit zu sein, die Zivilbevölkerung in Grund und Boden zu bomben. Das kann sich Europa im 21. Jahrhundert nicht leisten, will es international ernst genommen werden. Vor allem lädt Europa gerade viel Schuld auf sich, indem es vor allem zuschaut, wie Putin gegen die Ukraine vorgeht. Die Hilfsbereitschaft gegenüber Flüchtlingen – vor allem Frauen und Kinder – steht in grossem Kontrast zur Syrienkrise und ist zu begrüssen, doch all das ist palliativ. Symptombekämpfung wird Putin nicht zum Einlenken bewegen.

Die einfachste Lösung für den Konflikt mit Russland wäre die Eliminierung des russischen Diktators, der hinter Gitter gehört (in die Zelle entweder eines Gefängnisses oder einer psychiatrischen Anstalt). Ein Sturz des Herrn im Kreml bzw. die Extremversion Diktatorenmord – eigentlich Bürgerpflicht – müsste allerdings von innen kommen. Alles andere wäre zu gefährlich. Doch der Westen kann und muss sofort Putins Einnahmequellen (weiter) austrocken und der Ukraine Waffen im Kampf gegen Russland liefern.

Putin ist von Ja-Sagern umgeben. Erbarmt sich ein Leibwächter oder Offizier Russlands, das durch Putins unsinnigen, nicht gewinnbaren Krieg nicht nur isoliert, sondern zudem ruiniert wird? Die Ukraine ist ein Land mit rund 40 Millionen Einwohnern, die auf rund 600,000 km2 leben. Selbst mit 160,000 Mann ist so ein Land nicht zu kontrollieren. Die Ukraine ist nicht Syrien, wo das Regime auf einen Teil der Bevölkerung zählen konnte. Syrien hat zudem keine gemeinsame Grenze mit Russland. Die Russen griffen dort vor allem aus der Luft an. Es ging Putin darum, das Assad-Regime an der Macht sowie seinen Militärhafen im Mittelmeer zu halten. Die Ukraine hingegen ist Russland und seinem autoritären Regime spinnefeind. Putin glaubte vielleicht seiner eigenen Propaganda, dass die russischen Invasoren von den Ukrainern als Befreier willkommen geheissen würden, zumindest von den Russischsprachigen. Doch selbst die sind Putin und seinem Regime weitgehend feindlich gesinnt. Ich war von 2014 bis 2019 jedes Jahr in Lwiv, Odessa und/oder Kiew und habe keinen einzigen russischsprachigen Ukrainer getroffen, der von Putin begeistert gewesen wäre.

Mit diesem brutalen Krieg hat Putin die Ukraine definitiv verloren. Selbst wenn es ihm gelingen sollte, die Regierung Selensky zu stürzen und ein Marionettenregime zu installieren, könnte dieses nie die Ukraine regieren. Putins Truppen sähen sich über Jahre hinweg Attacken von Partisanen gegenüber. Das Land wäre unregierbar. Selbst eine indirekte Besatzung würde den Kreml Milliarden kosten, die das Regime nach den harten Sanktionen des Westens nicht mehr haben wird.

Da Russland und die Ukraine die führenden Weizen-Exporteure sind, muss sich die Welt nicht nur auf steigende Nahrungsmittelpreise, sondern zudem auf soziale Aufstände und Hungersnöte in armen Ländern einstellen.

Ich glaubte wie viele bis zuletzt nicht an eine grossangelegte Invasion der Ukraine, die über den Donbass hinaus geht, da diese wie oben erwähnt zum Scheitern verurteilt ist. Rund zwei Millionen Ukrainer leben in Russland. Millionen von Russen und Ukrainern haben Familie und Freunde im Nachbarland. So eine Invasion kann nicht gut gehen. Nicht nur für die „normalen“ Menschen, sondern auch nicht für Russlands Regime. Die Brutalität des Krieges straft Putins Propaganda Lügen. Kiew als „Wiege Russlands“ bzw. die Ukrainer als „Teil Russlands“ – dem Putin jede Eigenständigkeit abspricht – zu bombardieren, macht selbst aus der verqueren „Logik“ des Kreml keinen Sinn.

Unverständlich bleibt, weshalb der Westen der Ukraine nicht VOR der möglichen Invasion Panzer- und Flugabwehrwaffen, Flugzeuge, Helikopter und alle nötigen nachrichtendienstlichen Informationen gegeben hat, um sich zu wehren. Dissuasion bedeutet, dass die Kosten eines Angriffs höher als der daraus resultierende Nutzen sind. Noch heute zögert der Westen bei Waffenlieferungen. Ein Tiefpunkt ist der fortgehende Import von Öl und Gas aus Russland. Joe Bidens Bemerkung kurz vor dem Invasion über eine unterschiedliche Reaktion der USA auf einen Angriff je nachdem, ob er „klein“ oder „gross“ ausfällt, war nicht gerade hilfreih, auch wenn er von Aussenminister Blinken sowie etwas später von Präsident Biden selbst korrigiert wurde. Russland, die USA und das Vereinigte Königreich haben ihm Budapester Memorandum von 1994 der Ukraine die Wahrung ihrer territorialen Integrität im Gegenzug für den Verzicht der Ukraine auf Atomwaffen zugesichert. Davon ist seit 2014 nicht viel zu sehen.

Nochmals: Kanzler Scholz muss sofort die Gas- und Ölimporte aus Russland stoppen. Italien, Österreich und Ungarn müssen sich diesem Totalboykott anschliessen. Zudem sollte Olaf Scholz 10 Milliarden Euro der Ukraine für Waffenkäufe zur Verfügung stellen. Sofort. Ein Diktator wie Putin versteht nur Klartext.

Dies sind nur einige Gedanken zum Versagen des Westens in der Ukraine. Zu diesem Thema müsste ein dickes Buch geschrieben werden. Noch kann noch Schlimmeres verhindert werden. Doch klare Kante und nicht zaudern ist angesagt.

P.S. Lesenswert sind zwei alte Artikel aus „old cosmopolis“ aus dem Jahr 2000: Präsident Wladimir Putin sowie frühe Biografien zu Putin. Sieh ebenfalls die Biografie von Lars Haider zu Olaf Scholz.

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Olaf Scholz. Das Foto zeigt ihn bei der Unterzeichnung des Koalitionsvertrages am 7. Dezember 2021 zeigt. Photo: Sandro Halank, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0.

Artikel vom 13. März 2022 um 22:26 deutscher Zeit. Aufdatiert um 23:07. Foto geändert am 16.3.2022.