Koalitionsverhandlungen in Brandenburg

Sep 16, 2014 at 22:16 379

Der Wahlsieger SPD kann sich einen Koalitionspartner aussuchen

Der Landtag Brandenburgs verfügt über 88 Sitze, von denen 44 über Direktmandate, die verbleibenden 44 im Verhältnis zur Stärke der Landeslisten der antretenden Parteien besetzt werden.

Die SPD sank zwar in der Wählergunst – die Zweitstimmen sanken von 33% im Jahr 2009 auf 31,9% 2014 -, doch bleiben die Sozialdemokraten mit neu nur noch 30 statt 31 Sitzen weiterhin klar die stärkte Partei im Landtag. Ein Trostpflaster bleibt das Faktum, dass 29 ihrer 30 Abgeordneten Direktmandate gewonnen haben. Laut Wahlanalyse von Infratest Dimap punktete die SPD vor allem bei Rentnern, die zu 41% die SPD wählten. Das Desaster um den BER-Flughafen hat den Brandenburger Sozialdemokraten nicht geschadet, obwohl sie wie der Berliner Bürgermeister Wowereit – er ist bald weg, und das ist gut so! – dort genauso in der Pflicht stehen.

Die CDU legte 2014 im Gegensatz zur SPD um 3,2% gegenüber 2009 bei den Zweitstimmen hinzu, doch mit neu 23% und 21 Sitzen bleibt sie abgeschlagen auf dem zweiten Platz. SPD und CDU könnten in einer Grossen Koalition mit einer klaren Mehrheit von 51 von insgesamt 88 Parlamentariern sicher regieren. Die CDU gewann vor allem die Stimmen vieler Selbständiger.

Die LINKE ist der grosse Wahlverlierer in Brandenburg. Der kleine Koalitionspartner der SPD von 2009 bis 2014 wurde vom Wähler abgestraft. Die Nachfolgepartei der kommunistischen Einheitspartei SED der DDR verlor 8,6% und kommt neu auf 18,6% und 17 Sitze. Das würde noch immer für eine knappe Mehrheit von 47 Sitzen reichen, wobei die Mehrheit bei 45 Stimmen liegt. Die Linke erreichte den grössten Zuspruch unter Arbeitlosen, nämlich 27% der Wähler. Sie verlor laut Wahlstromanalyse vor allem ans Lager der Nichtwähler: 119,000 Wähler der Linken aus dem Jahr 2009 sollen 2014 nicht zur Urne gegangen sein.

Die Grünen gewannen 0,5% der Zweistimmen in Brandenburg hinzu und kommen nun neu auf 6,2% und immerhin 6 Sitze. Sie bleiben damit allerdings eine Oppositionspartei. BVB/Freie Wähler kommen auf drei Sitze. Sie sitzen im Landesparlament dank einem gewonnen Direktmandat.

Die FDP flog wie erwartet aus dem Brandenburger Landtag raus. Die Liberalen unter ihrem Spitzenkandidaten Andreas Büttner und Landeschef Gregor Beyer schafften es nur noch auf erbärmliche 1,5%, ein Minus von 5,7%, weshalb die 7 Abgeordneten ihre Sitze verloren. Die Liberalen hatten im Wahlkampf in Brandenburg plakatiert: Keine Sau braucht die FDP. Die Wähler teilten diese Ansicht. Die meisten FDP-Wähler blieben zuhause (41,000) oder wählten diesmal AfD, zum Teil auch CDU (7000)

Bedenklich stimmt, dass die Wahlbeteiligung 2014 mit 47,9% die tiefste in der Geschichte Brandenburgs seit der Wiedervereinigung ist, folglich die Nichtwähler klar die grösste Partei sind.

Der grosse Wahlsieger AfD

Die Alternative für Deutschland (AfD) ist der grosse Wahlsieger bei der Landtagswahl in Brandenburg. Vor fünf Jahren existierte sie noch nicht, jetzt zieht sie auf Anhieb mit 12,2% und 11 Sitzen in den Brandenburger Landtag. Die AfD gewann Stimmen aus allen Berufsgruppen. Einzig von den über 60-Jährigen und den Rentnern erhielten sie wenig Stimmen. Eine Wahlstromanalyse zeigt, dass die AfD vor allem bei früheren Wählern der Linkspartei wilderte, von der 20,000 Stimmen zur Alternative für Deutschland kamen. Doch auch bei den anderen Parteien konnte die AfD Stimmen holen: 18,000 von der CDU; 17,000 von der FDP und 12,000 von der SPD. Hinzu kommen noch 12,000 Nichtwähler des Jahres 2009.

Die Kriminalitätsrate, Ängste wegen Zuwanderern und Asylbewerbern, das Flughafenfiasko, der Umgang des Westens mit Putin, das Euro-Rettungsdesaster, fehlender Nationalstolz bei anderen Parteien, was vor allem in Ostdeutschland bemängelt wird, Merkels Sozialdemokratisierung der CDU, alles gute und weniger gute „Gründe“, weshalb die AfD im Aufwind ist. Wie bei den Wahlen in Sachsen und Thüringen gilt auch in Brandenburg: Rechts von der CDU ist viel Platz.

Die AfD hat zumindest einen rechtskonservativen und einen wirtschaftsliberalen Flügel. Will sie sich langfristig etablieren, muss sie sich gegen die mögliche Unterwanderung von Rechtsextremen wehren. Nur so bleibt sie für Bürgerliche wählbar. Als Protestpartei wird sie es schwierig haben, zu überleben. Die Profilierung über die Euro-Frage hinaus ist bereits angelaufen. Ein kohärentes Programm fehlt allerdings noch. Nebenbei bemerkt: Wo bleibt die Kohärenz bei CDU und SPD? Da wird auf Sicht und je nach Stimmung in der Bevölkerung ein Zickzackkurs gefahren.

Die Koalitionsverhandlungen in Brandenburg

Heute, am 16. September 2014, wurde der Plan für die Koalitionsverhandlungen bekannt. Zuerst geht es um Sondierungsgespräche, in denen festgestellt werden soll, mit welchem Partner die SPD Koalitionsverhandlungen führen möchte. Es geht am 18. September 2014 los mit Verhandlungen zwischen der SPD und der Linken, die ja in den letzten fünf Jahren die Regierung gestellt haben. Danach geht es in einer zweiten Runde weiter mit dem potenziellen Partner CDU. Am 23. September 2014 will die SPD dann verkünden, mit welcher Partei sie Koalitionsverhandlungen aufzunehmen gedenkt.

Für die SPD führen Regierungschef Dietmar Woidke, Fraktionschef Klaus Ness, Fraktionsvize Katrin Lange, Generalsekretärin Klara Geywitz und die Landesvizevorsitzende Katrin Lange die Sondierungsgespräche.

Auf der Seite der CDU führen der Landeschef Michael Schierack, die Brandenburger Generalsekretärin Anja Heinrich, der Parlamentarische Geschäftsführer der Landtagsfraktion, Ingo Senftleben, sowie der Vize-Fraktionschef Dieter Dombrowski die Sondierungsgespräche.

Für die Linke gehen die Fraktionsvoritzende Margitta Mächtig, der bisherige Finanzminister Christian Görke, der bisherige Justizminister Helmuth Markov sowie die Landrätin von Teltow-Fläming, Kornelia Wehlan, in die Sonderiungsgespräche.

Noch ist das Rennen offen. Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und CDU brächten grössere Stabilität und lägen auf einer Linie mit der Bundesregierung in Berlin. Eine Neuauflage der Rot-Roten Regierung wäre auch eine Zeichen für eine mögliche Rot-Rot-Grüne Regierung auf Bundesebene. Die SPD in Brandenburg dürfte sich allerdings pragmatisch von ihren Wünschen für ihr Bundesland leiten lassen.

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[Am 1.12.1019 hinzugefügt: Das Foto zeigt Dietmar Woidke auf dem SPD Bundesparteitag am 19. März 2017 in Berlin. Foto Copyright: Olaf Kosinsky (info@kosinsky.eu)].

Artikel vom 16. September 2014 um 22:16 MEST / CEST