Laut Umfrage gewinnt Scholz das Triell gegen Baerbock und Laschet

Aug 30, 2021 at 11:17 1056

Der Fernsehsender RTL organisierte am 29. August 2019 das erste Triell der Bundesgeschichte mit den Kanzlerkandidaten Annalena Baerbock von den Grünen, Armin Laschet von der Union aus CDU und CSU sowie Olaf Scholz von der SPD.

Laut einer Blitzumfrage des Umfrageinstituts Forsa für RTL direkt nach der Debatte gewann für 36% der Zuschauer Olaf Scholz das Triell, für 30% hiess die Siegerin Annalena Baerbock und 25% meinten, Armin Laschet habe die Debatte gewonnen.

Auf die Frage von Forsa, wer war ihnen im Triell am Sympathischsten, antworteten 38% Olaf Scholz, 37% Annalena Baerbock und nur 22% Armin Laschet. Wenn das auch nur annähernd stimmt, ist klar, dass die Hoffnung von Armin Laschet bzw. der Union, mit dem ersten Triell die grosse Aufholjagd gegen Olaf Scholz bzw. die Absetzung der Union von SPD und Grünen in den Umfragen nicht stattfinden wird.

Für den Schreibenden ragte kein Kandidat heraus. Hier nur einige Anmerkungen zur Debatte, die natürlich viel detailreicher war.

Das erste Triell der Geschichte

Alle drei Kandidaten weigerten sich zu Beginn zu erklären, was sie besser als ein anderer Kandidat können oder was sie an einem anderen Kandidaten der Runde für schlecht befinden. Das sei schlechter Stil. In der Debatte danach ging es dann zwischendurch doch härter zur Sache.

Verteidigungspolitik

Armin Laschet sagte, Deutschland brauche einen Sicherheitsrat im Bundeskanzleramt, und die Bundeswehr müsse irgendwann in der Lage sein, alleine, also ohne die USA, so etwas wie den Flughafen Kabul verteidigen zu können. Der Kandidat der Union griff den Sozialdemokraten Scholz wegen der noch immer fehlenden bewaffneten Drohne im Arsenal der Bundeswehr an. Olaf Scholz und sein Finanzministerium hätten dies abgelehnt, weshalb der Wehrbeauftragte der SPD zurückgetreten sei. Olaf Scholz konterte mit der Eurodrohne, die nun komme.

Annalena Baerbock meinte, Deutschland solle sich nicht Wegducken in der Aussenpolitik. Doch nicht das von der NATO und den USA gewünschte Militärausgabenziel von 2% des BSP, sondern Schutzwesten, Nachtsichtgeräte, Hubschrauber, die auch fliegen können, müssten das Ziel sein. Die Grüne Baerbock attackierte insebesondere die CDU wegen dem nicht erfolgten früherem Einsatz für den Abzug von Ortskräften aus Afghanistan.

Corona-Politik

Armin Laschet sagt zurecht: „Wir werden mit dem Virus leben müssen.“ Dies, da Prognosen über die Entwicklung des Virus unklar seien. Annelena Baerbock meinte, in der Corona-Politik sei immer nur auf Sicht gefahren worden. Impfen mit Bussen sei nötig. Sie wies darauf hin, dass erst jetzt Gelder für Luftfilter für Schulen freigegeben würden.

Olaf Scholz lehnte sich weit aus dem Fenster mit der Aussage, es werde keinen neuen Lockdown geben, da es eine hohe Impfquote gebe; doch noch müssten weitere Menschen geimpft werden. Man muss dem Sozialdemokraten entgegnen: Was, wenn eine neue Covid-Variante kommt, gegen die kein Impfstoff wirkt, also zuerst ein neuer entwickelt werden muss? Da ein Teil der Deutschen immer noch nicht gelernt hat, mit dem Virus zu leben, und die Politik in der Vergangenheit auf den Lockdown setzte, der nicht das Virus, sondern nur die Wirtschaft tötet, ist nicht auszuschliessen, dass im Fall einer neuen, Variante, gegen die noch keine Impfung wirkt, doch wieder ein Lockdown verhängt wird. Die Gefahr besteht, weil in grossen Teilen der Welt erst wenige Menschen geimpft sind und die Pandemie so nach lange weiter gehen kann.

Zurück zum Triell. Armin Laschet war rhetorisch nicht ganz auf dem Niveau von Annalena Baerbock und Olaf Scholz, die entschiedener, klarer formulierten als der Mann der Union.

Bezüglich einer möglichen Impfpflicht meinte die Kanzlerkandidatin der Grünen, dies sei rechtlich nicht umsetzbar. Man müsse pragmatisch sein. Sie meinte, dass mindestens 80% der Bevölkerung immunisiert sein müssen. Sie warf Armin Laschet vor, die NRW-Landesregierung habe Luftfilter für Schulen nicht mitfinanzieren wollen. Annalena Baerbock, bei den Luftfiltern sei wie bei der Afghanistan-Politik gegangen: Warten wir mal ab. Jugendliche und Familien hätten bei der Bundesregierung und in NRW keine Priorität gehabt.

Armin Laschet wiederum meinte, in NRW hätten sie Null-Inzidenz in Villenvierteln und Inzidenz 600% in sozialen Brennpunkten beobachtet, und daher ihre Politik angepasst. Er wies Annalena Baerbock und die Zuschauer darauf hin, dass die Grünen in elf Ländern mitregierten (also mit verantwortlich seien).

Auf die Frage nach einer möglichen Durchseuchung an Schulen sagte er, : Scholz nein, weiterhin Vorsichtsmassnahmen.

Der globale Klimawandel

Bei der Klimapolitik, was würde sie sofort machen, was verbieten, fordert Annalena Baerbock eine Solarpflicht, Solaranlagen auf jedem Dach. Den Vebrennungsmotor würde sie verbieten, da wir aus den fossilen Brennstoffe rauskommen müssen. Klimapolitik ist für sie

Armin Laschet meint, man könne Klimaschutz nicht einfach verordnen. Die Stahlindustrie würde einfach abwandern, z.B. nach Indien. Unsere Bilanz wäre dann geht, dem Klima wäre jedoch nicht geholfen. Als konkrete Massnahme meinte er u.a., die Stromsteuer müsste gesenkt werden.

Olaf Scholz meint, die Industrien brauchten Garantie, dass sich ihre Investionen in die Modernisierung, in eine klimaneutrale Produktion lohnten.

[30.8.2021 um 19:11: Armin Laschet machte heute, einen Tag nach dem Triell und nach einer CDU-Präsidiumssitzung klar, in der Klimapolitik auf Innovation und marktwirtschaftliche Mechanismen zu setzen].

Sozialpolitik, Armut, Renten

Olaf Scholz meint, dies sei keine Zeit für Steuersenkungen. Er verweist auf Euro 400 Milliarden, die in der Corona-Krise aufgenommen wurden. Er plädiert für höhere Steuern für höhere Einkommen – wie z.B. er es als Minister hat -, und fordert Steuersenkungen für kleinere Einkommen.

Armin Laschet meint, entscheidend sei nicht die Höhe der Steuersätze, sondern das Steueraufkommen. Annalena Baerbock wehrt sich gegen die Abschaffung des Soli. Das Geld solle für Kinder aus sozial schwachen Verhältnissen aufgewendet werden. Olaf Scholz meint, sie seien sich alle einig und für eine Kindergrundsicherung.

Innere Sicherheit

Auf die Frage, wo fühlten sich Frauen am Unsichersten, meint Armin Laschet z.B. Unterführungen, Annalena Baerbock meint die eigenen vier Wänder (Mann, Ex-Mann, Freund als grösste Gefahr). Die Moderaten verweisen auf eine Umfrage: 50% der Frauen sagen Bahnhöfe und Haltestellen.

Armin Laschet fordert Überwachungskameras. Olaf Scholz meint, das Vorratsdatensteicherungsgesetz steht und wird – wegen einer Klage – auf EU-Ebene geprüft. Auch Videoüberwachung sei nötig, wo es etwas bringt. Annalena Baerbock wirft ein: An Bahnhöfen haben wird bereits Videoüberwachung, dort gibt es alkoholisierte Menschen. Das Problem sei die Auswertung. Es brauche eine bessere Ausstattung der Polizei. Das führt sie zurück zum Thema Steuersenkungen. Sie folgert, der Staat braucht (für Sicherheit) Geld.

Olaf Scholz sagt, er und Innenminister Seehofer (von der CSU) hätten mehr Geld für die Polizei im Bund beschlossen, die Bundespolizei ausgebaut, auch beim Zoll mehr Personal eingestellt, und die Ausweitung der rechtlichen Befugnisse von Polizei, Zoll durchgesetzt.

Mögliche Koalitionen

Ein Höhepunkt der Debatte kam, als Olaf Scholz in der Frage der möglichen Koalition nach der Bundestagswahl wie schon im Vorfeld der Debatte zum Beispiel in einem FAZ-Interview eine Koalition mit der Linkspartei nicht ausdrücklich aussschliessen wollte. Er verlangte stattdessen von möglichen Koalitionspartnern ein klares Bekenntnis zur NATO, zur EU, zu einem solidem Umgang mit Geld und zu Wirtschaftswachstum.

Armin Laschet attackierte Olaf Scholz daraufhin zurecht, da die Linke ja zum Beispiel gegen die NATO ist, ja Deutschlands Austritt aus der NATO fordert. Laschet fragte Scholz, warum dieser nicht klar eine Koalition mit Der Linken ausschliessen wolle. Doch der Kanzlerkandidat der SPD wollte sich nicht klarer äussern. Annalena Baerbock hingegen war wie Armin Laschet eindeutiger in ihrer Haltung: Die Linke schliesse sich (mit ihren Positionen) aussenpolitisch aus. Olaf Scholz wollte diese nur indirekt sagen, indem er wie erwähnt darauf verwies, was er von einem Koalitionspartner an Positionen verlangt.

Für Annalena Baerbock war ein Bekenntnis zu einer aktiven Klimapolitik Grundforderung an alle Koalitionspartner.

Schlussworte

In ihren Schlussworten im Triell setzten die Kanzlerkandidaten unterschiedliche Akzente. Annalena Baerbock versprach zum Beispiel einen „echten Aufbruch“. Olaf Scholz forderte Respekt, insbesondere einen höheren Mindestlohn sowie den Kampf gegen Klimawandel. Armin Laschet setzte dagegen auf Stabilität und Verlässlichkeit, was etwas bieder wirkte und nach „weiter so“ klang.

Kandidaten der Herzen: Habeck und Söder; Scholz der Mann der Stunde

Einige bei den Grünen werden der möglichen Kandidatur von Robert Habeck nachtrauern, der allerdings vor der Entscheidung der Grünen mehrfach bei Kernthemen der Grünen, bei denen es daher durchaus auf Details ankam, Wissenslücken aufwies. Annalena Baerbock fehlt es zwar an der nötigen Exekutiverfahrung, doch sie schien in Sachfragen sattelfest. Erst nach ihrer Nominierung patzte sie, kamen Plagiate bzw. fehlende Fussnoten in ihrem Buch ans Licht. Viel wichtiger wäre allerdings, Baerbocks Lücken bei der deutschen Nachkriegsgeschichte, insbesondere in Fragen der sozialen Marktwirtschaft, auf den Grund zu gehen.

Bei der Union werden noch viel mehr bedauern, dass nicht zuletzt Wolfgang Schäuble die Kandidatur von Markus Söder von der CSU verhinderte, der in Umfragen konstant klar vor den drei nun im Triell Angetretenen stand. Doch Söder und Habeck sind nur „Kandidaten der Herzen“. Scholz ist der Mann der Stunde.

Olaf Scholz blieb am Abend weitgehend ruhig, fuhr keine Attacken, gab sich staatsmännisch. Daher wohl war er in den Augen vielen der relative Sieger des Triells. HartzIV, CumEx, Wirecard, G20-Ausschreitungen, die unterschiedlichen Ansichten von SPD-Parteiführung und -Basis auf der einen, Olaf Scholz auf der anderen Seite, spielten bisher keine grosse Rolle.

Bis im Juli hinein schien alles auf ein Duell von Union gegen Grüne um die Kanzlerschaft hinauszulaufen. Nun kämpfen Union und SPD auf Augenhöhe, die Grünen liegen knapp dahinter. Nun spielt es plötzlich eine Rolle, dass Olaf Scholz in Umfragen klar vor Armin Laschet und Annalena Baerbock liegt. Der Kanzler bzw. die Kanzlerin wird nicht direkt vom Volk gewählt, doch bei einem Triell, bei dem nicht abzusehen ist, welche Partei am Ende gewinnt, zählt nun, dass im Auge der Wähler nur Scholz kanzlertauglich ist. Bald ein „Schlumpf“ im Kanzleramt?

Spielzeug bei Amazon Deutschland – Mikrowellen bei Amazon.de – Laptops bei Amazon.de

Das Foto auf dieser Seite zeigt Olaf Scholz bei der SPD Regionalkonferenz zur Wahl des SPD-Vorsitzes am 10. September 2019 in Nieder-Olm. Photo Copyright © Olaf Kosinsky. Artikel vom 30. August 2021 um 11:17 deutscher Zeit. Aufdatiert am 30. August 2021 um 19:11.