Malu Dreyer hat wenig Spielraum für Konflikte

Mai 19, 2016 at 11:16 272

Malu Dreyer als Ministerpräsidentin wiedergewählt

In Rheinland-Pfalz wurde am 18. Mai 2016 die rot-grüne Koalition, die bei der Landtagswahl im März ihre Mehrheit verlor, von einer rot-grün-gelben Regierung abgelöst.

Bei der Wahl im Landtag erhielt Malu Dreyer 52 Stimmen, was der Anzahl Parlamentarier ihres Ampelbündnisses entspricht. Gegen sie votierten 49 Abgeordnete, was wiederum der Stärke der Opposition von CDU und AfD entspricht.

Ein Kabinett mit neuen fünf Köpfen – eine zur Hälfte erneuerte Landesregierung

Das Ampelkabinett setzt sich wie folgt zusammen: SPD fünf Minister, Grüne und FDP je zwei Minister.

Neu in der Landesregierung sitzen für die SPD Bildungsministerin Stefanie Hubig, für die FDP der in Chile aufgewachsene Rechtsanwalt Herbert Mertin als Justizminister sowie der Wirtschafts-, Verkehrs-, Weinbau- und Landwirtschaftsminister Volker Wissing, der bisher als Richter und Staatsanwalt tätig war, Integrationsministerin Anne Spiegel für die Grünen, die bisher flüchtlings- und frauenpolitische Sprecherin der Landtagsfraktion war, sowie der parteilose Minister für Wissenschaft und Kultur, Konrad Wolf, der bisherige Präsident der Hochschule Kaiserslautern. Die Hälfte des Kabinetts ist folglich mit neuen Köpfen besetzt. Da dürften doch neue Impulse möglich sein, die Rheinland-Pfalz dringend braucht.

Weiterhin im Kabinett sitzt Ulrike Höfken von den Grünen, die für Umwelt, Energie und in Zukunft zudem neu für ökologische Landwirtschaft zuständig ist. Roger Lewentz von der SPD bleibt Innenminister. Neu wird er zudem für die Landesplanung zuständig sein, während dem die Zuständigkeit für die Infrastruktur ins Wirtschaftsministerium ausgelagert wird. Doris Ahnen von der SPD bleibt weiterhin Finanzministerin. Sabine Bätzing-Lichtenthäler von der SPD bleibt weiterhin Sozialministerin.

Gründe für den Wahlsieg von Malu Dreyer

Malu Dreyer hatte sich im Wahlkampf hinter die Flüchtlingspolitik von Angela Merkel gestellt, während dem die einst in Umfragen mit 11% (!) im Wahlkampf führende Julia Klöckner zuletzt kalte Füsse angesichts des Aufstiegs der AfD bekam und sich von der Kanzlerin und ihrer Politik leicht distanzierte, was ihr allerdings nicht half. Sie verlor ihre Glaubwürdigkeit und muss nun weiterhin auf den Bänken der Opposition Platz nehmen.

Die sympathische und beliebte Malu Dreyer verdankt indirekt ihren „Wahlsieg“ (36,2%, -0,5%) der Kanzlerin und ihrer fehlgeleiteten Flüchtlingspolitik, die eine Folge der fehlenden Sicherheitspolitik der EU ist. Malu Dreyer blieb sich und ihrer Politik treu und wurde dafür mit dem Erhalt des Amtes als Ministerpräsidentin belohnt.

Da Malu Dreyer drei Monate vor der Wahl 11% hinter Julia Klöckner lag, ist klar, dass Rot-Grün nicht alles richtig gemacht haben kann. Es gibt gute Gründe, für eine inhaltliche Neuorientierung der Landespolitik.

Die „Ampel“ bedeutet eine Premiere für Rheinland-Pfalz. Wird die Politik nun mit drei Parteien kohärenter, effizienter und glaubwürdiger? Da sind einige Fragezeichen erlaubt. Die alte, rot-grüne Koalition wurde ja vom Wähler abgewählt. Alles kann folglich nicht so toll gewesen sein. Die Kohärenz mit nun drei Parteien, die inhaltlich nicht mehr so nahe zusammen liegen wie Rot-Grün, dürfte leiden.

Positiv zu vermerken ist, dass Malu Dreyer nicht einfach auf eine Grosse Koalition setzte, sondern neue Wege geht. Klappt das Experiment, könnte es auf den Bund und andere Länder ausstrahlen und neue Koalitionsmöglichkeiten aufzeichnen.

Der Koalitionsvertrag

82% der FDP-Delegierten stimmten an einem Sonderparteigag für den Koalitionsvertrag, 86% der Grünen bei einer Urabstimmung sowie 100% der 55 SPD-Delegierten eines kleinen Parteitags.

Ein zentraler Punkt der Vereinbarung ist die Einhaltung der gesetzlichen Schuldenbremse. Alle drei Ampelpartner haben dem zugestimmt. Wird folglich die Koalition nicht am Geld scheitern?

Im Koalitionsvertrag steht, dass die Schuldenbremse bis 2021 eingehalten werden muss. Dafür müsse das strukturelle Defizit bis 2020 um weitere 420 Millionen Euro verringert werden. Rot-Grün-Gelb hat sich zudem auf die Einstellung von 2500 neuen Polizisten geeinigt. 1000 WLAN-Hot-Spots sollen in 1000 Kommunen kommen. Im Strassenbau gelte der Grunsatz „Erhalt vor Neubau“. Die Kitas sollen ihre Öffnungszeiten ausweiten und flexibilisieren. Die medizinische und pflegerische Versorgung in Rheinland-Pfalz solle weiter verbessert werden. Dies und noch mehr steht im Koalitionsvertrag. Geld wird demnach weiter ausgegeben werden. Dafür müsste irgendwo gespart werden oder die Einnahmen müssten steigen.

Wenig Spielraum der Ampel für Konflikte

Die Ampel verfügt mit 52 von 101 Stimmen im Landtag von Rheinland-Pfalz nur über eine minimale Mehrheit. Das zwingt sie zum Zusammenzuhalt. Die Koalition könnte schon bei einem kleinen Gewitter auseinanderfliegen.

Vieles wird von der Entwicklung der Flüchtlingskrise sowie vom Zustand des Euro und der EU abhängen. Drohen weiterhin Flüchtlingswellen, Grexit, Krisen in Italien, Portugal und Spanien und treten die Briten gar aus der EU aus, dann dürfte die AfD weiteren Auftrieb erhalten und die Ampel in Rheinland-Pfalz bei der nächsten Wahl rechnerisch bereits nicht mehr möglich sein.

Noch sind wir aber noch nicht da. Mit 36.2% gewann Malu Dreyer, die das Amt der Ministerpräsidentin 2013 vom unglücklichen Kurt Beck übernahm, einen Prozentsatz an Wählern, von dem andere Länderchefs der Sozialdemokraten und der beliebige Vizekanzler Sigmar Gabriel im Bund nur träumen können.

Malu Dreyer hat keine bundespolitischen Ambitionen

Mit SPD-Generalsekretärin Katarina Barley und SPD-Bundesgeschäftsführerin Juliane Seifert hat Malu Dreyer nun zwei Vertraute in der Bundeszentrale. Normalerweise wären dies hervorragende Aussichten für eine Machtübernahme auf Bundesebene. Doch Malu Dreyer leidet an Multipler Sklerose und schätzt auch sonst ihre Kräfte und Kompetenzen richtig ein. Sie strebt nach keinem höheren Amt.

Malu Dreyer hat wenig Spielraum für Konflikte in Rheinland-Pfalz. Wird die Ampel zum Flohzirkus, könnte die Koalition rasch auseinanderfliegen. Da bleibt genug zu tun im Land. Da wäre ohnehin nicht viel Zeit, um über bundespolitische Ambitionen nachzudenken.

Malu Dreyer: Die Zukunft ist meine Freundin: Wie eine menschliche und ehrliche Politik gelingt. Verlag Bastei Lübbe, Oktober 2015, 320 Seiten. Das Buch bestellen bei Amazon.de.

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Artikel vom 19. Mai 2016 um 11:16. Zusammen mit Buch und Foto von Malu Dreyer zu unseren neuen WordPress-Seiten hinzugefügt am 1. Mai 2021.