Die Nea Dimokratia gewinnt eine absolute Mehrheit in Griechenland

Jul 08, 2019 at 12:45 2354

Nach Auszählung von 99% der Stimmen bei der Parlamentswahl in Griechenland vom 7. Juli 2019 gewinnt die oppositionelle, konservative Nea Dimokratia mit 158 Sitzen im Parlament mit insgesamt 300 Mandatsträgern die absolute Mehrheit. 57,9% der rund 9,96 Millionen Wähler gingen an die Urnen.

Die absolute Mehrheit der Sitze wurde für die Nea Dimokratia nur möglich, weil die stärkste Partei laut dem griechischen Wahlrecht (bei dieser Wahl zum letzten Mal angewandt) einen Bonus von 50 Sitzen erhält. Die Nea Dimokratia kam nämlich „nur“ auf 39,85% der Stimmen, immerhin ein stolzes Plus von 11,75% im Vergleich zur letzten Wahl.

Abgestraft wurde die regierende, linke Syriza von Ministerpräsident Tsipras. Sie gewann nur noch 31,53% der Stimmen. Das Minus von 3,97% im Vergleich zur letzten Wahl hält sich allerdings in Grenzen, insbesondere wenn man bedenkt, das Tsipras das Gegenteil von dem gemacht hat, was er als populistischer Oppositionspolitiker und danach zu Beginn als Regierungschef versprochen hatte. Er hatte 2015 ein Referendum gegen das von der sogenannten Troika (IWF, EZB, EU Kommission) verlangte Reformprojekt organisiert. Bei einer Wahlbeteiligung von 62,5% lehnten damals 61,3% der griechischen Wähler die verlangten Reformen wie von Tsipras gewünscht ab.

Da Griechenland de facto bankrott war und dringend Kredite brauchte, sass die Troika allerdings am längeren Hebel und Tsipras musste wohl oder übel Reformen umsetzen. Tsipras sah sich noch im August 2015 zu Neuwahlen gezwungen. Der reformunwillige linke Flügel der Partei spaltete sich ab und der linkspopulistische Finanzminister Varoufakis trat zurück. Danach hat Tsipras die notwendigen Reformen allerdings nur mit halber Kraft und nur teilweise umgesetzt. Noch immer liegt die Arbeitslosigkeit in Griechenland bei rund 18%. Immerhin eine Verbesserung gegenüber den 25% auf dem Höhepunkt der Krise. Doch noch immer sind rund 40% der Jungen ohne Arbeit, obwohl rund eine halbe Million Menschen das Land verlassen haben.

Nun hat der Wähler Tsipras und Syriza abgestraft. Mit neu 86 Sitzen kontrolliert Syriza nicht einmal mehr 30% der Sitze. Doch der Sturz in die Bedeutungslosigkeit wurde mehr als nur vermieden. Hinter der Nea Dimokratia bleibt Syriza klar die zweistärkste Kraft im Parlament. Die drittgrösste Partei, die erst 2018 gegründete linke KINAL, hinter der sich im wesentlichen die ehemalige Regierungspartei PASOK verbirgt, kam lediglich auf 8,1% und 22 Sitze. An vierter Stelle landeten die Kommunisten mit 5,3% und 15 Sitzen. Ebenfalls noch über die 3%-Hürde schafften es die 2016 gegründete rechtspopulistische Griechische Lösung (Elliniki Lysi) mit 3,7% und 10 Sitzen sowie die von Ex-Finanzminister Varoufakis 2016 gegründete linkspopulistische und gesamteuropäische MeRA25 mit 3,4% und 9 Sitzen.

Der ehemalige Koalitionspartner von Tsipras, die konservativ-rechtspopulistische ANEL des ehemaligen Verteidigungsministers Panos Kammenos, trat bei der Parlamentswahl 2019 erst gar nicht an. Zwei Tage nachdem das mazedonische Parlament mit der notwendigen Zweidrittelmehrheit einer Umbenennung ihres Landes in Republik Nordmazedonien zugestimmt hatte, trat er am 13. Januar 2019 als Verteidigungsminister zurück. Da ANEL in Umfragen unter der 3%-Hürde blieb, trat die Partei bei der Parlamentswahl 2019 erst gar nicht an.

Die Neonazi-Partei Goldene Morgenröte verpasste mit 2,93%, einem Minus von 4,07% im Vergleich zur letzten Wahl, knapp den Einzug ins Parlament.

Kyriakos Mitsotakis (*1968) ist seit 2016 der Vorsitzende der Nea Dimokratia und wird folglich der nächste griechische Ministerpräsident werden. Er enstammt einer der drei grossen griechischen Politikerdynastien. Sein Vater Konstantinos Mitsotakis war ebenfalls einst Premierminister. Seine Schwester, Dora Bakogianni, war von 2002 bis 2006 Oberbürgermeisterin von Athen und danach, bis 2009, griechische Aussenministerin. Eleftherios Venizelos, von 1910 bis 1933 mit Unterbrechungen über 15 Jahre griechischer Premierminister, war sein Grossonkel.

Ob Kyriakos Mitsotakis die für Griechenland so notwendigen Reformen vorantreiben wird, bleibt abzuwarten. Die Verwaltung lässt nach wie vor zu wünschen übrig. Die Reichen bekunden noch immer Mühe beim Steuerzahlen. Posten werden nach wie vor zu oft nach Parteibuch und Familienhzugehörigkeit und nicht auf Grund von Kompetenzen vergeben. Die griechischen Staatsschulden belaufen sich noch immer auf rund 180% des BSP. Irgendwann werden die Zinsen im Euroraum wieder steigen. Dann wird Griechenland massive Probleme kriegen, auch wenn 2018 ein Wirtschaftswachstum von 1,9% herausschaute und 2019 laut Schätzungen ein solches von 2,2% herauskommen könnte.

Photo von Kyriakos Mitsotakis aus dem Jahr 2016. Quelle: Wikipedia / Flickr.

Artikel vom 8. Juli 2019 um 12:45 deutscher Zeit.