Paul Klee und die Surrealisten

Mrz 07, 2017 at 16:11 499

Nur noch bis am 12. März 2017 ist die von Michael Baumgartner kuratierte Ausstellung Paul Klee und die Surrealisten (Katalog) im Zentrum Paul Klee in Bern mit über 250 Exponaten zu sehen. Der Katalog dazu ist wieder einmal so gewichtig wie die Schau selbst, die in Zusammenarbeit mit dem Centre Pompidou in Paris entstand, das über 60 Leihgaben von Paris nach Bern sandte.

Die Surrealisten sahen ihre zentralen Begriffe wie „Traum“, „Kosmos“ und „Vision“ in der magischen, transzendentalen Kunst von Paul Klee reflektiert. Deshalb machten sie ihn zu ihrem Spiritus Rector.

Louis Aragon, Antonin Artaud und Robert Desnos gehörten zu den Surrealisten, die sich Anfang der 1920er Jahre auf Paul Klee bezogen. André Masson, René Crevel, Joan Miró und andere folgten ihnen wenige Jahre später in der Erkenntnis, der in Bern geborene Maler sei ein Bruder im Geiste. Miró ging so weit, die Begegnung mit Paul Klee als die wichtigste in seinem Leben zu bezeichnen, denn unter seinem Einfluss habe sich seine Malerei befreit. André Masson äusserte sich ähnlich. Für den französischen Dichter Philippe Soupault, der zusammen mit seinem Kollegen André Breton die surrealistische Bewegung um 1920 ins Leben gerufen hatte, war Paul Klee gar der Erfinder des Surrealismus. In jedem Fall sahen die Surrealisten in Paul Klee einen Bildzauberer und Vorläufer.

Die dritte Einzelausstellung von Klee in der Pariser Galerie Bernheim-Jeune von 1929 brachte dem Maler in Frankreich den kommerziellen Durchbruch und in Kritiker- und Künstlerkreisen die Anerkennung als bedeutender Künstler der Gegenwart. Die Schau wurde von Georges Braque, André Derain, Pablo Picasso und anderen besucht.

Die Werke der Surrealisten wiederum befruchteten das Oeuvre von Paul Klee, der unter anderem von der surrealistischen Phase von Picasso und Paul Ernst inspiriert wurde.

Die Ausstellung im Zentrum Paul Klee ist in acht Teile gegliedert, die sich im Bildteil des Katalogs widerspiegelt: Die Welt als Traum, Ecriture automatique und Cadavres exquis, Histoire Naturelle, Eros und Sexualität, Surreale Mechanik und die Desintegration des menschlichen Körpers, Porträts und Masken, Surreale Räume sowie Das Geheimnis der Objekte.

Den Werken von Paul Klee stehen bedeutende der Surrealisten gegenüber, welche die gegenseitige Befruchtung zeigen. Das Spektrum reicht von René Magritte über Max Ernst und Alberto Giacometti bis zu den oben erwähnten Pablo Picasso und Joan Miró. Wobei die Schriftsteller nicht ausser Acht gelassen werden.

Die vier Katalogessays befassen sich mit Paul Klee, Max Ernst und der Forcierung der Inspiration, mit der Frage Klee, Arp Miró – das Ende der Polaritäten?, mit Paul Klee im Lichte der surrealistischen Schriftsteller (1923-1930) sowie mit Paul Klees Verhältnis zu Carl Einstein im Kontext des Surrealismus.

Besonders nützlich im Buch zur Ausstellung sind die alphabetisch geordneten Biografien der Surrealisten, wo noch heute bekannte Namen wie René Char und Paul Eluard neben jenen von René Crevel und Georges Duthuit stehen, die heute nur noch eingeweihten Kunst- und Literaturkennern ein Begriff sind.

Am Ende der ersten Thematisierung in einer umfassenden Ausstellung der Beziehung von Paul Klee und den Surrealisten bleibt die Frage, was ist Surrealismus? Die Künstler haben mit ihren manchmal miteinander verwandten, manchmal völlig unterschiedlichen Werken höchst verschiedene Antworten darauf gegeben.

Paul Klee und die Surrealisten. Hatje Cantz Verlag, Zentrum Paul Klee, Bern, 2016, 400 Seiten mit 497 Abbildungen. Den Katalog / Das Buch bestellen bei Amazon.de.

Ein Beiheft zum Katalog versammelt ergänzende Materialen in den Originalsprachen, überwiegend in Französisch. Dazu gehören die umfangreiche Korrespondenz zwischen Paul Klee und den Surrealisten sowie wichtige Texte von Zeitgenossen wie Georges Bataille, Robert Desnos, Marcel Duchamp, Paul Eluard und anderen.

Rezension / Buchkritik / Artikel vom 7. März 2017 um 16:11.