[Update vom 25.2.2020 um 01:08 deutscher Zeit: Laut dem vorläufigen amtlichen Ergebnis hat es die FDP als Partei mit 4,9% nicht ins Hamburger Parlament geschafft. Allerdings gelang es der FDP-Spitzenkandidatin Anna von Treuenfels in ihrem Wahlkreis Blankenese ein Direktmandat zu erringen. Die AfD schaffte es mit 5,3% hingegen schon über die 5%-Hürde, ebenso die Linke mit 9,1%, die CDU mit 11,2%, die Grünen mit 24,2% und die SPD mit 39,2%].
Rot-Grün kommt in Hamburg mit einem weinenden und einem lachenden Auge davon. Laut der Hochrechnung von Infratest dimap für die ARD um 20:47 verliert die SPD bei der Bürgerschaftswahl zwar rund 6,7% gegenüber 2015 unter Olaf Scholz, kommt aber immer noch auf 38,9% und bleibt damit klar die stärkste Partei. Das ist ein Wert, der für die Sozialdemokraten immer noch wie aus der guten alten Zeit aussieht.
Allerdings wünschte sich der Spitzenkandidat der SPD in Hamburg, Peter Tschentscher, dass das SPD-Spitzenduo Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans sich im Hamburger Wahlkampf nicht blicken lässt. Sie hatten gegenüber dem ehemaligen Hamburger Bürgermeister und aktuellen Bundesfinanzminister Olaf Scholz mit einer Linksagenda und dem mehr oder weniger offenen – und danach nicht eingelösten – Versprechen eines Ausstiegs aus der Bundesregierung im Kampf um die SPD-Spitze gesiegt. Die Hamburger SPD ist bürgerlicher als das erste SPD-Spitzenduo, auch wenn Tschetschener mit den Grünen regiert.
Und eben diese Grünen machten in Hamburg bei der Bürgerschaftswahl 2020 die Verluste der SPD mehr als wett. Lauf der Infratest dimap-Hochrechnung von 20:47 kommen sie auf 24,4%, womit sie 12,1% zulegten und damit ihr Resultat von 2015 in etwa verdoppelten. Damit kann Peter Tschetschner in Hamburg mit Rot-Grün weiter regieren.
Die CDU fährt laut der Hochrechnung mit 11,2% (-4,7%) das schlechteste Resultat ihrer Geschichte in Hamburg ein, wo sie bis Ende 2010 noch eine schwarz-grüne Regierung angeführt hatte. Die Linke kommt 2020 auf 9,1% (+0,6%), wobei sie von den hohen Zustimmungswerten von 34% für ihre Spitzenkandidatin Cansu Özdemir profitierte. Die AfD kommt laut der Hochrechnung von 20:47 mit 5,1% (-1%) knapp ins Parlament des Stadtstaates. Die FDP verliert 2,4% und muss mit 5% um den Einzug in die hamburgische Bürgerschaft mit insgesamt 121 Sitzen fürchten. Andere Parteien gewannen ingesamt 6,3% (+2,1%), sind aber alle weit von der 5%-Hürde entfernt. Die Wahlbeteiligung lag bei 62,4%, höher als beim historischen Tiefstwert von 56,5% bei den Wahlen 2015.
Der beliebte Peter Tschetschner, der bis zu seiner Berufung 2011 als Senator noch Vollzeit als Oberarzt arbeitete, war für 40% aller Wähler der ausschlagende Faktor, der SPD die Stimme zu geben. Das ist ein hoher Wert. Im Vergleich dazu gaben nur 11% an, die Grünen wegen deren Spitzenkandidatin, der Zweiten Bürgermeisterin Katharina Fegebank, die Stimme gegeben zu haben. Selbst 70% der Wähler von CDU, FDP und Grünen sind mit der Arbeit von Peter Tschetschner zufrieden.
In Hamburg beurteilen laut Infratest dimap 86% der Wähler die wirtschaftlichen Lage als gut oder sehr gut, nur 12% als weniger gut oder schlecht. In Gesamtdeutschland urteilen nur 69% mit gut oder sehr gut, während dem 30% die wirtschaftliche Lage als weniger gut oder schlecht ansehen.
Laut Infratest dimap gab es bei der Hamburger Bürgerschaftswahl 2020 kein dominierendes Thema. Mit 21% am meisten nannten die Wähler Umwelt und Klima, vor Verkehr und Infrastruktur (16%), Bildung (+16%), soziale Sicherheit (16%), Wohnen und Mieten (15%). Zwanderung nannten lediglich 5% der Befragten als wichtigstes Thema, was das schwache Abschneiden der AfD in Hamburg erklärt. Die Vorgänge in Thüringen hatten nur bei 8% der Wähler einen sehr grossen Einfluss auf die Wahlentenscheidung. Allerdings spielte Thüringen bei 20% der ehemaligen FDP-Wählern eine Rolle, was erklärt, warum die Liberalen um den Einzug ins Parlament fürchten müssen.
Fazit: Rot-Grün dürfte mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Hamburg weiter regieren.
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Das Foto zeigt Peter Tschentscher im Jahr 2018. Photo Copyright: Ronald Sawatzki / Senatskanzlei Hamburg. Quelle: https://www.hamburg.de/senat/2829620/peter-tschentscher/
Artikel vom 23. Februar 2020 um 21:01 Hamburger Zeit.