Schokolade – Das Standardwerk von Georg Bernardini

Apr 16, 2022 at 16:49 795

2012 veröffentlichte Georg Bernardini das Buch Der Schokoladentester, das innerhalb von nur vier Wochen vergriffen war und im Mai 2014 als bestes Schokoladenbuch der Welt mit dem Gourmand Cook Book Award ausgezeichnet wurde. Es behandelte darin rund 2700 Produkte von 271 Marken aus 38 Ländern.

Das nun vorliegende neue Buch von Georg Bernardini, Schokolade – Das Standardwerk (Amazon.de), behandelt sogar 4000 Schokoladenprodukte von 550 Marken aus 70 Ländern, womit es meines Wissens nach in der Tat ein einmaliges Nachschlagewerk zum Thema Schokolade ist. Es macht also dem prätentiösen Titel alle Ehre.

Biografische Angaben zu Georg Bernardini

Georg Bernardini (*1967) stammt aus einer italienisch-deutschen Gastronomenfamilie, wobei der Vater, ursprünglich Malermeister, ein Quereinsteiger war und mit Georgs Mutter zusammen 1976, „von einem Tag auf den anderen, bei Bonn ein Restaurant im beschaulichen Rolandseck am Rhein“ eröffnete. Wobei die Hauswände des Restaurants mit mediterraner Küche schon mal mit „Vorsicht Knoblauchküche“ beschmiert wurden, wie der Autor in Schokolade – Das Standardwerk berichtet.

Georg Bernardini selbst begann seine berufliche Karriere als Auszubildender in der Konditorei Müller-Langhardt in Bonn. Zu seinem Werdegang gehörten einige Jahre in Paris und in Toulouse, wo er im damals mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichneten Restaurant Les Jardins de l’Opéra sechs Monate lang als Chef Pâtissier arbeitete.

Im November 1992 gründete Georg Bernardini zusammen mit Oliver Coppeneur die CCC Confiserie Coppeneuer et Compagnon GmbH, für die er bis Ende Juni 2010 tätig war. Er war für Einkauf, Vertrieb, Marketing und Verwaltung zuständig und kümmerte sich zudem um die Produktentwicklung. Als sein wichtigstes Projekt bei CCC bezeichnet der Autor den Aufbau der Bean-to-Bar-Produktion. Im Buch gibt der Autor seiner ehemaligen Firma vier von sechs Kakaobohnen.

Insgesamt verfügt Georg Bernardini über eine 27-jährige Erfahrung der Schokoladenbranche. In seinem neuen Buch hat er laut eigenen Angaben „ausschliesslich Produktkategorien besprochen und bewertet, die er während seiner aktiven Zeit selbst produziert hat.“

Die deutsche Schokoladenkultur hinkt(e) hinter der belgischen hinterher

Die deutsche Schokoladenkultur scheint insofern einen grossen Rückstand gegenüber Belgien und Frankreich aufholen zu müssen, als Georg Bernardini in seinem Standardwerk schreibt, dass spannende deutsche Schokolade erst mit dem Film Chocolat (Filmkritik) mit Juliette Binoche und Johnny Depp aufkam, da der Film „dem Ganzen im Jahre 2000/2001 einen Schub gab“, wobei er den „Durchbruch“ bei der deutschen Schokoladenkultur im Jahr 2005 sieht.

Pierre Marcolini zeichnet Georg Bernardini in seinem Standardwerk (zurecht) mit sechs Kaffeebohnen aus, der höchstmöglichen Wertung. Marcolini wurde bereits 1991 bester Pâtissier Belgiens und Schokoladen-Weltmeister (Champion du Monde) 1995. Sein erstes Geschäft eröffnete er in jenem Jahr in Brüssel, wobei ein zweites 1998 am Place du Grand Sablon 39, ebenfalls in der belgischen Hauptstadt, folgte. Die Belgier hatten also 10 bis 15 Jahre Vorsprung mit ihrer Schokoladenrevolution.

Stolz ist Georg Bernardini darauf, dass Pierre Marcolini seine Kritik an der Verwendung von Vanille in Ursprungsschokolade aufnahm und umsetzte, also auf Vanille auf diesen Schokoladen seit 2011 verzichtet, was es erlaubt, „die feinen Aromen der Kakaosorten nicht zur [zu] erahnen, sondern fein herauszuschmecken“, wie der Buchautor zurecht stolz vermerkt.

Ein nützliches Nachschlagewerk, das seinesgleichen sucht

Über Geschmack lässt sich natürlich streiten. So erfand 1875, wie im Buch erwähnt, Daniel Peter in Vevey die Milchschokolade. Er heiratete Fanny Cailler, die aus einer der wichtigsten Schokoladendynastien stammte. Daniel Peter machte Cailler erst richtig gross und erfand neben der Milch- auch die Haselnussschokolade. Heute gehört Cailler zu Nestlé und produziert, wie der Autor bemängelt, „Massenware von ordentlicher, aber bei weitem keiner guten Qualität. Der Zuckeranteil in den Produkten ist viel zu hoch, so dass man beim Verzehr wenig von Genuss sprechen kann.“ Als Purist verstehe ich die Einwände von Georg Bernardini. Ich kann auch nicht verstehen, wie man Tee mit Milch und Zucker „versauen“ kann¨. Grosse Produzenten richten sich allerdings am Massengeschmack aus. Zucker, Milch und zum Teil wenig Kakao entsprechen einem Bedürfnis vieler Konsumenten. Nicht jedermann will Schokolade mit einem Kakaoanteil von 70% und mehr. Es drängt nicht alle danach, subtile Aromen von verschiedenen Kakaosorten herauszuschmecken. Neben bemerkt: Der Geschmack wird sich auch wieder wandeln. In zwanzig Jahren wird die kulinarische Avantgarde vielleicht Schokolade nach anderen Kriterien beurteilen.

Das Buch von Georg Bernardini richtet sich an Schokoladeliebhaber, denen es um den Kakao in der Schokolade geht und um Schokolade, die ohne den Zusatz von künstlichen Aromastoffen verarbeitet wird. Seine Kritiken erlauben es dem Leser, aus 4000 Produkten jene zu finden, die diesen Kriterien am besten entsprechen. Und die Kriterien hat der Autor ja fein säuberlich dargelegt. In seinen „Bestenlisten“ führt er übrigens auch die Kategorien „pure Milchschokoladen“ und „veredelte Milchschokoladen“ auf.

In seinem Gesamtfazit führt Georg Bernardini die 25 Hersteller auf, die nach seinen Kriterien die beste Qualität bieten. Dazu gehören Namen wie Domori, La Maison du Chocolat, Pierre Marcolini und Zotter.

Ich kenne natürlich nicht alle Schokoladenbücher dieser Welt, doch Schokolade – Das Standardwerk (Amazon.de) ist das umfassendste, was ich zu diesem Thema je gelesen habe. Der überwiegende Teil befasst sich auf über 700 Seiten mit den erwähnten 4000 Schokoladenprodukten von 550 Marken aus 70 Ländern. Daneben bietet das Buch jedoch noch rund 100 Seiten zum Kakao, zu seiner Geschichte seit den Olmeken um 1500 vor Christus, über die Verbreitung in Europa im 17. Jahrhundert bis heute, zu seiner Herstellung, zu den Zutaten, zu den Kriterien und zur Bewertung. Am Ende des Buches gibt es nochmals rund 50 Seiten mit „Interessantem rund um Kakao und Schokolade“, so zum Beispiel ein Kapitel zu Wein & Schokolade und Bier & Schokolade vom Sommelier Claudia Stern, sowie ein Glossar. Wer hier nicht fündig wird, ist selbst schuld!

Georg Bernardini: Schokolade – Das Standardwerk. Der Schokoladentester 2015. Die besten Schokoladen und Pralinen der Welt. Was dahinter steckt und worauf wir gerne verzichten. Die Auflage ist auf 5000 Exemplare limitiert. September 2015, 917 Seiten. Das Buch bestellen bei Amazon.de. Weitere Bücher zum Thema Schokolade bei Amazon.de.

Artikel vom 6. Oktober 2015 um 11:28 CET. Hinzugefügt zu unseren Seiten im neuen Design am 16. April 2022 um 15:48 deutscher Zeit.