Bundeskanzler Olaf Scholz kann scheinbar einen „Erfolg“ verweisen: Die USA liefern Abrams-Kampfpanzer, was es laut der Scholz’schen Lesart Deutschland gefahrlos erlaubt, seinerseits Leopard2 zu liefern bzw. die Lieferung von Leos durch Drittstaaten freizugeben sowie das Training von Ukrainern am Leopard 2 zu beginnen. Es war eine Zangengeburt, Deutschland weitgehend isoliert.
#FreeTheLeopards hiess nicht nur ein Trend auf Twitter, sondern es war schon länger das Gebot der Stunde, denn der Einsatz der Leoparden macht Sinn im Verbund mit der Panzerhaubitze 2000, Geparden, Marder und anderen Waffensystemen. All das weiss der Bundeskanzler natürlich auch. Seine lange Ablehnung von Lieferungen begründeten er und seine Partei, die SPD, immer wieder einmal anders. Die bereits angeschlagene Glaubwürdigkeit Deutschlands ging weiter flöten, denn von der Ende Februar von Olaf Scholz versprochenen Zeitenwende war und ist bisher nicht viel zu sehen.
Natürlich hat Deutschland nicht nichts gemacht, wie Olaf Scholz zum Beispiel im Juni im Bundestag in einem Schlagabtausch mit Oppositionsführer Friedrich Merz von der CDU darlegte. Doch damals hatte Russland einen Landkorridor von der Krim über Cherson, Berdjansk und den Donbass nach Russland erkämpft. Die Hilfe aus Deutschland und anderen Staaten war folglich bei weitem nicht genug.
Hinzu kommt, dass Deutschland bis heute nicht abwehrbereit ist. Über seine damalige Quotenfrau, die Verteidigungsministerin Christine Lambrecht, hatte Olaf Scholz bei ihrer Nominierung gesagt: «Sie wird eine ganz, ganz bedeutende Verteidigungsministerin der Bundesrepublik Deutschland sein.» ZDF, Spiegel, SZ, NZZ, Hamburger Morgenpost, RP-Online und andere haben dies bei ihrem blamablen Abtritt Anfang Januar 2023 genüsslich und zurecht erwähnt.
Heute, am 25. Januar 2023. hat Olaf Scholz sich im Bundestag erneut zu seiner Ukraine-Politik geäussert. Der Bundeskanzler erwähnte zurecht, dass die Schreckensszenarien bezüglich dem Ende der Gasimporte aus Russland nicht eingetreten seien.
Heute schaute Olaf Scholz wie bei seinen Bundestags-Reden im Februar und im Juni 2022 wie ein souveräner Bundeskanzler aus. Warum nicht immer so und, vor allem, warum nicht untermauert mit Taten, die den grossen Worten sofort folgen?
Im Bundestag sagte Olaf Scholz: „Es dürfen Grenzen nicht mit Gewalt verschoben werden.“ Er erwähnte: „Und deshalb ist es richtig, dass wir eng abgestimmt mit unseren internationalen Partnern die Ukraine unterstützen: finanziell, mit humanitären Mitteln, aber eben auch mit Waffenlieferungen.“ Der Bundeskanzler unterstrich, dass Deutschland – zusammen mit Grossbritannien – in Europa die meiste Unterstützung mit Waffen für die Ukraine zur Verfügung stellt. Olaf Scholz sagte zudem: „…Deutschland wird immer vorne an sein, wenn es darum geht, die Ukraine zu unterstützen. Wir sind das Land, das das mit grosser Energie und in grossem Umfang tut. Dazu haben wir entschieden, dass wir auch schwere Waffen liefern.“ Er erwähnte die Waffen, die Deutschland gesandt hat, in enger Kooperation mit seinen Partnern.
Scholz betonte, es sei Krieg in Europa, gegen ein grosses Land wie die Ukraine. Scholz wiederholte erneut die Notwendigkeit der Unterstützung für die Ukraine. Doch gleichzeitig müsse eine Eskalation des Krieges zu einem Krieg zwischen Russland und der NATO verhindert werden. Er fügte an: „Und dieses Prinzip werden wir auch weiterhin immer beachten.“
Es gebe für diese Dinge keine mathematischen Gewissheiten, und deshalb sei es „richtig und mit voller Absicht geschehen, dass wir uns Stück für Stück vorangearbeitet haben. Und dieses Prinzip werden wir auch in Zukunft weiter verfolgen. Es ist das einzige Prinzip, das in einer so gefährlichen Angelegenheit Sicherheit auch für Europa und Deutschland gewährleistet. Und das gilt jetzt auch für die jüngste Entscheidung. Wir werden der Ukraine auch Kampfpanzer zur Verfügung stellen vom Typ Leopard 2.“
Scholz führte weiter aus: „Und ich will ausdrücklich sagen, es war richtig, und es ist richtig, dass wir uns nicht haben treiben lassen, sondern dass wir auf diese enge Kooperation in einer solchen Angelegenheit setzen und sie auch fortsetzen.“
Der Bundeskanzler fügte hinzu: „Unser Ziel ist es, rasch zwei Panzerbatallione zusammen mit unseren Verbündeten bereit zu stellen. Es gibt viele Länder, die gerne mitliefern wollen…“
Das ist ein Euphemismus bzw. eine Verdrehung der Tatsachen. Olaf Scholz hat gebremst, wo es nur ging. Deutschland war weitgehend isoliert. So waren Polen, Finnland und zuletzt die Niederlande und Spanien bereit, Leopard Kampfpanzer an die Ukraine zu liefern. Aus Spanien war heute zu hören, bis zu 53 Leopard2 könnte Kiew sofort erhalten.
Der polnische Premierminister Morawiecki schrieb am 22. Januar 2023 auf Twitter: „We will not stand by idly and watch Ukraine bleed to death. If we don’t get German agreement on the Leopards, we will build a ’smaller coalition‘ of countries ready to donate some of their modern tanks to a fighting Ukraine.“
Zurück zur Rede von Scholz, der sagte: „Deutschland wird wie gesagt Leopard 2A6 Panzer zur Verfügung stellen… die aus den Beständen der Bundeswehr stammen.“ Deutschland wird den Ukrainern Ausbildung, Logistik, Munition und Wartung der Systeme zur Verfügung stellen. Deutschland wird zudem den Partnerländern erlauben, Leopard2-Kampfpanzer in die Ukraine zu liefern.
Olaf Scholz betonte ausdrücklich am Ende seiner Rede, die Bundesbürger, die sich angesichts der Entwicklung Sorgen machten, sollten der Bundesregierung vertrauen, die international abgestimmt handle. Vorerst sendet Deutschland erst einmal 14 Leopard-Kampfpanzer. Natürlich viel zu wenig.
Dazu fällt einem der Begriff „German Angst“ ein, der international oft und nicht immer zurecht zirkuliert. Doch es war die Ängstlichkeit des Westens, insbesondere Deutschlands, der Putin 2014 dazu ermutigte, die Ukraine anzugreifen, und im Februar 2022 den Krieg zu eskalieren. Appeasement gegenüber Russland ist kontraproduktiv. Putin sieht in der Unentschlossenheit, partiellen Spaltung des Westens, keine klare Haltung, was ihn dazu ermutigt, den Krieg immer weiter zu eskalieren. Doch Russland kann diesen Angriffskrieg nicht gewinnen. Putin und sein Regime werden früher oder später zu Fall kommen.
P.S. Joe Biden hat einige Stunden später verkündet, die USA würden 31 Panzer vom Typ M1 Abrams an die Ukraine liefern.
Lektüre zu Olaf Scholz:
Lars Haider: Olaf Scholz — Der Weg zur Macht. Porträt. Klartext Verlag, Dezember 2021, 198 Seiten. Das Buch bzw. Kindle EBook bestellen bei Amazon.de.
Oliver Schröm, Oliver Hollenstein: Die Akte Scholz. Der Kanzler, das Geld und die Macht, Ch. Links Verlag, Oktober 2022, 391 Seiten. Das Buch bestellen als Paperback, Kindle eBook oder Hörbuch bei Amazon.de.
Ein Leopard 2A6 Kampfpanzer bei einer Informationslehrübung (ILÜ) der Bundeswehr am 24.09.2012 in der Bergen-Hohne Training Area. Photo via Wikipedia/Wikimedia Commons von Flickr.
Artikel vom 25. Januar 2023 um 13:54 deutscher Zeit. Zuletzt aufdatiert um 19:29 (Abrams Panzer).