Von Rubens bis Makart

Mai 12, 2020 at 13:43 1045

Das Buch Von Rubens bis Makart. Die fürstlichen Sammlungen Liechtenstein (Amazon.de) begleitete letztes Jahr die Ausstellung in der Albertina in Wien. Die 112 ausgestellten, herausragenden Gemälde und Skulpturen aus fünf Jahrhunderten sind im reich bebilderten Katalog weiterhin zu bewundern.

Der Beginn der Sammlungen der Fürsten von und zu Liechtenstein geht zurück auf den im Jahr 1608 gefürsteten Karl I. von Liechtenstein (1569–1627). Er setzte die größten und wichtigsten Akzente und gilt damit als der eigentliche Begründer der Familiensammlungen.

Seit mehr als 400 Jahren ist die kontinuierliche und leidenschaftliche Sammeltätigkeit der Fürsten dokumentiert: Geprägt von oft schillernden Persönlichkeiten und ihren individuellen künstlerischen Vorlieben formte sich so eine einzigartige private Kollektion.

Der Stadt Wien kommt dabei eine wesentliche Bedeutung zu, denn hier unterhielt die Fürstliche Familie bis 1938 einen ständigen Wohnsitz. Unter Fürst Johann Adam Andreas I., auf den die Erwerbung zahlreicher Hauptwerke des flämischen Barocks zurückgeht, wurde die Sammlung ab 1705 in der zweiten Beletage des neuen liechtensteinischen Stadtpalais in der Bankgasse (ehemals Schenkenstraße) präsentiert. Im Jahr 1810 machte Fürst Johann I. von Liechtenstein seine Meisterwerke im Gartenpalais in der Rossau gegen Bezahlung eines Eintritts erstmals der Wiener Öffentlichkeit zugänglich.

Die Wirren des Zweiten Weltkriegs führten zur Verlegung des Wohnsitzes der Familie und damit auch der Sammlungen nach Liechtenstein und hatten vor allem in den konjunkturschwachen Nachkriegsjahren viele schmerzliche Werkverkäufe zur Folge. Erst dem heute regierenden Fürsten Hans-Adam II. von und zu Liechtenstein ist es gelungen, die alte Wirtschaftskraft der Familie wiederherzustellen. Dank seiner aktiven Ankaufspolitik konnten in den vergangenen Jahrzehnten einige der veräußerten Kunstwerke zurückgekauft und verbliebene Lücken durch gezielte Neuankäufe geschlossen werden.

Die Sammlungen der Fürsten stellen eine ganz auf persönlichem Geschmack basierende Zusammenstellung von Werken aus den verschiedensten Epochen und künstlerischen Gattungen dar: Gemälde, Plastiken, Skulpturen, Möbel, Gold- und Silberobjekte, Tapisserien, Prunkkarossen und nicht zuletzt die Architektur erlebten unter dem Patronat der Fürsten von Liechtenstein eine unvergleichliche Blüte.

In der Albertina wurde 2019 diese herausragende Privatsammlung erstmals seit der Schließung des Liechtenstein Museums im Jahr 2012 wieder einem breiten Publikum in Wien zugänglich gemacht.

Der Katalog enthält Informationen zur Familie von und zu Liechtenstein, zu den Sammlungen und den Schlössern sowie zu ausgewählten Aspekten der Geschichte dieser bis heute herrschenden Fürstenfamilie. Vor allem aber werden alle 112 in der Albertina ausgestellten Werke im Detail vorgestellt.

Den Buchumschlag ziert das um 1616 entstandene Werk von Peter Paul Rubens (Siegen 1577–1640 Antwerpen) Porträt der Clara Serena Rubens. Es zeigt die älteste Tochter des Künstlers (1611–1623) aus dessen erster Ehe mit Isabella Brant im Alter von fünf Jahren. Es zählt zu den berührendsten Kinderporträts der europäischen Kunstgeschichte und vermittelt dem Betrachter eine so direkte Begegnung mit einem Kind wie kaum ein anderes Werk. Das Porträt war wohl für den privaten Gebrauch und nicht für den Verkauf bestimmt. In seiner Skizzenhaftigkeit ist das Gemälde mit dem unvollendeten Porträt der Maria de’ Medici im Prado in Madrid vergleichbar, das Rubens 1622 begonnen hatte. Es existieren noch vier weitere Porträts von Clara Serena Rubens, die sie ein paar Jahre später, vermutlich kurz vor ihrem Tod, darstellen. Clara verstarb bereits im Alter von zwölf Jahren. Eine Kreidezeichnung in der Albertina in Wien (Abb. 31.1) diente mit größter Wahrscheinlichkeit als Vorlage für das Porträt der Ehrendame der Infantin Isabella (Porträt der Clara Serena) in der Eremitage in St. Petersburg (ca. 1623). Zudem existiert ein weiteres Gemälde in Privatbesitz, das vor einiger Zeit zunächst im Gartenpalais Liechtenstein in Wien und 2015 in der Ausstellung Rubens in Private im sehenswerten Rubenshuis Antwerpen gezeigt wurde. 2018 kam es schließlich bei Christie’s in London auf den Markt. Hierzu gibt es eine zweite Version im Diözesanmuseum in Lüttich.

Dies sind nur einige Angaben zu einem der 112 in der Albertina einst ausgestellten und im Katalog vorgestellten Werke aus den herausragenden fürstlichen Sammlungen Liechtenstein.

Von Rubens bis Makart. Die fürstlichen Sammlungen Liechtenstein, Wienand Verlag, Katalog zur Ausstellung in der Albertina, 2019, 384 Seiten. Das reich bebilderte Buch / Den Katalog bestellen bei Amazon.de.

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Rezension vom 12. Mai 2020 um 13:43 österreichischer Zeit.