Helmut Brandstätter: Trump, Putin und ihre Marionetten

Nov. 01, 2025 at 11:43 194

Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP, Deutschland) und Helmut Brandstätter (NEOS, Österreich) kennen sich insbesondere als Europaparlamentarier. Die deutsche Liberale schrieb das Vorwort für das neueste Buch ihres österreichischen Kollegen: Trump, Putin und ihre Marionetten. Darin stehen zwei entscheidende Sätze: „Bis heute liefern die europäischen Staaten – auch Deutschland – nicht genug. Und wenn, dann stets nur so viel, dass die Ukraine nicht untergeht, aber eben nie genug, dass sie das rettende Ufer erreichen und den Krieg gewinnen kann.“ Sie ergänzt danach zurecht, dass die von Kanzler Scholz im Februar 2022 verkündete Zeitenwende bis heute ein grosses, nicht eingelöstes Versprechen bleibt.

Das hier besprochene Buch von Helmut Brandstätter: Trump, Putin und ihre Marionetten. Verlag Kremayr & Scheriau, September 2025, 2008 Seiten, Hardcover. ISBN: 978-3-218-01483-0. Cookies akzeptieren – wir erhalten eine Kommission bei unverändertem Preis – und das Buch bestellen bei Amazon.de.

Helmut Brandstätter erwähnt im lesenswerten Prolog seines am 1. August 2025 abgeschlossenen Manuskripts, dass heute in den USA die Tech-Bros (mit-) regierten, Internet-Milliardäre, die nicht nur ohne staatliche Regulierung agieren wollten, sondern für die neue Welt der Digitalisierung, der Künstlichen Intelligenz und der grenzenlosen Geschäfte die Demokratie als Hindernis betrachteten. Helmut Brandstätter verweist zurecht auf den Mitgründer der Zahlungsplattform PayPal, Peter Thiel, der bereits 2009 in seinem Manifest „The Education of a Libertarian“ festhielt: „Ich glaube nicht mehr, dass Freiheit und Demokratie miteinander vereinbar sind.“ Hinzu komme mit Elon Musk ein Mann, der die Bürokratie mit der Kettensäge zerschneiden, in Wirklichkeit aber jegliche staatliche Kontrolle von Unternehmen beseitigen wolle, bis er sich mit Trump zerstritt, so Brandstätter.

Hier hätte der NEOS-Politiker anfügen können, dass libertäre Tech-Milliardäre vom Freihandel und der Abschaffung des Staates träumen, während dem Trump als Protektionist auf Zölle setzt, mit Hilfe derer er die Einkommenssteuer verringern oder gar abschaffen möchte. Ein Zielkonflikt, der sich auch bei der Einwanderung von qualifizieren Arbeitskräfen zeigt.

Laut Brandstätter verwechselt Trump Politik mit „Deal-Making“. Deals brauchten keine moralische Grundlage.

Für US-Präsident Trump und seinen Vizepräsidenten Vance seien Gerichtsurteile nicht wichtig. Deshalb wäre die AfD für sie ideal als Partner, da diese Partei Deutschlands Austritt aus der EU und aus dem Euro-Währungsunion anstrebte, also die Zerstörung der EU, so wie dies auch Trump und Vance möchten.

Die USA unter Trump sähen die liberale Demokratie in Europa als Feind, so wie es die Putin-Proganda tue, die von rechten Parteien regelmässig übernommen werde, die in Trump einen Verbündeten sähen. Brandstätter sieht darin das Ende eines Zeitabschnitts, in dem die demokratischen Staaten Europas und die USA zusammengehalten hätten. Wir in Europa stünden nun allein da.

Ich würde anfügen, dass sich das wieder ändern kann. Die Midterms 2026 werden zeigen, ob die Demokraten ein Gegengewicht gegen die von Trump dominierten Republikaner bilden können, und ob Trump mit seiner Politik gegen den Sozialstaat, mit seinem Protektionismus, der die Inflation anheizt, mit seiner Anti-Immigrationspolitik, die auch viele integrierte Bürger trifft, die Arbeiten und Steuern zahlen, und weiteren destruktiven Massnahmen nicht zu viele seiner eigenen Wähler verärgert. Der entscheidende Kampf wird mit den Wahlen 2028 in den USA kommen. Noch sind NATO und EU nicht zerschlagen.

Zurück zu Helmut Brandstätter, der zurecht erwähnt, dass die Rechtspopulisten in Europa von MEGA (Make Europe Great Again) reden, dabei wollten sie in Wahrheit die Europäische Union zerstören.

Mit Viktor Orban und Robert Fico habe Putin zwei Regierungschefs, die regelmässig die Einheit der EU torpedierten. Orban besuche Moskau häufig. Fico sei am 9. Mai 2025 mit Diktatoren wie Xi Jinping und Alexander Lukaschenko bei der Siegesfeier auf dem roten Platz in Moskau gewesen.

Bezüglich Russland erwähnt Brandstätter, dass Putin auf Kriegswirtschaft umgestellt habe. Laut Schätzungen fliessen rund 40% des russischen Budgets ins Militär. Die Inflation liege bei rund 10%, der Leitzins bei 21%.

Brandstätter schreibt von einer diffusen Ideologie, einer Mischung aus Ressentiments gegen „das System“, Anbiederung an Menschen, die sich benachteiligt fühlten, aus Verschwörungstheorien eines „Great Resets“ [ich würde vom angeblichen „Bevölkerungsaustausch“, vom „Grand Remplacement“ schreiben], Leugnung des Klimawandels und einer ordentlichen Portion Rassismus.

Brandstätter unterstreicht, AfD-Anhänger bezeichneten sich gern als „Biodeutsche“. Das verbinde sie mit Trump, der im (2024-) Wahlkampf mehrfach rassistisch aufgefallen sei, so mit entsprechenden Attacken auf seine Konkurrentin Kamala Harris. Das verbinde sie zudem mit der russischen Propaganda, in der Menschen aus der Ukraine oft als „nicht lebenswert“ bezeichnet würden.

Zur österreichischen Innenpolitik schreibt Brandstätter in seinem Prolog von Strache, Kickl und Kurz sowie deren offensichtlicher Begeisterung für autoritäre Regime. Auch der junge ÖVP-Chef Kurz habe Gefallen an der „illiberalen Demokratie“ gefunden, diesem unlogischen Wort-Ungetüm des ungarischen Autokraten Orban.

In seinem ersten Kapitel schreibt Brandstätter von Putins Plan, unsere europäische Heimat zu zerstören. Die Schaffung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS), vorgeschlagen von Robert Schumann, sei zur Grundlage für den Frieden in Europa, Grundlage auch für einen Heimatbegriff, der andere nicht ausschliesse. Den Namen von Jean Monnet erwähnt er leider nicht. Für jeden Liberalen eigentlich ein Traum, dass ein Unternehmer, der nie ein gewähltes Mandat innehatte, der wohl wichtigste der Gründerväter Europas war.

Brandstätter erwähnt zurecht, dass es ab 1999 mit der Wirtschaft in Russland zehn Jahre lang bergauf ging, was weniger mit Putins Politik zusammenhing, sondern mit der Entwicklung des Ölpreises von rund 20 Dollar pro Barrel Öl im Jahr 2000 auf 143 Dollar im Juli 2008. Ab diesem Zeitpunkt sei er wieder dramatisch gefallen, mit entsprechenden ökonomischen Folgen für Russland. Putin habe es jedoch geschafft, sich und seine Umgebung zu bereichern, unter Ausnutzung dessen, was er im Geheimdienst KGB – ab 1995 FSB – gelernt habe.

Brandstätter verweist auf die zuerst vorherrschende Hoffnung auf weitere gute Beziehungen zwischen Russland und Europa unter Putin. Am deutlichsten sei mit seiner Rede im Berliner Reichstag am 25. September 2001 zum Ausdruck gekommen, als erstmals ein russischer Präsident vor dem Deutschen Bundestag, zunächst auf Russisch, dann aber auch auf Deutsch sprach und die „Einheit der europäischen Kultur“ betonte, trotz zweier Weltkriege und der Berliner Mauer. Putin lobte die europäische Integration, sprach sich für Abrüstung aus und meinte am Ende, Russland stünde am „Anfang des Aufbaus einer demokratischen Gesellschaft.“

Manches sei vielleicht ehrlich gemeint gewesen, aber bereits zu diesem Zeitpunkt sei Putins Politik in Russland in eine autoritäre Richtung gegangen, wie man das am eindrucksvollsten im Buch von Catherine Belton mit dem Titel Putins Netz nachlesen könne.

Brandstätter unterstreicht, dass bereits kurz bevor Wladimir Putin Staatspräsident wurde, Russland im Dezember 1999 Grosny bombardierte wurde, wobei von der Stadt kaum etwas übrigblieb.

Als Putin Präsident wurde, habe er gewusst, dass er das eine nicht geben konnte, Wohlstand, und das andere nicht geben wollte, Freiheit. Am 4. Dezember 2011 kam es zu Wahlfälschungen bei der Duma-Wahl, was zu Protesten führte. Damals sei die Bedrohung durch die NATO plötzlich als gängiges Narrativ aufgetaucht und sei es bis heute geblieben.

Brandstätter erwähnt an anderer Stelle Putins aggressive Rede im Februar 2007 bei der Münchner Sicherheitskonferenz, die später als Beginn seiner imperialistischen Aktionen gedeutet worden sei.

Hier ist anzufügen, dass Putin als Bedingung für seine Bundestagsrede 2001 sich einer rund 45-minütigen Diskussion im Auswärtigen Ausschuss des Bundestags stellen musste. Dort gab es Fragen u.a. zur russischen Innenpolitik, zur Medienrepression, zum Tschetschenienkrieg, zur Zerstörung von Grosny, so vom damaligen CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Friedrich Merz. Dazu existiert eine zusammenfassende Mitschrift. Bereits damals ging es um die NATO-Erweiterung. Hinter verschlossen Türen sagte Putin, wir lassen uns nicht mehr so behandeln, wir akzeptieren keine Doppelstandards. Er zeigte also bereits 2001 sein anderes Gesicht. Und von Anfang an betrachtete Putin Krieg als ein Mittel der Politik. Dazu von Katja Gloger und Georg Mascolo lesen: Das Versagen, Ullstein, 2015, 496 S. Cookies akzeptieren – wir erhalten eine Kommission bei unverändertem Preis – und das Buch bestellen bei Amazon.de.

Zurück zu Brandstätter, der unterstreicht, dass wer kritisch über Putin sprach oder berichtete, dies nicht selten mit dem Leben bezahlte. Der nannte stellvertretend drei Namen. Anna Politkowskaja, die als Journalistin über den Krieg in Tschetschenien und über Korruption im Verteidigungsministerium informierte und am 7. Oktober 2006, Putins Geburtstag, im Aufzug ihres Wohnhauses in Moskau erschossen wurde. Boris Nemzow, Gouverneur und Vizeministerpräsident unter Boris Jelzin, aber dann in Opposition zu Putin, wurde am 27. Februar 2015 auf der Grossen Moskwa-Brücke erschossen, ebenfalls mit einer Makarow-Pistole. Und Alexej Nawalny, seit 2010 öffentlicher Gegner Putins, wurde mehrfach verhaftet, überlebte einen Vergiftungsversuch und wurde am 16. Februar 2024 im Gefängnis mutmasslich ermordet. Seine Anwälte wurden bald darauf zu mehrjährigen Gefängnisstrafen verurteilt. Brandstätter verweist auf „Reporter ohne Grenzen“, die auf ihrer Website 37 Medienschaffende aufzählen, die seit Putins Amtsantritt aufgrund ihrer Arbeit ermordet wurden.

Bezüglich der Ukraine unterstreicht Brandstätte, dass die Bewohner dort 1991 in einem Referendum über die Zugehörigkeit zu dem jungen Staat entscheiden konnte. Bei einer landesweiten Wahlbeteiligung von 84,18 Prozent stimmten über 90 Prozent dafür. Er verweist auf das „leichte West-Ost-Gefälle“ mit einer Zustimmung von 97,46% in der westlichen Oblast Lviv/Lemberg und 83,9% in der östlichen Oblast Donezk. Selbst auf der Krim gab es „eine klare Mehrheit“ von 54,2% bei einer Wahlbeteiligung von rund 67%.

Brandstätter verweist danach auf Putins Begründung für seine „militärische Spezialoperation“: Entnazifizierung und Demilitarisierung der Ukraine. Hier hätte er anfügen können, das der aktuelle Präsident der Ukraine, Zelensky, Jude ist. Brandstätter zitiert den Söldnerführer Jewgeni Prigoschin (1961–2023), der am 23. Mai 2023 auf seinem Telegram-Kanal in Interview mit ihm verbreitete, in dem er u.a. festhielt: „[…] was die Demilitarisierung [der Ukraine] betrifft, die hatten zu Beginn 500 Panzer, jetzt haben sie 5.000. Sie hatten 20.000 Kämpfer, jetzt haben sie 400.000. Also, wie haben wir sie demilitarisiert? Wir haben sie militarisiert. Heute hat die Ukraine eine der stärksten Armeen der Welt.“ Zu Prigoschins Tod notiert unser Autor, dass sein Flugzeug 2023 aus offiziell ungeklärten Gründen abstürzte, wozu er anfügt: Kritik lasse Putin eben nicht zu.

Bezüglich der orangen Revolution notiert Brandstätter, dass die bereits Putin beunruhigt habe. Wiktor Juschtschenko war im Jahr 2004 während des Wahlampfs vergiftet [von wem ist bis heute unklar, dazu sagt Brandstätter nichts] und in Wien gerade noch gerettet worden. Sein Gesicht zeigte die Spuren des Giftanschlages. Trotz dieses Attentats setzte er sich gegen den Favoriten Moskaus, Wiktor Janukowytsch durch, der später, im Jahr 2010, Staatspräsident werden sollte. Seine Regierung verhandelte ein Assoziierungsabkommen mit der EU, das laut Brandstätter für die Bevölkerung ein Hoffnungsschimmer für den Erwerb eines höheren Lebensstandards gewesen sei. Aber der Druck aus Moskau sei grösser gewesen. Im November 2013 sagte Janukowytsch per Dekret den Schritt hin zur EU ab, weshalb ihn der Zorn des Volkes erwischte. Aus dem grossen Platz in Kyiv, dem Maidan, dem „Platz der Unabhängigkeit“, sei der Euro-Maidan, der Platz der Hoffnung, näher an die EU zu kommen, geworden. Der Aufstand gegen den Präsidenten und seine Regierung begann mit einigen Tausenden Student:innen und sei zu einer Massenbewegung, zum „Marsch der Millionen“ angewachsen. Bis heute versuche Russland, diese Aktion des ukrainischen Volkes als „vom Ausland gesteuert“ zu denunzieren. Brandstätter verweist auf „übliche Verschwörungstheorien“, wonach die CIA, die EU-Kommission oder George Soros die Proteste organisiert hätten.

Im Februar 2014 erklärte das ukrainische Parlament Präsident Janukowytsch für abgesetzt. Er flüchtete nach Russland, erhielt dort Asyl und hinterliess eine protzige Villa mit vergoldeten Klobrillen sowie bei Putin die Angst, dass es ihm selbst auch einmal so ergehen könnte, unterstreicht Brandstätter zurecht.

Laut unserem NEOS-Politiker waren die Farbrevolutionen und der Euro-Maidan die Ereignisse, aus denen sich Putins Angst und seine Brutalität, jede demokratische Bewegung zu unterdrücken, nährten. Die Flucht des moskautreuen Präsidenten Janukowytsch und der Überfall Putins auf den Donbass, zwei Oblasten (Bezirke) im Osten der Ukraine, lagen nur wenige Tage auseinander. Hier habe Putin erneut wie ein Geheimdienstchef agiert, mit Truppen ohne Hoheitszeichen, die über die russische Grenze in die Ukraine mit dem Ziel kamen, Unruhe zu erzeugen. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel berichtete später, Putin habe sich bei ihrer telefonischen Nachfrage erstaunt gegeben. Er wisse von nichts, aber prinzipiell könne jeder Soldat dort Urlaub machen, wo er wolle, so Putin. Täuschen und tarnen als Regierungsprinzip – und die westlichen Staaten hätten nichts daraus gelernt, moniert Brandstätter zurecht.

Nicht hervorgehoben von Brandstätter wird, dass der Konflikt mit Russland erst das Vorspiel ist. Der grosse Test wird mit der Konfrontation mit dem wirtschaftlich und demographisch viel stärkeren China erst noch kommen, das Russland, Iran und Nordkorea als kleinere Partner an seiner Seite hat, wobei die Belastbarkeit dieses Beziehungsgeflechts unklar ist.

Brandstätter unterstreicht bezüglich Österreich, dass der dortige Energie- und Petrochemiekonzern OMV noch 2018 [also rund 4 Jahre nach Putins Invasion der Krim] einen Vertrag mit dem russischen Erdgasunternehmen Gazprom abschloss, der Gaslieferungen bis 2040 vorsah. Und dies, obwohl zu diesem Zeitpunkt ohnehin ein gültiger Vertrag für Lieferungen bis 2028 bestand. Unterzeichnet wurde der Vertrag in Wien vom Putin-Vertrauten Alexey Miller für die Gazprom und für die OMV von Rainer Seele, dem Vertrauten von Putin-Freund und ehemaligen deutschen Ex-Kanzler Gerhard Schröder, der bereits sei Jahren für die Gazprom tätig war. Im Hintergrund standen der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz und Wladimir Putin, mit wissendem Lächeln ob der langfristigen Abhängigkeit Österreichs, und dies noch dazu zum Schaden Österreichs. Die damalige österreichische Aussenministerin Karin Kneissl nutzte die gute Stimmung, um Putin im darauffolgenden Sommer zu ihrer Hochzeit einzuladen. Putin kam mit wertvollen Ohrringen im Gepäck, die Ministerin verneigte sich fast bis auf Bodenniveau, ein Bild, das bis heute symbolisch für den damaligen Umgang der Regierung aus ÖVPund FPÖ mit dem Kremlherrn stehe, so Brandstätter, der anfügt, dass der Vertrag bereits im Dezember 2024 von OMV gekündigt wurde, nachdem Gazprom einen Monat zuvor die Lieferungen eingestellt hatte.

Brandstätter verweist auf die österreichische Sicherheitsstrategie aus dem Jahr 2013, in der Russland noch als „wesentlicher Partner“ bezeichnet wurde. Diese sei nicht etwa nach Putins erstem Überfall auf die Ukraine im folgenden Jahr angepasst worden, sondern erst 2024 mit der neuen Sicherheitsstrategie, die von der Bundesregierung am 28. August 2024 beschlossen wurde und in der steht: „Im Rahmen einer hybriden Kriegsfüh-rung wird Russland Österreich weiterhin auch militärisch bedrohen und versuchen, die Europäische Union und ihr Umfeld zu destabilisieren.“

Brandstätter zitiert das Bonmot von Helmut Schmidt, der Sowjetunion einmal als „Obervolta mit Atomwaffen“ bezeichnet hatte, eine flotte Formulierung für ein Land, das arm, aber nuklear hochgerüstet gewesen sei. Russland sei bis heute abhängig von Rohstoffen, habe anders als China keine innovative industrielle Struktur geschaffen, und liege bei der Lebenserwartung mit 67 Jahren nur knapp vor Burkina Faso, dem früheren Obervolta.

Die offiziellen russischen Zahlen sprächen von Wachstum, doch die Umstellung auf Kriegswirtschaft [wegen Putins Krieg gegen die Ukraine] habe der ökonomischen Struktur und damit der Bevölkerung massiv geschadet, auf sehr hohem Niveau sogar den Oligarchen.

Brandstätter zitiert General Christopher G. Cavoli, den Oberkommandierender der US-Streitkräfte in Europa, der in einem Hearing des US-Senats ausführte: „Die russische Wirtschaft wurde durch diesen Krieg gleichzeitig gestärkt und verzerrt. Die Regierungmusste den Waffensektor extrem ausbauen, was zu starker Inflation geführt hat, und zwar in der ganzen Wirtschaft, aberbesonders im zivilen Bereich. Die Antwort darauf waren hohe Zinsen, um die Inflation niedrig zu halten, die Zinsen der Zentralbank liegen bei 21 Prozent. Das nimmt der Wirtschaft die Luft. Jetzt gibt es also einen überdimensionalen Kriegssektor und einen blutleeren Zivilsektor. Wie Sie wissen, ist der Kriegssektor nicht produktiv. Dieses Ungleichgewicht wird schwierig.“

Dies sind nur einige Angaben aus Brandstätters erstem Kapitel, in dem er zudem auf Putins hybriden Krieg sowie auf die Gefahr des Nationalismus in Europa, den Putin schürt, eingeht.

In den weiteren Kapiteln befasst sich Helmut Brandstätter mit der Nähe der FPÖ zu Putin, mit Putins Werdegang und Ideologie, mit der Frage, ob sich Trump in Putins Händen befindet. Er beschreibt, wie Trump das Land der Freiheitsliebenden zerstört, befasst sich mit den Themen Desinformation, Sabotage und Verschwörungstheorien, der Rolle der Medien. Er untersucht das Weltbild von Herbert Kickl, befasst sich eingehend mit der AfD sowie mit Orban, Fico und Vucic. Er beschreibt eine freie Ukraine als Feindbild der Rechten, die Instrumentalisierung von Angst und Wut. Im letzten Kapitel unterstreicht Helmut Brandstätter die Verantwortung, die wir haben, Demokratie und Heimat zu beschützen – gegen Trump, Putin und ihre Marionetten.

Am Ende seines Buches erwähnt Helmut Brandstätter Karl Poppers Paradoxon der Toleranz: „Uneingeschränkte Toleranz führt mit Notwendigkeit zum Verschwinden der Toleranz.“ Brandstätter ist gegen die Einschränkung von Meinungen und gegen das Verbot von politischen Parteien. Für ihn liegt die Antwort auf dieses Paradoxon darin, offen die wesentlichen Themen unserer Gesellschaft anzusprechen und deutlicher darüber zu reden, wer und was unsere Freiheit bedroht. Er setzt auf die eindeutig besseren Argumente, die für ein freies, liberales, offenes Europa sprechen. Ich würde dem entgegnen, dass nicht nur auf X (ehemals Twitter) gute Argumente alleine nicht mehr zählen, wie zum Beispiel beim Entscheid für den Brexit zu beobachten war.

Dies sind nur einige wenige Angaben aus dem neuen, lesenswerten Buch von Helmut Brandstätter: Trump, Putin und ihre Marionetten. Verlag Kremayr & Scheriau, September 2025, 2008 Seiten, Hardcover. ISBN: 978-3-218-01483-0. Cookies akzeptieren – wir erhalten eine Kommission bei unverändertem Preis – und das Buch bestellen bei Amazon.de.

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Rezension/Buchkritik von Trump, Putin und ihre Marionetten vom 1. November 2025. Hinzugefügt um 11:43 österreichischer Zeit.