Die Grosse Koalition verliert die Mehrheit in Sachsen

Sep 02, 2019 at 13:10 688

Bei der Landtagswahl in Sachsen verliert die Grosse Koalition aus CDU und SPD die Mehrheit. Die Landeswahlleiterin in Sachsen, Carolin Schreck, hat um 00:26 das vorläufige Endergebnis der Landtagswahl bekanntgegeben. 3 287 568 Wähler waren an die Urnen gerufen worden. Die Wahlbeteiligung betrug 66,6%, nachdem sie 2014 noch bei historisch niedrigen 49,1% gelegen hatte. Neu wird der Landtag voraussichtlich aus 119 Abgeordneten bestehen.

Ministerpräsident Michael Kretschmer (*1975) von der CDU hatte sich zuletzt richtig ins Zeug gelegt und konnte so wie sein Kollege Woidke von der SPD in Brandenburg das Schlimmste verhindern, verlor aber dennoch deutlich an Stimmen. Die CDU kommt neu im sächsischen Landtag auf 32,1% (-7,3%) und 45 Sitze. Der bisherige Koalitionspartner SPD erhielt nur noch 7,7% (-4,7%), was neu nur noch für 10 Sitze im Landtag reicht. Am 9. November 2014 hatten einst 82,2 Prozent der sächsischen SPD-Mitglieder dem Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD zugestimmt. Der Wähler hat 2019 beide Koalitionspartner deutlich abgestraft. Da niemand mit der AfD koalieren will, wird die nächste Regierung aus mindestens drei Parteien bestehen.

Laut dem vorläufigen Endergebnis gewann der grosse Wahlsieger AfD 27,5% der Stimmen, ein Plus von 17,8% gegenüber 2014. Neu kommt die AfD auf 38 Sitze im Landtag. Dank den Direktmandaten wird die Partei nicht für ihre Formfehler bei der Kandidatenauswahl bestraft werden. Die Linke gewann nur noch 10,4% der Stimmen (-8,5%) und 14 Mandate. Sie wird nicht mehr als die grosse Protestpartei, die Kümmererpartei für die Belange des kleinen Mannes in Ostdeutschland wahrgenommen. Die Grünen kamen auf 8,6%, immerhin ein Plus von 2,9% und nun 12 Landtagsabgeordnete. Die FDP konnte nur 0,7% zulegen und scheiterte so mit 4,5% klar an der 5%-Hürde. Wie in Brandenburg schaffte sie den Einzug ins Landesparlament erneut nicht. Anders als in Brandenburg kamen die Freien Wähler mit nur 3,3% der Wählerstimmen in Sachsen nicht in den Landtag.

Infratest dimap hat für die ARD einige spannende Umfragen gemacht. So fanden von allen sächsischen Wählern 70%, dass Ministerpräsident Michael Kretschmer einen guten Job macht. Bei den CDU-Wählern waren es 96%, bei der FDP 85%, bei der SPD 79%, bei der Linken 67%, bei den Grünen 66% und selbst bei AfD-Wählern fanden noch erstaunliche 46%, dass Michael Kretschmer ein guter Ministerpräsident ist. Dennoch wurde die CDU bei den Wahlen deutlich abgestraft.

Laut Infratest dimap finden 66% aller sächsischen Wähler, dass Ostdeutsche Bürger zweiter Klasse sind. Bei den AfD-Wählern ist mit 78% dieser Eindruck am stärksten, gefolgt von jenen der Linken mit 72%, der SPD mit 65%, der FDP mit 63%, der CDU mit 56% und nur bei den Grünen handelt es sich um eine (klare) Minderheit, die Ostdeutsche als Bürger zweiter Klasse sieht, nämlich nur 34%.

Bei der Landtagswahl in Sachsen 2019 gab es laut der erwähnten Umfrage kein Thema, dass die Wahlen dominierte. Von allen Wählern mit 17% am meisten genannt wurde die soziale Sicherheit, gefolgt von der Bildung mit 14%, Wirtschaft/Arbeit mit 13%, Zuwanderung 12%, Löhne/Rente 11%, Kriminalität/innere Sicherheit 11% und Umwelt/Klima 10%.

Bei den AfD-Wählern sagten immerhin 34%, aber noch immer nur eine klare Minderheit, dass Zuwanderung die wichtigste Rolle bei ihrer Wahl spielte. Bei Wählern der Linken sagten 5%, die Zuwanderung habe bei der Stimmabgabe die wichtigste Rolle gespielte, bei CDU- und SPD-Wählern waren es 2%.

Die soziale Sicherheit spielte bei 31% der SPD-Wähler bei der Stimmabgabe die wichtigste Rolle. Die Zahl war 27% bei der Linken, 26% bei der FDP, 16% bei der CDU, 11% bei der AfD und 8% bei den Grünen.

75% aller Wähler in Sachsen sagten 2019, die wirtschaftliche Lage sei gut. Nur 23% bezeichneten sie als schlecht. 1999 lagen diese Zahlen bei 40% gut und 57% schlecht, 2004 bei 26% gut und 71% schlecht, 2014 bei 79% gut und 20% schlecht.

2019 hatten nur AfD-Wähler überwiegend die Sorge, dass sich ihr Leben zu stark ändere, nämlich 84%. Auf dem zweiten Platz mit solchen Zukunftsängsten landeten die Wähler der CDU mit 34%, gefolgt von SPD mit 29%, Linke mit 25%, FDP mit 21% und Grüne mit 8%.

Laut Infratest dimap sind 45% aller sächsischen Wähler der Meinung, die CDU solle die nächste Regierung führen. Die AfD kommt auf 16%, die SPD auf 6%, Grüne 6% und Linke 5%. Ministerpräsident Michael Kretschmer wird folglich wohl im Amt bleiben.

Auf die Frage, welche Partei die besten Antworten auf die Fragen der Zukunft habe, antworteten 39%: Keine Partei! CDU antworteten 17%, Grüne 12% und AfD 11%. Das sollten den Parteien zu denken geben.

Am 1. September 2019, am Abend nach der Wahl, sagte der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt Reiner Haseloff von der CDU bei Anne Will, es seien vor den Wahlen viele Versprechungen gemacht werden, wir [also die Politiker] müssen jetzt liefern. So ist es. Eigentlich wie immer.

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Das Foto zeigt Michael Kretschmer am Wahlabend dem 1. September 2019. Photo by Sandro Halank.

Artikel vom 2. September 2019 um 13:10 Berliner Zeit. Photo von Michael Kretschmer am 3.9.2019 um 10:50 hinzugefügt.