Macron ist der Favorit bei der Präsidentschaftswahl in Frankreich

Mrz 09, 2022 at 11:16 1257

Der französische Präsident Emmanuel Macron ist der Favorit bei der Präsidentschaftswahl in Frankreich. Innerhalb einer Woche nach seiner offiziellen Ankündigung in letzter Minute, dass er sich um seine eigene Nachfolge bewirbt, sind seine Umfragergebnisse hochgeschnellt. Laut am 8. März 2022 vom Insitut Elabe veröffentlichten Zahlen liegt er nun bei 33,5% (+8,5%). Auch wenn dies eine Momentaufnahme ist und sich der französische Wähler in der Vergangenheit mehrfach gegen vermeintliche Favoriten ausgesprochen hat, sieht es im Moment gut für Macron aus. Das liegt nicht zuletzt an seinen Mitbewerbern.

Die Rechtsextreme Marine Le Pen, die seit Jahren mit einem gewissen Erfolg versucht, sich und ihrer Partei ein gemässigteres Profil zu geben („Entteufelung“ – dédiabolisation), auch wenn der Anschein trügt und sie weiterhin rechtsextrem ist, stampfte vor kurzem Wahlmaterial ein, das sie mit dem russischen Präsidenten Vladimir Putin zeigt, einem Autokraten, der einen (erneuten) Krieg gegen die Ukraine vom Zaun gebrochen hat, den er nicht gewinnen kann. Marine Le Pen liegt laut Elabe zur Zeit mit 15% (-2%) an zweiter Stelle, und könnte es damit in die Stichwahl gegen den Amtsinhaber schaffen, doch ihr Rückstand auf Macron ist enorm.

Der Linksextreme Jean-Luc Mélenchon der Partei Unbeugsames Frankreich (La France insoumise, LFI) begann als Trotzkist, gehörte dann jahrelang dem linken Flügel der Sozialisten (PS) von François Mitterrand an, ehe er 2008/09 mit der Partei brach und nach dem deutschen Vorbild von Die Linke den Parti de Gauche gründete. Seit 2017 heisst die linksextreme Partei Unbeugsames Frankreich. LFI und PS sind sich spinnefeind. Da sich Mélenchon als grosser Führer wähnt, der sich niemandem unterordnen will, sind Allianzen mit ihm äusserst schwierig und scheinen unwahrscheinlich. Doch Jean-Luc Mélenchon liegt in der neuesten Umfrage von Elabe mit 13% (+0,5%) nur knapp hinter Marine Le Pen auf dem dritten Platz. Da der Grüne Yannick Jadot bei nur 5% (-1,5%), der Kommunist (PCF) Fabien Roussel bei 3,5% (-0,5%) und die sozialistische (PS) Bürgermeisterin Anne Hidalgo nach vielen Fehlern im Wahlkampf bei erbärmlichen 1,5% (unverändert) liegt, könnte es Mélenchon in die Stichwahl schaffen. Dafür müssten sich nicht einmal die anderen linken Kandidaten zu seinen Gunsten zurückziehen – was im Moment unwahrscheinlich scheint, doch nicht kann ausgeschlossen werden kann (Trump, Brexit, Putins Krieg). Es genügt, wenn sich die Wähler hinter jenen Linken mit den grössen Chancen stellen (vote utile).

Der rechtsextreme Aufsteiger Eric Zemmour kann trotz der Unterstützung von Marion Maréchal, der Enkelin des historischen Führers des Front National Jean-Marie Le Pen und der Nichte von Marine Le Pen, bei der sie zum Teil aufgewachsen ist (!), sich (noch) nicht vom Rest des Verfolgerfeldes absetzen. Er liegt mit 11% (-3%) nur noch an vierter Stelle in der Umfrage von Elabe.

Die Kandidatin der Republikaner (LR), Valérie Pécresse, konnte von ihrem guten Start in den Wahlkampf nach dem Gewinn der Vorwahlen ihrer Partei nicht profitieren. Jetzt liegt sie bei 10,5% (-1,5%). Sie hatte einst LR den Rücken gekehrt, weil der damalige Parteiführer Laurent Wauquiez versuchte hatte, auf der extremen Rechten Stimmen zu gewinnen. Doch der Wähler zieht das (rechtsextreme) Original der Kopie vor. Da Valérie Pécresse – wie andere – gezwungen war, in den Schoss der Partei zurückzukehren, um eine Chance bei der Präsidentschaftswahl zu haben, musste sie sich mit dem rechten Flügel ihrer Partei arrangieren. Mit Eric Ciotti war ein Rechtsaussen auf dem zweiten Platz der Vorwahlen gelandet, der gerne Innenminister werden würde und Eric Zemmour nicht nur als Freund bezeichnet hat, sondern vor den Primärwahlen der Republikaner öffentlich bekundet hatte, dass er im zweiten Wahlgang der Präsidentschaftswahl für Zemmour stimmen würde, wenn es dieser in die Stichwahl gegen Macron schaffen würde. Anstatt im Wahlkampf Präsident Macron mit Themen der traditionellen Rechten einzuheizen, so den Staatsschulden von rund 113% des BIP, einem Budgetdefizit von um die 7% und der entgegen den Wahlversprechen von Macron nicht angegangen Themen Rentenreform und Verkleinerung des Staatsapparates und der Staatsausgaben, konzentrierte sich Valérie Pécresse darauf, ihre rechten Flügel um Eric Ciotti und andere einzubinden und auf der extremen Rechten auf Stimmenfang zu gehen.

Im Pariser Zenith machte Valérie Pécresse am 13. Februar 2022 vor vielen Tausend Republikanern eine Wahlkampfrede, in der sie nicht authentisch wirkte und vom „Bevölkerungsaustausch“ schwadronierte, so wie es Rechtsextreme wie Eric Zemmour in Anlehnung an Renaud Camus tun. Valérie Pécresse sagte: „Dans dix ans, serons-nous encore la septième puissance du monde? Serons-nous encore une nation souveraine ou un auxiliaire des Etats-Unis, un comptoir de la Chine? Serons-nous une nation unie ou une nation éclatée? Face à ces questions vitales, pas de fatalité. Ni au grand remplacement ni au grand déclassement. Je vous appelle au sursaut.“

Doch der Wähler zieht das Original der Kopie vor. Damit konnte Valérie Pécresse weder Eric Zemmour noch Marine Le Pen stimmen abjagen, verspielte jedoch gleichzeitig die Chance, von Präsident Macron enttäuschte bürgerliche, liberale, moderate Wähler zurückzugewinnen.

Ist das Rennen schon gelaufen? Nein. Die „normalen“ Franzosen beginnen erst jetzt damit, sich um die Wahl des nächsten Staatspräsidenten ernsthafte Gedanken zu machen. Noch ist alles im Fluss. Noch immer kann ein Kandidat über einen Skandal stolpern oder sich in einer Debatte ruinieren bzw. profilieren. Doch Macron ist der Favorit bei der Präsidentschaftswahl in Frankreich.

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Das Foto auf dieser Seite zeigt Emmanuel Macron im April 2015. Photo Copyright © Claude Truong-Ngoc (via Wikipedia).

Artikel vom 9. März 2022 um 11:16 deutscher Zeit. Zuletzt aufdatiert um 17:19 (Umfragewerte von Pécresse vergessen).